Kapitel 9

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"Nein danke, mir ist nicht so nach reden.", erwidert er ohne stehen zu bleiben. Oh Gott, warum habe ich ihn bloß gesucht? Was habe ich denn bitte an ihm vermisst? Mein Blick schweift über seinen muskulösen Rücken, seinen gebräunten Nacken und die dunklen wuscheligen Haare. Vermutlich ist es das, ich habe sein Aussehen vermisst und das ist auch das Einzige, was ich an ihm gut finde.

"Hey!", ich halte ihn am T-Shirt fest und stelle mich anschließen vor ihn, um ihn am weiter gehen zu hindern.

"Ich möchte aber reden.", kläre ich ihn auf und lasse meine Hand weiter in seine Shirt. Endlich schenkt er mir Beachtung und sein Blick senkt sich. Zum ersten Mal erkenne ich ein Gefühl in seinen sonst so kalten, leuchtenden Augen. In seinem Blick liegt Zuneigung und eine Art Erleichterung.

Gut, jetzt weiß ich es, ich habe seine Augen vermisst, dieses tiefe blau, welches ich nie deuten konnte.

"Worüber willst du reden?" Obwohl in seinen Augen so viel Emotion zu lesen ist, klingt seine Stimme hohl und gelangweilt.

"Na ja, vielleicht darüber, was du letzte Woche gesagt hast, wie respektlos du gewesen bist, oder was das eben war, mit Braydon, mich würde aber auch interessieren warum du mich eine Woche lang alleine gelassen hast, mich aber neulich nicht gehen lassen wolltest, ach so und warum du ausgerechnet gestern Nacht vorbei kamst?", lasse ich meinen Wortschwall freien Lauf und entscheide mich schließlich doch dazu, den Stoff seines Shirts loszulassen.

"Ich war gestern Nacht nicht bei dir. Zumindest, nicht so, dass du es hättest mitkriegen können.", erklärt er und sein Blick verändert sich in Sorge.

"Wenn du dich in mein Bett legst, kriege ich das schon mit." Denkt er, ich hätte die Aufmerksamkeitspanne einer Fliege?

"Ich lag definitiv nicht in deinem Bett.", meint er und schaut sich einmal kurz um bevor sein Blick wieder auf mich fällt.

"Hm, na schön, dann hab ich das wohl geträumt.", murmle ich eher mir selbst zu und sehe wie seine Mundwinkel zucken.

"Möchtest du denn gar nicht auf die anderen Fragen antworten?"

"Eigentlich nicht.", erwidert er schulterzuckend. "Wir sollten wirklich lieber drin weiter sprechen, hier sind zu viele Ohren, für die das nicht bestimmt ist.", zum Ende hin wurde seine Stimme immer leiser und sein Gesicht nähert sich mir.

Zögernd nicke ich. Damilo drückt mir einen Kuss auf die Stirn, schnappt sich meine Hand und setzt sich wieder in Bewegung. Dieser Kuss fühlte sich wie eine vertraute Geste an, obwohl ich sie noch nie von ihm erlebt habe. Auch meine Hand in seiner, fühlt sich so gut an, so richtig. Also lasse ich es dabei und folge ihm.

Mit diesem Haus, in das wir nun eintreten, verbinde ich seltsamerweise mehr als mit meinem eigenen. Kann es sein, dass sich ein Mensch (und sein Haus) so schnell in ein Leben drängen können und alles auf den Kopf stellen?

Oben in seinem Zimmer, löst er seine Hand und ich lasse mich auf sein Bett fallen, genauso wie ich es schon ein paar mal tat.

"Also.", fange ich an und beobachte, wie er sich auf den Schreibtischstuhl setzt und sich mit diesem zu mir dreht.

"Also? Wie waren nochmal die anderen Fragen?"

"Warum habe ich die ganze Woche nichts von dir gehört? Ich dachte fast, dass ich mir alles eingebildet hätte."

"Ich dachte du wolltest vielleicht ein bisschen Ruhe. Diese Woche wollte ich dir gönnen und heute, aber du bist ja nun schon hier. Erklär mir mal, wie du auf die Idee kommst, einfach mal hier durch den Wald zu laufen, obwohl du genau weißt, dass es Gestaltwandler gibt, die hier im Wald herum laufen und nicht gerade an deinem Glück interessiert sind."

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