Jemand ist im Zimmer.
Scheiße, sie ist eingeschlafen! Sofort reißt sie die Augen auf und fährt hoch. Ihr erster Blick fällt auf Negan. Er atmet noch. Erleichterung breitet sich in ihr aus.
Carson macht sich an seiner Infusion zu schaffen. Als er bemerkt, dass Eden wach ist, nickt er ihr kurz zu.
"Alles in Ordnung?", fragt sie ihn. Carson wiegt langsam den Kopf.
"Ist noch immer schwer zu sagen.", entgegnet er, "Innere Blutungen sind nicht auszuschließen. Und er hat viel Blut verloren. Er scheint stabil zu sein, aber das kann sich jederzeit ändern."
Sie weiß Carsons Ehrlichkeit zu schätzen, aber seine Art ist wirklich nicht besonders aufmunternd.
"Wie lange hab ich geschlafen?", fragt sie missmutig und fährt sich durch die Haare.
"Zwei Stunden.", ist die Antwort, "Simon will mit dir reden, aber ich hab ihm gesagt, dass du erstmal schlafen musst."
Seufzend schwingt sie sich aus dem Bett.
"Wo ist er?"
"In Negans Büro", sagt Carson und zeigt mit dem Kopf nach nebenan.
"Gut. Lass mich sofort wissen, wenn sich sein Zustand verschlechtert."
Carson mustert sie und nickt dann kurz.
"Du sprichst wie eine Anführerin.", sagt er dann. Eden muss zweimal hinsehen, um es zu glauben. Auf seinem Gesicht liegt tatsächlich der Anflug eines Lächelns.Simon sitzt an Negans Schreibtisch und rauft sich die Haare. Als Eden eintritt, wird seine Miene noch finsterer.
"Aaah. Boss Nummer Zwei ist erwacht.", begrüßt er sie, seine Stimme trieft vor Hohn.
Eden mustert ihn schweigend und baut sich vor ihm auf. Negan wird sich schon etwas dabei gedacht haben, als er ihr und Simon das Kommando überlassen hat. Oder er fand es einfach nur lustig- wäre ihm auch zuzutrauen.
"Hast du ein Problem damit?", fragt sie kühl, "Denn wenn, sollten wir das gleich klären."
"Hm...lass mal überlegen...", grummelt er, "Was hast du hier bisher geleistet, außer dass du ein paar unserer Leute umgelegt hast?"
Eden zuckt ungerührt die Schultern.
"Die hatten geplant, Negan auszuschalten. Sonst noch was?"
Er zögert kurz, dann schüttelt er verbissen mit dem Kopf.
Und wie er ein Problem damit hat.
"Gut. Dann hör auf, mit dämlichen Kommentaren unsere Zeit zu verschwenden und sag an, was ansteht."
Simon kneift die Augen zusammen, sein Mund ist ein schmaler Streifen.
Eden stöhnt entnervt auf.
"Zuerst sollten wir uns überlegen, wie wir die ganze Sache verkaufen, dass Negan für eine Weile außer Gefecht sein wird.", schlägt sie vor.
"Und was schlägst du da in deiner unendlichen Weisheit vor?", fragt er bissig.
"Dass er für eine Weile an einem der Außenposten ist. Es sollte keiner wissen, dass er verletzt ist."
"Es wissen schon einige davon. Schließlich..."
Eden tritt noch einen Schritt näher an Simon heran. Wie albern er mit diesem Schnäuzer und den buschigen Haaren rund um seine Halbglatze aussieht. Wie ein Clown.
"Dann sorg dafür, dass diejenigen die Klappe halten. Das wirst du ja wohl hinkriegen.", knurrt sie. Simon starrt sie wütend an.
"Und was machst du derweile? Negans Schwanz lutschen? Denn mehr..."
Eden verpasst ihm einen Kinnhaken. Er fällt nicht wirklich hart aus, sorgt aber dafür, dass Simon rückwärts vom Stuhl kippt. Vollkommen überrumpelt strampelt er eine Weile wie ein Käfer, der auf den Rücken gefallen ist, mit den Armen und Beinen. Dann rappelt er sich auf und reibt sich mit einer Mischung aus Zorn und Erstaunen den Unterkiefer.
"Simon, ich war wohl nicht deutlich genug.", blafft sie ihn an, "Ich hab weder Zeit noch Lust, mir deine Scheiße anzuhören!"
Gewalt ist wirklich die einzige Sprache, die diese Bluthunde verstehen. Und sie spricht diese Sprache mittlerweile fließend.Simon funkelt sie wütend an, schluckt aber die unflätigen Bemerkungen, die ihm offensichtlich auf der Zunge liegen, runter.
"Ich sorge dafür, dass niemand weiteres davon erfährt.", meint er schließlich widerwillig.
"Wir sitzen im selben Boot, Simon.", sagt sie eindringlich, "Es gibt Leute hier, die nur auf diesen Moment gewartet haben. Wenn sich verbreitet, was mit Negan los ist, kommt es zu einer verdammten Meuterei. Und dann sind wir beide dran. Ich bezweifle, dass wir dem etwas entgegenzusetzen haben."
Simons Miene ist jetzt ein bisschen weniger ablehnend. Er nickt zaghaft.
"Wohl eher nicht.", gesteht er.
"Dann müssen wir das alles hier verdammt geschickt anstellen- und das gelingt uns nur, wenn wir zusammenarbeiten.", schlussfolgert Eden und lehnt sich an den Schreibtisch, "Und mir ist vollkommen klar, dass du hier mehr Ahnung hast, als ich. Ich tue, was du sagst."
Es ist ein Friedensangebot. Simon zögert einen Moment, nickt dann aber erneut. Er nimmt es an. Erleichtert atmet Eden aus, sie hat tatsächlich die Luft angehalten.
"Ich schlage vor, dass ich mich um alles außerhalb kümmere- die Außenposten, die anderen Communities. Wir werden in zwei Tagen der Oceanside einen Besuch abstatten, Hilltop und Kingdom sind nächste Woche dran.
Und du übernimmst hier im Santuary das Kommando.", er mustert sie kurz, "Was meinst du?"
Eden willigt breitwillig ein. Die letzte Nacht steckt ihr schwer in den Knochen, sie ist unendlich müde und erschöpft und hat wenig Lust, sich jetzt noch ewig mit Simon zu streiten. Sie besprechen ihr Vorgehen für die nächsten Tage, Simon weißt sie in Negans Bücher ein- sie kommt sich vor wie an einem ersten Arbeitstag in einem Büro.
Als alles besprochen ist, nickt Simon ihr zu. Ihr Verhältnis hat sich in der letzten Stunde deutlich verbessert.
An der Tür dreht er sich noch mal zu ihr um.
"Ich versteh langsam, warum er so auf dich abfährt, warum er dir alles durchgehen lässt. Und weil ich das tue, will ich dich warnen:
Du hast, abgesehen von Negan, nicht viele Freunde hier.
Falls uns das hier alles aus dem Ruder läuft, falls Negan sterben sollte, oder gewisse Leute davon Wind bekommen und versuchen den Laden hier zu übernehmen- kann ich ich dich nicht beschützen- selbst wenn ich es wöllte."
Eden starrt ihn für einen Moment an. Dann nickt sie.
"Das ist mir bewusst.", entgegnet sie und es klingt vollkommen entspannt.
Simon irritiert ihr Tonfall sichtlich, er runzelt die Stirn. Dann huscht ein Grinsen über sein Gesicht.
"Haha! Jetzt begreif ich's! Du bist Negan mit Titten. Nun wird mir einiges klar."
Lachend spaziert er aus dem Raum.
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The Girl With The Bat (TWD/Negan FF)
Fanfiction"Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral." Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper Ihre sind grün und seine sind dunkelbraun, fast schwarz. Sie ist eine Einzelgängerin, eine Diebin. Er ist ein Anführer, ein Diktator. Sie beide sind Überlebende. Ü...