XIII

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Es war ein überhaupt nicht normaler Tag, denn heute würde ich mit Shawn ins Kino gehen. Ich freute mich ja schon seit einer Woche darauf, aber jetzt war ich doch ein bisschen nervös. Nach der Schule ging ich nach Hause und war nicht mehr nur ein bisschen nervös, sondern extrem nervös. Um mich etwas zu entspannen, hatte ich Maddie und Clary eingeladen.

„Und was willst du anziehen? Was guckt ihr für einen Film? Holt er dich ab? Was macht ihr danach? Geht ihr zu ihm? Bringt er dich wieder zurück?"

Mit solchen Fragen wurde ich schon die ganze Zeit konfrontiert. Meine meisten Antworten waren wahrscheinlich: Ja, Nein und weiß ich nicht. Es war doch nicht so entspannend wie ich gehofft hatte. Als sich dann aber alles geklärt hatte (eine Stunde später), saß ich mit einem roten Rock und einer kurzärmligen, elfenbeinfarbenen Bluse auf meinem Bett.

„Das willst du wirklich anziehen?", fragte mich Clary mit kritischen Blick.

„Was ist falsch daran? Mir gefällt es!"

„Und gefällt es auch Shawn? Ihr habt schließlich ein Date!"

„Es ist kein Date, wir gehen nur ins Kino, als Freunde!"

„Und warum geht ihr dann alleine?"

„Das ist doch vollkommen egal jetzt! Wenn Bree das tragen möchte, dann trägt sie es", mischte sich Maddie jetzt ein. Ich warf ihr einen danksagenden Blick zu. Clary war noch nicht ganz zufrieden, schien aber auch nicht weiter darauf einzugehen. Nach einer halben Stunde klingelte es an der Haustür.

„Das ist wahrscheinlich Shawn", folgerte ich,„ ich geh dann mal runter und ihr kommt einfach ein paar Minuten später nach!"

„Willst du nicht das Shawn uns sieht? Ist schon ok, wir sehen uns ja morgen!", sagte Maddie.

Ich bedankte mich nochmal für alles, nahm meine Jeansjacke und ging runter. Als ich die Tür öffnete stand Shawn mit dem Rücken zu mir. Ich schlich mich an ihn ran und erschreckte ihn. Er zuckte kurz zusammen. Dann begrüßte er mich lachend und wir umarmten uns. Schließlich leitete er mich zu seinem Auto und öffnete mir die Tür.

„Und, wie gehts dir so?", fragte er mich.

„Super! Ich freue mich echt mit dir ins Kino zu gehen!"

„Ich freue mich auch! Weißt du schon welchen Film du sehen willst?"

„Ich dachte, wir gucken einfach mal was läuft!"

Als wir am einzigen Kino in Huntington ankamen, stand vor dem Kino eine Traube von Menschen. Wir fragten eine Frau, was den los sei und sie erzählte uns, es hätte einen Rohrbruch gegeben und niemand durfte ins Kino.

Ich sah zu Shawn und er sah mich genauso enttäuscht an: „Was machen wir denn jetzt?"

Shawn kratzte sich verlegen am Kopf: „Wir können auch zu mir nach Hause gehen? Wenn du willst, kann ich dich auch wieder nach Hause bringen?"

„Nein! Ich würde gerne mit zu dir kommen. Wir können doch auch bei dir einen Film gucken, oder?"

Er nickte und wir stiegen wieder in sein Auto. Nach einer kurzen Fahrt, fuhren wir in eine Tiefgarage. Wir stiegen aus und fuhren mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock. Shawn zog eine Karte hervor und hielt sie an einen Bildschirm an der einen Seite. Shawn erklärte mir, dass seine Karte wie ein Hausschlüssel war. Jeder in dem Haus hatte eine und die funktionierte nur in seinem Stockwerk.

Die Türen öffneten sich und gaben den Blick auf ein großes Wohnzimmer frei. Es war ein Loft, wie mein Vater und ich es hatten. Hinten führte eine Treppe in den zweiten Stock. Links war eine Küche mit einer Insel. Alles in allem war es eine sehr moderne Wohnung. Wir setzten uns auf ein großes graues Sofa.

„Schick hier! Hast du es selber eingerichtet?", fragte ich staunend.

„Nein, meine Eltern. Sie waren Innenarchitekten und haben das alles hier so gemacht, wie es jetzt hier ist", erzählte er mir und schaute zu Boden.

„Waren? Sind sie in Rente gegangen?", fragte ich nach.

„Nein...sie sind gestorben", erzählte er mir niedergeschlagen.

„Das wusste ich nicht, tut mir leid", sagte ich mitfühlend und zog ihn in eine Umarmung. Wir verharrten einige Zeit in dieser Position, bis ich mich langsam löste: „Willst du es mir erzählen?"

Er nickte langsam und fing an: „Meine Eltern waren viel unterwegs. Immer wenn sie nicht da waren, ging ich zu meiner Tante. Sie hatte auch einen Sohn, Max. Zusammen warteten wir dann immer auf sie. Doch eines Morgens, als eigentlich meine Eltern zurückkommen sollten, stand die Polizei vor unserer Tür."

Er stockte und ihm lief eine Träne die Wange runter. Er wischte sie schnell weg und schniefte.

„Du musst mir das nicht erzählen.", versicherte ich ihm.

„Es geht schon. Naja, auf jeden Fall sagte uns die Polizei, dass meinen Eltern etwas passiert sei. Eine Polizistin kam auf mich zu und fragte mich, ob ich mit Ihnen verwand war. Ich nickte natürlich und sie erzählte mir das es einen Flugzeugabsturz gegeben hatte. Keiner hatte überlebt. Ich weinte und verließ tagelang nicht mein Zimmer. Ich ließ nur Max rein. In ihrem Testament stand, dass sie mir alles hinterließen, auch diese Wohnung. Als ich dann dieses Jahr 18 wurde, zog ich hier ein."

Wieder lief eine Träne über seine Wange, doch diesmal wischte ich sie weg. Er lächelte traurig. Ich lächelte zurück: „Vielleicht sollten wir einen lustigen Film gucken?"

Er schluckte und stand auf: „Keine schlechte Idee, wie wäre es damit: Ich mache uns Popcorn und du suchst einen aus."

Ich nickte und ging seine Filme, die in einem Regal standen durch: „Wie wäre es mit dem hier?"

„Zoolander? Jap, der ist lustig!", rief er aus der Küche.

„Sag mal, hast du vielleicht etwas Bequemes für mich hier?"

„Ja, warte kurz", erwiderte er. Er ging die Treppe hoch und kam nach zwei Minuten mit einer Jogginghose und einem T-shirt zurück: „Bad ist dahinten!"

Ich zog das T-shirt an, das nach Shawn roch und die viel zu große Jogginghose. Ich kam wieder ins Wohnzimmer und sah das Shawn sich auch umgezogen hatte und jetzt auf dem Sofa auf mich wartete. Das Popcorn war in einer großen Schüssel auf seinem Schoß. Der Film begann und ich kuschelte mich an Shawns Schulter. Ich schlief nach ungefähr einer halben Stunde ein.

Als ich wieder aufwachte war Shawn weg. Ich rieb mir die Augen und stand langsam auf. Es roch nach Pfannkuchen und ich ging in die Küche. Dort saß Shawn mit einer Gitarre auf einem der Barhocker. Nervös kratzte er sich am Hinterkopf und bat mich, mich zu setzten. Er räusperte sich und fing an auf der Gitarre ein Lied zu spielen.

Nach kurzer Zeit begann er zu singen. Er klang wundervoll. Es war so schön, dass ich anfing zu weinen. Wonderwall von Oasis, so hieß der Song. Als er fertig war, war mein ganzes Gesicht verheult. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Er legte die Gitarre zur Seite und nahm meine Hände: „Bree? Erweist du mir die Ehre und begleitest mich zum Herbstball?"

-HECTA 35-                                                  Agentin wider WillenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt