6. Kapitel

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6.Kapitel

Einwunderschöner Wald erstreckte sich vor mir. Die alten Bäume warenknorrig und groß, das Gras saftig grün und weich und das Laub ließdas Licht der Sonne tanzend auf dem grünen Teppich aufkommen. Vögelzwitscherten in den Baumkronen und flogen von einem Ast zum nächsten.Ich sah einem Hasen hinter dem nächsten Bäumchen hervorlugen, einReh graste etwas weiter weg auf einer Lichtung. Die Luft roch frischund klar, wie nach einem Regenfall. Alles hier schien so real zusein!

Daseinzige Merkmal, das mir zeigte, dass ich träumte, waren dieZirkosen. Hier und da wuchsen sie wie Farbspritzer, aber jede Blütereckte sich in eine andere Richtung.

„Hallo",begrüßte mich eine tiefe Männerstimme hinter mir. Überraschtdrehte ich mich um und blickte in fasziniert grüne Augen.

„Ähm...Hallo",grüßte ich zurück und wunderte mich, dass seine Haare die gleicheFarbe hatten wie meine.

„Lassmich raten...du bist Kayla, nicht wahr?", riet der Mann und sahmich freundlich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Seinewettergegerbte Haut war braun gebrannt und er war ein gutes Stückgrößer als ich. Seine Hände hingen an seinem Körper hinab undseine Arme zeugten von großer Stärke.

„Woherweißt du das?", wollte ich wissen und trat einen Schrittzurück. So gutaussehend mir dieser etwa 30-Jährige Mann auchvorkommen mag, er schien zu viel zu wissen. Er sah nicht aus wieeiner meines Volkes.

„Nunja, ich habe meine Quellen", meinte der Mann nur und zuckte mitden Schultern, als wäre es nichts wichtiges. „Wollen wir unssetzen?"

Erdeutete auf eine kleine, sonnenbeschienene Lichtung, dessenhellgrünes Gras dazu einlud, sich darauf niederzulassen.

Ich gingmit ihm mit und merkte, wie Aris sich entspannte. Ja, wenn ichträumte, dann war er ebenfalls gegenwärtig. Fragt nicht, wie dasgehen sollte.

„Also,Kay – ich darf dich doch so nennen, oder?", fragte der Mann,als wir uns auf die Lichtung gesetzt hatten.

„Klar",antwortete ich und versuchte, zu ergründen, was diese Person von mirwollte.

„Wiealt bist du?"

„Warumsollte ich dir das sagen?", wollte ich wissen und verzogmisstrauisch meine Augen zu Schlitzen. Letztendlich sagte ich:„Jünger als du."

Daraufhinfing der Mann an, kehlig zulachen. „Nun gut, diese Frage hätte ichnicht stellen dürfen. Kommen wir zum Punkt, warum ich dir überhaupterscheine: Ich weiß, wer du bist."

Mirblieb das Herz stehen. Nicht auch in meinen Träumen!

„J-Jaund?", stotterte ich.

„Dubist ein Kind von Bedeutung, Kay. Weißt du das?"

Jetztwar ich verwirrt. Meinten diese Wörter „von Bedeutung", dassich meiner Familie wichtig war? Oder wichtig für mein Volk? Dasbezweifelte ich aber sofort, denn der Großteil der Spiriten wolltenmich loswerden.

„Wasmeinst du damit?"

„Nunja, dass du eben von Bedeutung bist. Du bist für großes bestimmt!"Der Mann schien ziemlich euphorisch zu sein, so wie er das sagte.Seine Hände gestikulierten aufgeregt, und es war, als hätte er dieZukunft gesehen.

„Dashört sich an, als hättest du in die Zukunft geblickt", sprachich meine Gedanken aus.

„Nunja, je näher ein Zeitpunkt ist, desto klarer kann man ihn sehen unddesto weniger Möglichkeiten gibt es, ihn zu ändern."

„Unddas soll jetzt bedeuten?"

DasGesicht des Mannes verfinsterte sich. „Es bedeutet, etwas wird sichverändern, in naher Zukunft. Für dich jedenfalls. Erst später fürandere, und diesen Zeitpunkt kann ich noch nicht genau sehen. Aber eswird schreckliches passieren."

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