No control

Kapitel 16

Ich schaue in diese grünen Augen und frage mich erneut, wie alt er wohl ist. Älter als ich auf jeden Fall, aber wie viel?

Irgendwann halte ich es nicht mehr aus und stelle die Frage: "Wie alt bist du?"

Etwas überrascht schaut mein Onkel mich an, bevor er lacht und zu einer Antwort ansetzt. "Echt? Das ist deine erste Frage? Aber ok, ich bin vierunddreißig. Sehe ich jünger aus?"

"Viel.", grinse ich und lehne mich auf dem Stuhl zurück. Wegen der Tatsache, dass Damilos wildgewordener Zwilling im Wald herum streunert, sorgte dafür, dass Leo und ich uns nur hier im Haus unterhalten dürfen, obwohl ich eigentlich raus wollte mit ihm... Doch Damilo war strickt dagegen und ohne es laut zuzugeben, muss ich gestehen, dass er Recht hat. Meine letzte Begegnung mit Damon hatte mich völlig fertig gemacht. Ich dachte zu Anfang ja, Damilo wäre ein Arsch, aber sein Bruder toppt glaube ich so ziemlich jedes Arschloch...

"Ich muss weg, bleibt im Haus ok?", ertönt plötzlich die Stimme meines Gefährten. Ich schaue auf und sehe ihn mit einer Jacke in der Hand im Türrahmen stehen. "Das Rudel ist hier, falls irgendetwas sein sollte."

Der letzte Satz sollte vermutlich nur verdeutlichen, dass wir eh nicht raus können, da Damilo seine Wachhunde zusammen gerufen und zum Aufpassen verdonnert hat.

Möglichst auffällig, verdrehe ich die Augen und seufze. "Schön das wir uns einig sind.", grinst er und verschwindet. Ja, einig wie immer. Allerdings, muss ich zugeben, dass sich unser Verhältnis im Moment verbessert hat. Er versucht seit dem gestrigen Vorfall mit Damon, meine Situation mehr zu verstehen und mir entgegen zu kommen und ich probiere, ihm mehr glauben zu schenken, schließlich kennt er die Gefahren hier besser als ich.

Trotzdem glaube ich, dass das Harmonische Verhältnis zwischen uns nicht lange anhalten wird.

"Einen besseren Gefährten hättest du dir nicht aussuchen können oder?", mein Onkel klingt amüsiert. Ich könnte an seiner Stelle nicht so locker und entspannt sein, denn fast das ganze Rudel möchte ihm jeden Moment an die Gurgel springen. Sie mussten sich wirklich bemühen, als er an der Tür klopfte und schließlich mit mir durch das Haus lief. Bei einigen konnte ich sogar schon bemerken, wie sich kurzzeitig ihre Augen verdunkelten. Jedoch behielten größtenteils die Kontrolle.

"Das sagst ausgerechnet du, der vollkommen aus eigenen Stücken hier gelebt hat? Ich wurde zu Anfang immerhin entführt. Also hatte ich nicht die Wahl, du schon.", erwidere ich und meine Mundwinkel zucken in die Höhe.

"Gut gekontert.", gibt er zu und kratzt sich das stopplige Kinn. "Na schon, Skada. Erzähl mir ein bisschen was über dich."

"Da gibt es eigentlich nicht so viel. Also ich bin siebzehn Jahre alt, mein Sternzeichen ist Wage und ich bin absolut schlecht in Mathe. Und wie du vielleicht weißt, sind meine familiären Verhältnisse etwas kompliziert."

Sein nachdenklicher Blick liegt auf mir. "Noch irgendwelche Fragen?", lache ich und trinke etwas aus dem Glas vor mir.

"So einige, was machst du zum Beispiel gerne? Oder was ist deine Lieblingsfarbe? Reist du gerne? Was magst du? Was hasst du? Ich will wissen, wie meine Lieblingsnichte denkt und was sie ausmacht, denn ich bin mir sicher, du bist mehr als nur die Gefährtin eines Alphas."

Endlich, jemand der das erkennt. Sofort hat Leo ein paar weiter Pluspunkte ergattert.

"Lieblingsnichte? Soweit ich weiß bin ich die einzige oder?" Mein Onkel grinst genauso breit wie ich und erwidert: "Bis vor kurzem wusstest du nicht einmal, dass du einen Onkel hast, woher willst du dann wissen, wie viele Neffen und Nichten ich habe?"

"Du hast recht, sind da noch irgendwelche Verwandten von denen ich wissen sollte?"

Das Grinsen verschwindet aus seinem Blick und seine Mine wird ernst. "Oh Gott, sind da etwa welche?"