Kapitel 16: Kabale und Triebe

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Eden ist froh und unendlich dankbar, dass Negan sich jeglichen Kommentar zur vergangenen Nacht verkneift. Das war wirklich ein schwacher Moment. Ein verdammt schwacher.
Sie frühstücken gemeinsam und Negan plaudert fröhlich vor sich hin. Eden macht "Hm" und "Achso?" an den hoffentlich richtigen Stellen, hört ihm aber gar nicht richtig zu. Das stört ihn zum Glück nicht sonderlich, er hört sich gerne reden.
"- Oder?"
Sie schaut verwirrt auf. Jetzt hat sie wohl doch etwas Wichtiges verpasst. Negan verdreht die Augen.
"Ich habe gefragt: Du hast es noch nicht gemacht, oder?", wiederholt er.
"Eh...nein? Äh...was?", stammelt sie. Sie weiß immer noch nicht, worum es geht. Er runzelt verärgert die Stirn.
"Abgetrieben." Er spuckt das Wort aus, als würde es nach Scheiße schmecken. Achso. Darum geht's. Falsches Thema.
"Nein.", sagt sie. Jetzt sieht er ein wenig erleichtert aus.
"Ich dachte schon. Weil du heute Nacht so komisch...", er unterbricht sich selbst, als er Edens Gesichtsausdruck bemerkt. Für eine Weile schweigen sie. Negan spielt mit seinem Messer. Dann sieht er sie wieder an. Ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. "Mittlerweile hast du mich ganz schön gern, he? Nicht das aus dir kleinen Kratzbürste noch ein Schmusekätzchen wird."
Eden sieht ihn nur sauertöpfisch an. Sie hat sich wohl bezüglich der Kommentare zu früh gefreut.

Es scheint eine Ewigkeit her zu sein, dass sie mit Reena, Dylan, Sherry, Tina und Dwight zusammengesessen hat. Heute sind alle Saviors im Sanctuary, es gibt ausnahmsweise mal nichts zu tun.
"Oh, man.", stöhnt Reena, "Ich dachte immer, als Nummer ist es scheiße. Aber als Savior..." Sie spuckt auf den Boden. Scheinbar hat sie ihre Umgangsformen jetzt vollkommen vergessen.
"Beschwerst du dich jetzt etwa?", zischt Sherry, "Jetzt, wo du genug Essen hast?"
Reena sieht schuldbewusst zu Boden und kratzt sich verlegen am Kinn.
"Ach, Reena ist nur pissig, weil alle Saviors immer denken, dass sie ein Kerl ist.", stichelt Dylan feixend. Jetzt sieht Reena tatsächlich angepisst aus. Sie grummelt vor sich hin.
"Aber, Leute, ey...", beginnt Dylan- jetzt kommt eine seiner Geschichten. Er neigt dazu, seine Saviorabenteur ausgeschmückt und völlig überzogen zu schildern. Und meistens ist er am Ende der schillernde Held.
"Wir sind auf ne neue Gruppe gestoßen. Das war so..." Er erzählt und erzählt. Die Geschichte wird immer alberner, nach einer Weile kreischen alle Umsitzenden vor Lachen. Sogar Dwight kichert ein bisschen. Eden hält sich den Bauch und merkt, dass ihr mittlerweile Lachtränen über die Wangen laufen.
"Und jetzt kommt das Beste:", meint Dylan feierlich, angestachelt von den ganzen Lachern, "Diese Spinner sind keine Überlebende oder Retter oder Beißerschrecks. Sie leben in einem Königreich! Und sie haben einen König! Und wisst ihr, welches Haustier dieser König hat?" Alle schütteln mit dem Kopf.
"Einen Tiger! Ein riesiges Vieh.", er breitet die Arme aus, "Er hat einen verschissenen Tiger! Und das Vieh frisst ihm aus der Hand! Ihr könnt euch denken, dass Reena sich beinahe in die Hose gemacht hat..." Reena verdreht neben ihm die Augen, "Aber zu mir war er wie ein zahmes Hauskätzchen. Solche Tiere merken, wenn man keine Angst hat." Reena schnaubt verächtlich. Eden kann sich vorstellen, dass es gerade anders rum gewesen sein könnte. Falls von dieser ganzen Story überhaupt etwas stimmt. Ein König mit einem zahmen Tiger? Klar. Sie stellt sich vor, wie Negan, Lucille über der Schulter und einen Tiger an der Kette, durch die Gänge marschiert. Obwohl...das raubtierhafte Grinsen kriegt er auch alleine hin, dafür braucht er keinen Tiger.
"Und was ist bei dir so los?", fragt Dylan an Eden gewandt. Sie zuckt die Schultern.
"Langweilig. Ich sitz den ganzen Tag nur rum.", antwortet sie. Das stimmt. Sie hat sich immer noch nicht dazu durchgerungen, wieder bei Carson zu arbeiten.
"Ihr meckert echt auf hohem Niveau.", bemerkt Sherry. Sie wirkt heute wirklich besonders angespannt. Eden mustert sie einen Moment prüfend. Immer wieder werfen sie und Dwight sich Blicke zu. Da ist doch etwas im Busch.
"Und was habt ihr mit dem König gemacht?", fragt Eden, um das Gespräch wieder zum Laufen zu bringen.
"Simon hat mit ihm nen Deal ausgehandelt. Wir lassen sie in Ruhe und sie liefern uns Essen. Lief alles sehr friedlich ab, ausnahmsweise wurde mal keinem der Schädel eingeschlagen.", sagt Dylan.
"Noch nicht.", grunzt Reena.
"Negans Netzwerk wird immer größer. Langsam denke ich wirklich, dass er gar nicht so verrückt ist.", meint Dylan nachdenklich und ignoriert Reenas Bemerkung.
"Er ist verrückt.", sagt Dwight und alle starren ihn verwundert an. Dwight spricht in der Regel nicht von sich aus, man muss ihm immer alles aus der Nase ziehen, "Aber wir sind nicht besser, denn wir finden uns mit der ganzen Scheiße hier ab und unterstützen das noch."
Wo er recht hat. Alle nicken betreten.

The Girl With The Bat (TWD/Negan FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt