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Unbeholfen folgte ich mal wieder jemanden, der mich durch den Irrgarten von Gängen in diesem Haus führte.

Denn mir wurden gleich endlich Fragen beantwortet, obwohl ich nicht wusste ob ich die Antworten wirklich hören wollte.

Es trennte mich nur noch eine Tür von der kompletten emotionalen Zerstörung oder Erlösung. Entweder wurde mein Rudel allein wegen meiner Entscheidung umgebracht oder es hat überlebt und ich kann wieder zurück, zu meiner Familie. Falls diese mich noch wollen, nachdem ich geflüchtet bin. Gleichzeitig wäre dann unser Rudel eine erneute Zielscheibe.

Doch als die Tür geöffnet wurde und ich Clarisse Blick sah wusste ich welches der beiden eintrat.

Die Zerstörung.

"Setz dich doch" sagte Sie mit ihrer ruhigen Stimme, während Alpha Carter neben ihr saß. Jasper war nicht im Raum, nur wir drei.

Selbst wenn ich sprechen wollen würde könnte ich es nicht, denn der Klos in meinem Hals verriet mir, dass ich beim nächsten Wort in Tränen ausbrechen werde. Weshalb ich schweigend vor den beiden saß, in der Hoffnung nicht reden zu müssen.

"Ich glaube es ist besser, wenn ich nicht drum herum rede" fing Clarisse an, ehe sie tief durchatmete. "Die Wölfe die wir losgeschickt hatten, sind leider mit keinen guten Neuigkeiten wieder gekommen. Das einzige was Sie übrig gelassen haben, waren Leichen. Wir können nur hoffen, dass deine Eltern flüchten konnten, wie du."

Vorsichtig nickte ich, während die Bilder des Abends vor mir wieder auftauchten.

Besorgt schaute ich meine Mutter an, welche meinen Vater breit anlächelte. Sie konnte ihre Gefühle und Gedanken besser bei sich behalten, als ich. Generell war Sie in allen Punkten eine bessere Wölfin, als ich.

Ohne was weiteres zu sagen begann ich zu essen, als jemand auf unseren Tisch zugerannt kam. Es war Clark, einer der Wölfe die heute Wachdienst hatten.

Bevor mein Vater anfangen konnte zu sprechen, fing Sie an. Wodurch in mir die Angst stieg.

"Fremde Wölfe. Tote. Angriff" waren die einzigen Worte die Sie unter schweren Atem rausbekam, ehe Sie umkippte und alle in Hektik ausbrachen.

Meine Eltern wechselten einen Blick aus, als man das Heulen eines fremden Wolfes hörte. Er war es. Mein ganzer Körper versteifte. Obwohl meine Atmung unbemerkt schneller wurde hatte ich das Gefühl meine Lungen würden sich nicht richtig mit Luft füllen. Wie konnte ich so dumm sein und denken er kommt nicht zurück? Wie konnte ich denken, dass er meine Entscheidung akzeptieren würde? Als wäre hier nicht der erste Ort, an welchem er suchen würde?

"Jules" sagte meine Mutter sanft. "Du musst stark sein, wie wir es die letzten Wochen geübt haben. Weißt du noch dein Training?" Fragte sie mich, worauf ich nickte. Doch ich hörte ihr nicht zu, denn mir kamen nur die Bilder von ihm in den Kopf.

Er würde mich umbringen, er wird mich umbringen. Dieses mal wirklich.

"Hey Jules, du musst dich ihm stellen. Du darfst keine Angst haben. Sei eine Leitwölfin die zu ihren Entscheidungen steht. Keiner verurteilt dich für Sie" sprach Sie, ehe Sie mich hinter sich herzog. "Manchmal spielt das Schicksal mit uns einen bösen Streich. Doch wir müssen daraus lernen und weitermachen."

Draußen herrschte das reinste Schlachtfeld, während ich mich immer noch wie in Trance fühlte. An Bewegung konnte ich gerade nicht denken. Ich konnte generell an nichts anderes denken, als an das Schreien, das brechen von Knochen, das Blut.

Ich könnte mich ihm nie gegenüber behaupten. Ich war zu schwach. Ich war mehr Mensch als Wolf, dies allein war schon keine vielversprechende Kombination. Ich hatte meinen Verstand, doch der schaltete sich in solchen Situationen auch gerne aus.

Ohne was weiteres zu sagen stürzte meine Mutter sich in die kämpfenden Wölfe; während ich es von außen betrachtete. Es war wie eine Art Film. Mit dem Unterschied, dass dies Realität war.

"Findet Sie" hörte ich eine tiefe Stimme, welche meine tiefsten Ängste weckte und ehe ich mich versah rannte ich los.

"Jules" holte mich die Stimme von Clarisse wieder zurück, ehe mir klar wurde, dass ich mich hier befand. Bei ihnen.

"Meine Eltern sind Tod" wiederholte ich immer wieder, während das einzige was ich hörte die Schreie waren. Ich sah sie in den Kampf rennen, während ich vor ihm rannte.

"Wir wissen nicht ob deine Eltern tot sind" versuchte Clarisse mich zu beruhigen, obwohl sie genauso wusste wie ich, dass Sie wahrscheinlich tot waren und es meine Schuld war, allein meine. Jeder Tote geht auf meine Kappe. Wegen mir sind komplette Familien ausgelöscht. Er würde keinen lebend zurücklassen. Er sorgte dafür, dass ich nicht zurück konnte.

"Du solltest dich erstmal hinlegen und ausruhen, morgen werden wir weiter schauen. Aber bevor du hochgehst, die Wölfe haben einen Umschlag gefunden wo dein Name drauf stand. Wir haben ihn uns nicht angeguckt, vielleicht könntest du nur sagen von wem er ist" erzählte Sie mir, während ich mir die Tränen wegwischte

Schon als ich sah, wie mein Name geschrieben wurde konnte ich sagen, dass es seine Handschrift war.

"Das ist die Handschrift meines Vaters, doch den Brief würde ich gerne alleine lesen" log ich mit zitternder Stimme, worauf Clarisse verständlich nickte und mir den Umschlag in die Hand gab. Ich musste mich aller Kraft dagegen ankämpfen nicht gleich hier in Ohnmacht zu fallen.

Er wird mich wieder finden.

Zum Abschied fing ich noch Carters Blick auf, doch mir war es egal für wie schwach Sie mich hielten. Sie wissen nicht was mich dazu verleitet hat, geschweige den überhaupt die Wahrheit. Vielleicht würden Sie es verstehen, doch für mich war meine Flucht ein Verrat, welcher nicht verziehen werden kann. Ich habe mein Leben über das hunderter gestellt.

Auf den Weg zurück zu meinem Zimmer, zitterte mein ganzer Körper so sehr, dass ich das Gefühl hatte das ich jeden Moment zusammenbrechen würde.
Am Ende war ich froh, dass ich im Bett lag und mich nicht mehr bewegen musste. Denn dazu fehlte mir die Kraft und der Wille.

Ich wollte einfach nur im Bett liegen und so tun, als wäre draußen kein wahnsinniger der meinen Tod sehen möchte.

Run AwayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt