Die Axt bleibt in seinem Oberarmknochen stecken. Sie muss sie ruckartig heraushebeln und schlägt erneut zu. Ein Knirschen ertönt, welches ihr durch Mark und Bein fährt. Jetzt kann sie nicht mehr zurück oder einfach aufhören. Sie muss weiter machen. Sie schlägt noch einmal zu. Jacobs Arm endet jetzt eine handbreit unterhalb seiner Schulter in einem blutigen, fransigen Stumpf. Daneben liegt der Rest seines Arms.
Erst jetzt nimmt Eden wieder ihre Umwelt wahr. Jacobs erstickte Schreie, die mittlerweile zu einem Wimmern geworden sind. Den schweren, kratzenden Geruch von Rauch. Die kühle Nachtluft, die über ihre verschwitzt Haut streift. Und das Blut. Oh Gott, das viele Blut. Es ist überall. An der Axt, an ihren Händen, auf dem Boden, in ihrem Gesicht. Überall ist der Geruch von Eisen, er umgibt sie und setzt sich in ihrer Nase fest.
Enid hockt kreidebleich auf dem zuckenden Jacob.
Sie müssen die Blutung stoppen. Irgendetwas tun.
Ausbrennen! Sie hat das mal in einem Film gesehen, hat keine Ahnung, ob es überhaupt funktioniert. Aber sie hat hier nicht die Geräte und Mittel, wie Carson sie hat. Geschweige denn die Möglichkeiten, die ein richtiger Arzt in einem richtigen Krankenhaus hätte. Sie zündet ein trockenes Stück Holz an und streicht damit dicht über den Stumpf. Der beißende Gestank von verbrannten Fleisch und versengten Haaren steigt ihr in die Nase.
Jacob ist nun ohnmächtig, er bekommt von ihrem Gestümper nichts mehr mit. Zum Glück. Endlich hört die Wunde auf zu bluten. Der Stumpf ist ist immer noch fransigen und hässlich rot. Aber es blutet nicht mehr. Dennoch- wenn Jacob nicht in den nächsten Tagen zu einem Arzt kommt, ist er tot.
"Hast du was Sauberes?", fragt sie Enid. Ihre Stimme zittert. Enid zieht kurzerhand ihr Top aus, welches sie unter ihrem Pullover trägt. Besser als nichts. Eden verbindet Jacobs Stumpf so gut sie kann und betrachtet dann ihr Werk. Ihr Blick fällt auf den Unterarm samt Hand der achtlos auf dem Boden liegt. Die Übelkeit schwappt über sie wie eine Welle. Sie wendet sich ab und übergibt sich keuchend.Eine Hand legt sich auf ihre Schulter. Hinter ihr steht Enid, die sie mit großen Augen ansieht. Edens Magen krampft immer noch, sie würgt erneut. Ihre Haare hängen ihr strähnig ins Gesicht. Sie zittert am ganzen Leib, plötzlich ist ihr verdammt kalt. Sie hat Jacob gerade den Arm abgehackt. Oh mein Gott, sie ist voller Blut! Entsetzen erfasst sie. Jetzt nicht hysterisch werden! Durchatmen! Zitternd atmet sie ein und aus. Dann fährt sie sich mit der Hand über den Mund, um den sauren Geschmack des Erbrochenen loszuwerden. Es nützt nicht viel. "I-ich geh mal zum Fluss.", sagt sie zu Enid und steht langsam auf. Ihre Beine sind wackelig. Erneut steigt Übelkeit in ihr auf und sie kämpft sie mit aller Gewalt nieder. "Bin gleich wieder da.", stößt sie hervor und rennt los.
Als sie den Fluss erreicht, bricht die Morgendämmerung an. Sie taucht ihre blutroten Hände in das Wasser. Es ist eiskalt. Dann wäscht sie sich die Blutspritzer, den Ruß umd den Dreck aus dem Gesicht, fährt sich durch die Haare, spült ihren Mund aus. Die Hysterie klingt langsam zusammen mit der Übelkeit ab. Sie setzt sich an den Fluss und zieht die Beine an ihren Körper, legt den Kopf auf ihre Knie. Jetzt, wo das Blut weg ist, geht es ihr ein wenig besser. Sie kann wieder klar denken. Und verdammt, dass muss sie jetzt auch. Sie muss Jacob ins Santuary bringen, zu Carson. Hilltop hat auch einen Arzt, aber es ist zu weit weg. Und wo stecken Maddie und Rahul? Sind sie überhaupt noch am Leben? Und falls nicht, wie bekommt sie Jacob hier weg?
Scheiße. Genau deswegen ist sie lieber allein! Weil es letztendlich immer schief geht und sie in der Scheiße steckt. Und weil sie dann Leuten die Arme abhacken muss. Ein Schauer zieht über ihren Rücken.
Sie steht auf und betrachtet ihr Spiegelbild im Fluß. Viel ist im Halbdunkel der Morgendämmerung nicht zu erkennen, aber sie sieht miserabel aus. Dunkle Schatten liegen auf ihren Gesichtszügen. Erst da bemerkt sie, dass sie eine Wunde unterhalb der Taille hat. Panik steigt in ihr auf. Wurde sie etwa auch gebissen? Dann sieht sie, dass es nur ein Kratzer ist. Wahrscheinlich ein Ast, an dem sie hängen geblieben ist. Darum kann sie sich später kümmern. Sie muss zurück. Sie hat die arme Enid schon viel zu lange allein gelassen.
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The Girl With The Bat (TWD/Negan FF)
أدب الهواة"Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral." Bertolt Brecht, Die Dreigroschenoper Ihre sind grün und seine sind dunkelbraun, fast schwarz. Sie ist eine Einzelgängerin, eine Diebin. Er ist ein Anführer, ein Diktator. Sie beide sind Überlebende. Ü...