Kapitel 2

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Eine Woche ist es jetzt her, seit mich die beiden Typen nach Hause gefahren haben. Eine Woche, die ich keinen von beiden mehr gesehen habe. Eine Woche, in der er mir nicht aus dem Kopf ging. Ich hab Angst. Angst vor dem was sie bezwecken wollten, als sie mich nach Hause fuhren. Paranoider Weise, glaube ich, dass noch etwas auf mich zu kommen wird.

Tagtäglich habe ich das Gefühl beobachtet zu werden... Aber das ist auch gar nicht so verwunderlich, wenn man bedenkt das ich...ja was eigentlich? Nach Hause gefahren worden bin, gegen meinen Willen? Das zählt unter Freiheitsberaubung oder?

Jedenfalls wundert es mich nicht, dass ich nun unter einem Verfolgungswahn leide und mich alle zwei Sekunden umdrehen muss. Ich war auch kurz davor zur Polizei zu gehen, aber würden die mich wirklich ernst nehmen, wenn ich sage zwei Typen, die nicht einmal alt genug sind um pädophil zu sein, haben mich nach Hause gebracht?

Ich weiß es nicht, eigentlich müssten sie das ja... Aber ehrlich gesagt würde ich die Sache am liebsten vergessen. Leider höre ich aber immer wieder diese Stimme in meinem Kopf, die sagt: "Wir sehen uns wieder Prinzessin."

Und nun liege ich schon seit mindestens drei Stunden wach und kann einfach nicht einschlafen. Ich rolle mich auf die Seite und strecke mich nach meinem Handy, das auf meinem Nachtisch liegt. Zwei Uhr. Na toll noch vier Stunden und ich müsste aufstehen. Vielleicht sollte ich einfach mal einen Tag blau machen und im Bett bleiben... Würde mir bestimmt ganz gut tun.

Ich drehe mich zurück und schließe die Augen, nur ein bisschen schlaf, ein ganz klein bisschen Bete ich verbissen und kurz darauf sinke tatsächlich in die Kissen und falle in einen traumlosen Schlaf.

-

Nur schwer lassen sich meine Lieder nach oben bewegen und ich blinzle in der Dunkelheit. Langsam wird meine graue Wand vor meinen Augen sichtbar. Ein leiser Atem ist zu hören und ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht meiner ist...

Erschreckt drehe ich mich um und schalte das Licht an. Aber ich bin allein. Hab ich mir das eingebildet? So viel zum Thema Verfolgungswahn... Ich schaue zu meinem Fenster, in den meisten Filmen oder Büchern wäre es jetzt offen, aber ich befinde ich nun einmal in der harten Realität. Ich stelle also erleichtert fest, dass es geschlossen ist.

Trotzdem, ich kann mir das doch nicht eingebildet haben, wovon bin ich überhaupt aufgewacht? Ich lausche in der Hoffnung, ein erklärliches Geräusch zu hören, was einem Atem ähnelt. Doch da ist nichts, außer ein leises Quietschen, fast als würde jemand mit neuen Sneakers durch das Haus laufen. Und plötzlich ist es wieder still.

Oh Gott. Das habe ich mir jetzt aber echt nicht eingebildet. Ok, jetzt habe ich wirklich Angst. Ich schnappe mir meine Haarbüste von meinem Schminktisch, wähle in meinem Handy schon einmal die Nummer der Polizei, sodass ich gleich einfach nur auf den grünen Hörer drücken muss, wenn ich jemanden entdecke. Auf Zehenspitzen schleiche ich zu meiner Tür und durch den Flur. Ich greife die Bürste fester. Eine produktive Waffe ist das jetzt nicht, aber besser als gar nichts. Das Gefühl, etwas in der Hand zu haben, was man werfen könnte, ist ein wenig beruhigend.

Langsam spähe ich ins Wohnzimmer, warte einen Moment, bis meine Augen sich an das Licht gewöhnt haben und scanne dann den Raum ab. Dort ist aber niemand. Teils erleichtert und verängstigt, dass ich mir das doch nur eingebildet habe, schleiche ich durch das Wohnzimmer in die Küche und schaue in den Eingangsbereich. Doch auch hier ist niemand. Das kann doch nicht sein, dass meine Fantasie mir so einen Streich gespielt hat oder? Anscheinend ja schon...

-

"Kapierst du das?", flüstere ich und schaue zu Nelli.

"Sehe ich so aus? Was denkst du denn das ist Mathe.", stellt sie fest während sie die krickligen Vektoren, die sie auf ihr Blatt gezeichnet hat und nicht annährend denen auf der Tafel ähneln, weg radiert. Ich schaue wieder auf mein eigenes Blatt, auf dem sich nur die Aufgaben, die ich abgeschrieben habe, als mein Lehrer rumging, damit es so aussah als ob ich etwas machen würde, befinden. Ich bin ein Totalausfall, was Mathe angeht und vielleicht noch Spanisch...

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