Kapitel 35: Alles endet...aber nie die Musik

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Sie verlässt die Empore und schwankt dabei, als wäre sie betrunken. Ihr Herz rast noch immer, Johns Schreie gellen noch immer in ihrem Kopf.
Oh man, sie kann nicht mehr. Die zwei Stunden Schlaf, die sie letzte Nacht hatte, waren eindeutig zu wenig. Und sie muss nach Negan sehen, vielleicht ist er bereits aufgewacht. Oder... Aber nein, dann hätte Carson sie gerufen.

Plötzlich steht Simon neben ihr.
"Wo willst du denn hin, Neganella?", fragt er belustigt.
Edens Augenbraue wandert nach oben.
"Neganella?", fragt sie.
Simon kichert wie ein albernes, kleines Mädchen.
"Ist mir eingefallen, als du John das Messer ins Auge geschleudert hast. Fand ich sehr passend, da du mich einerseits an Cruella de Vil und andererseits an Negan erinnerst- du verstehst?"
Er kichert wieder. Eden verdreht die Augen.
"Schmeichelhaft. Besteht die Hoffnung, dass du diesen beschissenen Spitznamen schnell wieder vergisst?", grummelt sie.
"Oh nein, Neganella."
Sie seufzt.
"Und was haben wir jetzt noch zu tun?", fragt sie gereizt.
"Wir sind die Ehrengäste auf der Party!" Er grinst breit.
"Eine Party?"
Das ist doch jetzt wohl nicht sein Ernst. Sie hat gerade jemanden ein Messer ins Auge gestoßen. Letzte Nacht haben sie und Negan zwei Männer auf bestialische Weise abgemurkst. Sie hat kaum geschlafen und musste sich den ganzen Tag mit tollwütigen Hunden herumschlagen. Negan liegt schwer verletzt in seinem Bett. Das ist das allerletzte, wofür sie jetzt Nerven hat.
"Jep! Hat sich so eingebürgert, dass wir ein bisschen feiern, wenn die Katze aus dem Haus ist.", er zwinkert ihr verschwörerisch zu.
"Dann macht das mal. Aber ohne mich. Ich muss nach Negan sehen..."
"Oh, man, Mädel, krieg die Arschbacken auseinander! Willst du die ganze Zeit an seinem Bett sitzen und ihm die Hand tätscheln? Das passt nicht zu dir, Neganella. Außerdem...", sein Tonfall wird ein wenig ernster, "Zuckerbrot und Peitsche. Nachdem du die Peitsche gerade ordentlich knallen lassen hast, solltest du jetzt ein bisschen Zuckerbrot verteilen. Gerade du kannst ein paar Freunde gebrauchen..."
Eden seufzt erneut. Sie sieht vor ihrem geistigen Auge, wie das verlockende, gemütliche Bett in weite Ferne rückt.
"Zuckerbrot ist nicht so mein Ding.", brummt sie.
"Das weiß ich, Neganella, das weiß ich. Aber dafür hast du ja mich."
Er packt sie am Arm und dirigiert sie erbarmungslos in Richtung der Aufenthaltsräume.

Der Musikgeschmack der Saviors ist wirklich nicht zu ertragen. Als sie und Simon in die Räume kommen, läuft der Song "Easy street", ein so unerträglich fröhlicher Song, dass man in die Ecke brechen möchte. Es ist stickig, qualmig, laut. Die meisten trinken bereits, als gäbe es kein Morgen.
Simon drückt ihr unerbittlich eine Bierflasche in die Hand und tanzt dann ausgelassen mit einer Savior. Sein Tanzstil erinnert an einen Zitteraal auf Koks.
Eden klammert sich an ihrer Bierflasche fest, stellt sich an den Rand und schaut mürrisch in die Runde. Wie kann man nach alldem feiern? Wie kann man heutzutage überhaupt feiern? Sie nimmt einen großen Schluck aus der Bierflasche, dann noch einen. Sie will doch einfach nur schlafen...

Die Tür geht auf und drei Saviors treten ein. Unter ihnen ist John, der wohl gerade von Carson verarztet wurde. Er hat einen dicken Verband über seinem Auge.
Edens Körper spannt sich sofort an. Das könnte jetzt ungemütlich werden, sie tastet sicherheitshalber nach ihrem Messer und beobachtet lauernd jede seiner Bewegungen.
Nachdem John zwei Schnaps gekippt hat, kommt er auf sie zu geschlendert. Er bleibt vor ihr stehen und reicht ihr einen Stamper, der mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt ist.
Sie beäugt das Glas misstrauisch.
"Wodka.", sagt er, "Kein Gift drin."
Sie rümpft die Nase, folgt dann aber seinem Beispiel und kippt den Wodka in einem Zug. Als sie sich schüttelt und hustet, grinst er.
"Schmeckt widerlich, hm? Das ist einer von der ganz billigen, beschissnen Sorte."
Er lehnt sich an die Wand und mustert sie mit seinem verbliebenen Auge.
"Du hast Eier, Püppchen. Hast mich richtig vorgeführt. Hätte ich dir nicht zugetraut.", gibt er zu, "Der Doc konnte mein Scheißauge nicht mehr retten. Jetzt ist's ganz raus. Ist gut so. Und er hat mir ne ordentliche Portion Morphium verpasst. Das macht die Sache noch besser."
Eden blinzelt irritiert. Ist er ihr etwa dankbar? Oder was läuft bei ihm nicht richtig? Würde sie ein Auge verlieren, würde sie danach bestimmt nicht mit demjenigen, dem sie das zu verdanken hat, einen Schnaps trinken und plaudern, als wären sie alte Freunde.
John lacht über ihren verdutzten Gesichtsausdruck. Er klopft ihr mit seiner Riesenpranke so hart auf die Schulter, dass ihre Zähne aufeinander knallen.
"Ich brauch's manchmal auf die harte Tour. Dass mein Auge überhaupt so aussah, verdanke ich Negan. Er musste mir auch schon mal zeigen, wo mein Platz ist. Also: Alles cool bei uns?"
Er hält ihr seine Hand hin. Immer noch perplex, lässt Eden ihre Hand in die seine gleiten. Sie wird in seinem Griff beinahe zermalmt. John haut ihr erneut mit Schmackes auf den Rücken und holt sich einen neuen Schnaps.
So ein schräger Vogel. Negan hat ihn auf einem Auge erblinden lassen und seitdem ist er ihm gegenüber loyal. Sie hat dafür gesorgt, dass er es gänzlich verliert und hat dadurch seinen Respekt gewonnen.
Das entbehrt jeglicher Logik.

The Girl With The Bat (TWD/Negan FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt