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Unschlüssig streckte ich meine Hand aus dem Fenster um zu schauen, wie kalt es draußen war. Nach gefühlten 10 Minuten Hand rausstrecken entschied ich mich dann doch noch zu einem Pullover, welchen ich überzog, ehe ich dann auch entschied zur Lichtung loszugehen.

Die meisten Wölfe waren schon in ihren Zimmern oder Häusern, auch wurde es immer ruhiger, weshalb ich das Gefühl hatte meine Schritte würden jeden in einem Umkreis von 100km wach machen.

Auf halber Strecke blieb ich stehen. Es war zu ruhig. Auch fühlte ich mich nicht mehr allein. Jedoch meldete sich mein Wolf nicht.

Ich ging nochmal alles im Kopf durch. Bevor ich einen weiteren Gedanken fassen konnte, änderte ich meinen Kurs. Ich beschleunigte meine Schritte, während ich den Zettel in meiner Hand fester umschloss.

Es war die erste Nacht in welcher Carter nicht da war und dann sollte ich mich mit Jasper auf der Lichtung treffen?

Schwer atmend klopfte ich an der großen Holztür und zählte die Sekunden. Es war immer noch ruhig. Kein einziger Vogel war zu hören, keine Maus welche im Laub raschelte.

Mit einem Schwung ging die Tür auf und ein fragender Jasper musterte mich. Er hatte eine graue Jogginghose und ein weißes Tshirt an, welches die feinen Linien seiner Muskeln abzeichnete.

Jasper merkte meinen Blick und räusperte sich. Wie kam ich hier überhaupt hin?

"I-ich glaube er ist hier" stotterte ich. Ich hielt ihm den Zettel hin, welchen er ohne zu fragen nahm und begutachtete. "Ich hätte schon eher wissen müssen, dass du nicht der Typ für Zettel schreiben bist. Der Zettel lag heute Mittag auf meinem Bett."

Auch fühlte ich mich dumm, dass ich wirklich dachte Jasper hätte mir diesen Zettel geschrieben.

Für einen Moment wirkte er unsicher, ehe sein Kiefer sich anspannte und er mich mit einem Ruck ins Haus zog.

Überrascht stolperte ich ein paar Schritte, ehe er die Tür verschloss und sich angespannt durch die Haare ging.

Jasper sah gut aus, mir ist vorher noch gar nicht aufgefallen wie attraktiv er eigentlich war. Woher kamen auf einmal diese Gedanken?  Ich hatte Jasper schon Wochen nicht mehr gesehen. Er sollte nicht mehr, als ein Fremder sein. Habe ich ihn etwa vermisst?

"Was sagt dein Wolf?" Fragte er Jasper während er an mir vorbei ging und ich ihm langsam folgte.

"Meldet sich nicht" erwiderte ich.

Ich war noch nie bei Jasper im Haus gewesen und ich wusste auch nicht was ich erwartet hatte. Es war ein kleines, aber gemütliches Haus. Soweit ich erkennen konnte hatte es zwei Etagen. An den Wänden hingen keine Bilder. Generell war hier nichts persönliches zu sehen. Auch fragte ich mich wie viel Zeit er hier wirklich verbrachte.

"Es wäre ein günstiger Zeitpunkt anzugreifen" sprach Jasper seine Gedanken laut aus. "Carter ist außer Haus, hate welche seiner besten Männer mitgenommen."

Mich beschlich ein Gefühl von Panik, je mehr meine Gedanken ab jetzt abdrifteten. War das alles eine Falle? Wollte er mich austesten? Wieso lies er sich so lange Zeit? Irgendwas stimmte nicht und ich war zu blind es zu erkennen.
Wieder hallten ihre Schreie in meinen Kopf. Werde ich diese Schreie je vergessen können? Würden sie mich irgendwann nicht mehr verfolgen?

"Hey" holte mich Jasper zurück in die Gegenwart. Er stand direkt vor mir."Ich kümmere mich drum, ok?" Sprach er mit leise Stimme, vorsichtig nickte ich. "Carters beste Männer sind weg, aber nicht meine. Ich gebe ihnen Bescheid, dass sie heute etwas genauer sind."

Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass Jasper hätte Alpha werden sollen. Er wurde länger vorbereitet, als Carter. Auch wunderte es mich nicht, dass sie immer loyal gegenüber Jasper waren. Ich konnte mir nivht helfen und stellte mir Jasper, als Alpha vor. Er war der Erstgeborene. Doch ohne Mate, keine richtigen Nachkommen. Man konnte sich zwar in jemand anderen verlieben, doch man würde keine Nachkommen zeugen können.

"Danke" erwiderte ich, worauf Jaspers Lippen sich zu einem Lächeln verzogen.

Für einen Moment herrschte eine komische Stille. Sie war nicht unangenehm, ganz und gar nicht. Wirkte aber so fremd und neu.

"Ich-" bevor ich weiter sprechen konnte unterbrach Jasper mich schon, als hätte er gewusst was ich sagen wollte.

"Du bleibst hier, ich habe ein Gästezimmer. Das sollte kein Problem darstellen."

Fragend zog ich die Augenbrauen zusammen, doch wieder mal kam Jasper mir zu vor.

"Carter und meine Mutter würden mich umbringen würde ich dich jetzt im großen Haus schlafen lassen" entgegnete er mir, worauf ich schlucken musste. Irgendwie hatte ich auf eine andere Antwort gehofft. Moment. Auf was hatte ich gehofft?

"Gut, lebend gefällst du mir auch besser" scherzte ich, ehe ich die Worte die meine Lippen verlassen hatten realisierte.

Jasper wirkte für einen Moment, wie eingefroren ehe sich ein Grinsen in sein Gesicht verirrte.

"Du mir auch."

Ohne es zu wollen lösten seine Worte eine Kettenreaktion an Gefühlen in mir los, welche ich versuchte im Keim zu ersticken.

Jasper schien selbst verwundert über diese Worte zu sein, ehe er seinen Kopf schüttelte und sich an die nächstliegende Wand lehnte.

"Ich sollte dir dann mal dein Zimmer für die Nacht zeigen, oder hast du noch Hunger?" Fragte er und deutete mit einem Nicken zu einem Raum, welcher wahrscheinlich die Küche war.

Stumm folgte ich Jasper, während ich mir das restliche Haus genauer anschaute. Jedoch stellte sich das schwieriger raus, als gedacht, denn jede Tür war geschlossen.

"Du bist nicht oft hier, oder?"

"Nein" antwortete Jasper knapp und ich fand mich mit der Antwort ab, wahrscheinlich war er mehr am trainieren als hier.

Jasper öffnete eine Tür und deutete mir mit einem Nicken einzutreten.

Das Zimmer war etwas größer, als mein Zimmer im großen Haus. Mit einem Lächeln schaute ich mir das Zimmer genauer an. Es hatte zwei große Fenster, das Bett stand mittig im Raum. Es gab einen Kleiderschrank und eine kleinere Kommode. Am Fenster selbst stand noch ein Sessel.

"Das Badezimmer ist ein Zimmer weiter, ich lege dir Sachen raus. Falls etwas ist, mein Zimmer ist direkt gegenüber."

Mit einem Nicken verdeutlichte ich Jasper, dass ich verstanden hatte.

"Jasper" bevor er die Tür hinter sich zu zog um mir Privatsphäre zu geben, wollte ich mich nochmal bedanken. Selbst wenn es ihm egal war und er dazu verpflichtet war, aufgrund seiner Familie.  "Danke für alles."

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