Ich rannte auf das Auto zu und winkte wild mit den Armen. Dabei rief ich mehrmals Shawns Namen aber das Auto hielt nicht an. Ich zog meine Schuhe aus und konnte schneller rennen. Nachdem ich noch einmal Stop rief, wurde das Auto langsamer und hielt an. Ich rannte auf die Beifahrertür zu und riss diese auf. In dem Auto saß zu meiner Überraschung aber nicht Shawn.
„Rowan?! Was machst du denn hier? Du gehst nicht mal auf diese Schule."
„Ich...äh...ich wollte dich abholen! Aber nachdem du nicht kamst, dachte ich du wärst schon gegangen und dann dachte ich fahr ich mal wieder", erklärte sie mir.
„Aber ich war doch gerade erst bei Hecta und Mr. Lock hat gesagt ich stecke definitiv in Schwierigkeiten."
„Ich bin aber nicht im Auftrag von HECTA hier. Ich glaube, dass du mehr weißt als du zugibst."
„Wie bitte? Was soll das heißen? Ich habe doch alles versucht!"
„Und warum hast du uns nichts von dem Austausch des Kollegen deines Vaters erzählt?"
„Was für ein Austausch? Ich weiß nicht, wovon du redest!"
„Jetzt steig doch erstmal ein und dann erkläre ich es dir!"
Ich nickte und holte erstmal meine Schuhe. Warum kam genau Rowan und nicht einer der Chauffeur von HECTA um mich abzuholen? Nicht das es mich störte, aber komisch war es schon. Ich stieg ein und wir fuhren vom Parkplatz der Schule.
„Wo fahren wir denn jetzt hin?", fragte ich Rowan.
„Nicht zu HECTA. Wir parkten einfach am Straßenrand, um nochmal zu vorhin zu kommen, weißt du wirklich nicht von welchem Austausch ich rede?"
„Als du es vorhin erwähnt hast kam mir eine Idee, aber ich war mir nicht sicher. Handelt es sich bei diesem Austausch um einen von CanCure?"
„Das ist richtig! Es gab einen Austausch bei der Firma deines Vaters und der Austauschpartner ist ein gewisser Peter Collins. Er hat seinen Abschluss in Genetic gemacht..."
„Das ist mir doch egal worin er seinen Abschluss gemacht hat. Weiß er wo Liam ist? Ist er der Mann auf dem Band?"
„Ich gehe auf jeden Fall davon aus! Deswegen habe ich versucht die Quelle des Videos zu finden und ich weiß jetzt wo das Video aufgezeichnet wurde. Ob Liam dort ist weiß ich nicht, aber es ist eine hohe Wahrscheinlichkeit!"
„Bevor wir los fahren, wollen wir nicht noch Hecta Bescheid sagen? Es wird ja wohl so sein, dass Liam irgendwie bewacht wird und dann brauchen wir Unterstützung!"
„Nein", rief sie ein bisschen zu schnell, „Bree, du kannst Ihnen damit beweisen, dass du es wert bist zurückzukommen, sie werden dich wieder Aufnehmen! Bree, das ist deine Chance!"
Ich seufzte: „Ok, dann los!"
Eine halbe Stunde später standen wir vor einem großen, mehrstöckigen Backsteingebäude. Die Fenster waren eingeschlagen und über der Tür hing ein rostiges Schild, auf dem ich nur 'Brewing Company' lesen konnte. Wahrscheinlich handelte es sich bei dem Gebäude um eine Brauerei, die pleite ging oder so. Genau das bestätigte mir Rowan beim Betreten der Brauerei. An der Tür war weder ein Schloss, noch war es irgendwie anders gesichert.
„Die Fesenmeier Brewing Company. Seit 1940 steht sie leer, da das Unternehmen pleite gegangen ist. Jetzt dient es wahrscheinlich dem Entführer von Liam als Unterschlupf. Lass uns mal gucken, ob hier eine Art Kontrollraum ist. Vielleicht finden wir Liam so schneller?"
Ich stimmte zu und wir teilten uns auf. Ich knipste die Taschenlampe, die Rowan mir gegeben hatte, an und ging den langen Korridor zu meiner Rechten runter. Er hatte nur drei Türen und zwei Petroleumlampen, die von der Decke hingen und ein sehr schwaches Licht warfen. Ich öffnete die Erste Tür. Ein frischer Wind kam aus dem Zimmer und die Petroleumlampen quietschten. Ich sah ein eingeschlagenes Fenster an der einen Seite und eine Krankenliege direkt darunter. Was war das denn für eine Brauerei, dass sie so etwas hatten? Wahrscheinlich haben sie mit Menschen experimentiert. Spaß beiseite. Es hatte etwas leicht gruseliges an sich, als würde gleich ein Zombie hinter mir auftauchen und „ESSEN" rufen. Die Tür quietschte und knallte zu. Ich schwenkte die Taschenlampe auf die Tür und ging in schnellen Schritten darauf zu. Die Tür wurde von außen aufgestoßen und knallte gegen die Wand. Ich erschrak und nahm die Fäuste vor mein Gesicht.
„Wo warst du?", flüsterte Rowan. Sie nahm mein Handgelenk und zog mich aus dem Zimmer. Ich stolperte ihr hinterher, als sie mich den anderen Korridor runterzog.
„Ich hab nur...ich wollte nur. Weißt du, wo Liam ist?"
„Das nicht, aber ich glaube ich weiß, wo der Kontrollraum ist."
Wir gingen eine Treppe am Ende des Korridors hoch und Rowan gab mir ihre Taschenlampe. Sie signalisierte mir mit Handzeichen, dass jemand in dem Raum ist. Sie zog eine Pistole aus ihrem Gürtel und flüsterte mir zu: „Du öffnest die Tür und ich überwältige ihn ok?"
Auf drei riss ich die Tür auf und Rowan rannte in den Raum. Sie schlug dem einem Mann, der an einer Wand stand und irgendwelche Knöpfe betätigte, mit der Pistole an die Schläfe und dieser sackte zusammen. Dem Typen, der auf dem Stuhl saß und während dieser Aktion aufstand, rammte sie eine Spritze in den Hals und dieser sackte ebenfalls zusammen. Ich starrte sie nur mit aufgerissenen Augen an: „Was war das denn? Das sah aus wie bei einem Actionfilm!"
„Noch ein paar Jahre bei HECTA und du kannst das auch. Lass uns mal gucken", erwiderte sie und schubste den Mann vom Stuhl um sich dort selber hinzusetzten,„Siehst du das? Das sieht aus, als würden sie Liam hier wirklich festhalten!"
Ich stellte mich neben sie und betrachtete das Bild, das sich mir bot. Ein Junge, wahrscheinlich Liam, war auf einem Stuhl gefesselt und hatte einen Sack über seinem Kopf. Außer ihm waren keine weiteren Personen im Raum. Das wunderte mich. Es war alles viel zu einfach. Erst war kein Schloss an der Tür, dann konnten sich die Männer in diesem Raum nicht einmal verteidigen und jetzt war Liam auch noch unbewacht. Ich wurde nervös und spielte an meinem Armband herum. Das tat ich immer wenn ich nervös war und ich war wahrscheinlich nicht die einzige die das macht. Normalerweise hatte ich das Armband um, das ich von meinem Vater bekommen hatte, als er von einer Geschäftsreise aus China wiederkam, aber heute nicht.
Als ich von HECTA bescheid bekommen hatte, dass Liam weg war, hatte ich mir die Funkuhr um gemacht, die ich an meinem ersten Tag bei HECTA von Lexi bekommen hatte. Mit dieser Uhr konnte man per Knopfdruck ganz einfach seinen Standort an HECTA senden und sie würden einen Agenten losschicken, der überprüfen würde warum man das getan hatte. Lexi erklärte mir, dass man das ausschließlich in vermeintlich auswegslosen Situationen tun sollte und ich fand das gerade schon leicht gefährlich. Ich drückte den Knopf. Ich erwartete eine Art Bestätigung von HECTA, dass sie es mitbekommen hatten, aber nichts passierte. Ich drückte nochmal und nochmal, bis Rowan von dem Bildschirm aufblickte und mir ihren Plan erklärte: „Also, dieser Raum befindet sich zwei Stockwerke über uns. Ich würde sagen wir machen es ganz schnell. Wir laufen hoch, befreien ihn und hauen ab bevor noch jemand kommt."
Wir verließen den Raum und schlichen leise aber recht zügig die Treppen hoch. Als wir vor der Tür standen, die Rowan für die richtige hielt, signalisierte sie mir wieder ich sollte die Tür öffnen. Das tat ich und sah den Jungen sofort.
„Dachtest du wirklich es würde so einfach werden?"
Das war der letzte Satz den ich hörte, bis mir jemand etwas gegen die Schläfe schlug und ich nur noch schwarz sah.
DU LIEST GERADE
-HECTA 35- Agentin wider Willen
AdventureNeue Stadt, neue Familie, neues Leben. Die siebzehnjährige Bree Sheppard muss umziehen. Schuld daran ist ihr Vater, der Wissenschaftler ist und eine neue Frau hat, Fiona. Sie müssen aus der Großstadt New York zu Fiona und ihrem Sohn Liam nach Huntin...