Austrian Kisses [ABGESCHLOSSEN✔]

17.

Das Vibrieren meines Handys weckte mich unsanft aus dem Tiefschlaf.
Welcher Arsch weckt mich aus meinem wohl verdienten Schönheitsschlaf?

Genervt schaute ich auf mein Handy. Oh Gott bewahre, ich töte ihn vielleicht doch noch. Er sollte es sich genau überlegen. "Guten Morgen", flötete es aus dem Telefon.

Oh, ich werde ihn sowas von umbringen.
Aber erst nach einer Tasse Kaffee. Oder zwei Tassen.
Oder gleich fünf.

"Wieso rufst du mich so früh am Morgen an, du Penner?", grummelte ich ins Telefon und ließ mich zurück ins Kissen fallen.
"Ist da jemand kein Morgenmensch?", kam es fröhlich zurück.
Wie kann man am Morgen so eine verdammt gute Laune haben? Das ist doch unmöglich.

Aber vielleicht geben sie ihm ja Drogen im Krankenhaus. Interessante Theorie, aber wohl eher dumm.

"Doch, aber nicht wenn so ein Arsch wie du mich wegen nichts so früh am Morgen weckt", knurrte ich schon fast zurück.
"Der Grund warum ich dich anrufe ist. Dramatischer Trommelwirkbel bitte. Ich darf heute raus und eine richtig gute Party heute Abend genießen. Beziehungsweise ich veranstalte meine alljährliche Sylvesterparty."
"Schön für dich. Ist noch was?"
"Ich hab da noch was, aber ich würde das gerne mit dir persönlich besprechen. Kommst du runter in die Lobby des Hotels?"
Mein Hirn musste kurz das eben gesagte verarbeiten.
"Du bist hier? Hä?" Ich schlafe einfach gedanklich noch...
"Kommst du, dann erklär ich es dir", forderte er.
"Gib mir ne halbe Stunde." Ich raufte mir einmal kurz durch die Haare und legte dann das Handy weg.

Jetzt stehe ich schon für einen Kerl auf, so weit ist es also schon gekommen.

Also tapste ich ins Bad und machte mich fertig. Immernoch hundemüde zog ich mir einen Hoodie und eine Jenas an und schlüpfte in meine Stiefeletten.
Ich hoffe, er hat einen triftigen Grund für sein Auftauchen, sonst vermisst er bald was anderes als das snowboarden, nämlich seinen Kopf. Oder seine Männlichkeit.

"Hey.", begrüßte er mich fröhlich und hüpfte auf einem Bein zu mir rüber, um mich zu umarmen.
"Morgen. Was ist so wichtig, dass du mich so früh aus dem Bett schmeißt?"
"Es ist zwölf Uhr, Leo. Das ist nicht mehr so früh."
Verdammt, so lange hab ich geschlafen? Scheiße, das kommt davon, wenn man erst um 4 Uhr ins Bett geht, weil wir so viel Zeit im Schnee verbracht hatten.
"Upps, da war der gestrige Abend wohl viel zu lang", grinste ich verträumt. Aber es hat sich gelohnt.
"Warst du noch nachts auf der Piste?", fragte er mit einer Spur Trauer darin.
Das hätte ich wohl nicht sagen sollen - Mist.

"Jap, aber nur bis 4. Was wolltest du jetzt von mir?" Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf und setzte ein unsicheres Lächeln auf. "Ich wollte heute Abend einen privaten Umtrunk veranstalten, bei mir zu Hause. Und ich wollte dich gerne einladen, auch zu kommen." Vorher war es ne Party, jetzt ein Umtrunk? Okey...
Ungewollt fing ich trotzdem an zu grinsen, Moritz vor mir wirkte unsicher und so gar nicht souverän.
Wie niedlich.

"Ich komme gerne." Ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Kann ich noch jemanden mitbringen?", fragte ich.
"Natürlich. Je mehr Leute desto besser. Aber Lena ist doch abgereist, oder täusche ich mich hier gerade?"
"Das, mein Lieber, bleibt eine Überraschung. Aber sei dir eins gesagt: Lena ist es definitv nicht, die ist daheim." Ich grinste mysteriös, was er mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte. "Ist noch was?"
Er machte den Mund auf, bereit, etwas zu sagen, schloss ihn dann aber doch wieder. "Es ist nichts. Bis heute Abend und mach dich hübsch."
Er stemmte sich auf seine Krücken und umarmte mich zum Schluss noch kurz. "Tschüss, bis heute Abend."
Damit humpelte er auf einem Bein davon.

"Holla die Waldfee, den hat es aber erwischt", erklang plötzlich eine anüsierte Stimmt hinter mir, was mich herumwirbeln ließ.
"Was machst du hier? Du schläfst doch sonst so ewig lange? 13:00 ist doch total früh für dich."
"Der Hunger hat mich getrieben. Und während wir essen erzählst du mir alles über deinen neuen Betthengst."
Ich nickte und zusammen betraten wir den Speisesaal. Ich stürmte sofort auf das reiche Buffett zu und nahm mir reichlich von den Kartoffeln und der Ente.

"Also liebste Leonie, wer war das da eben?", fragte er grinsend.
Erstaunlicherweise wusste Lennard besser Bescheid über mein aktuelles Leben als Lena, obwohl Lennard 'nur' mein Bruder war und Lena meine Schwester.
"Das war Moritz, wir haben uns hier kennengelernt, ist aber nur ein Kumpel." Ich winkte zuckend ab.
"Sicher? In dein Beuteschema fällt er ja genau rein. Vielleicht mal mehr als eine Bettgeschichte?" Ich überlegte kurz. Könnte aus uns was werden? Bisschen mehr als Freundschaft Plus?

"Nein, erstmal nicht. Irgendwie gerade kein Bock, und selbst wenn, er wohnt hier und ich in Hamburg - das sind hunderte an Kilometern."
"Aha! Du stellst dir also vor, eine Beziehung mit ihm zu haben." Wie ein kleines Kind klatschte mein Bruder in die Hände und strahlte bis über beide Ohren.
"Komm mal runter, ich denke, wir sehen das beide gleich: nur Freunde."

Dafür bekam ich einen Dein-Ernst-Blick von ihm, komplettiert mit einer hochgezogenen Augenbraue. "Also da sagen seine Gesten und seine Blicke dir gegenüber was anderes."
"Sicherlich." Ich zeigte ihm den Vogel und lachte ihn aus.
"Ich bin ein Mann, ich weiss, wann ein Typ sich verliebt hat, und das ist bei diesem Prachtexemplar hier der Fall."
"Stimmt, heiß ist er schon."
"Oh Gott, meine kleine, große Schwester hat sich auch mal wieder verliebt. Du hast nicht mal gemerkt, dass ich ihn Prachtexemplar genannt hab, ein klares Zeichen für Verliebtheit und zwar fett."
"Ach quatsch." Ich winkte ab. "Lieber nicht, viel zu kompliziert und Liebe lässt sich nicht gut mit Leben kombinieren."

Er starrte mich fassungslos an. "Liebe und Leben lässt sich nicht gut kombinieren? Schwesterherz, denk mal weniger pragmatisch und mehr emotionsgesteuert."

Seit wann war mein Bruder so ein Poet? Jedenfalls noch nicht, als ich ausgezogen war.

"Nein, danke. Pragmstismus tausche ich niemals gegen Emotionen. Pfui, fast so schlimm wie ein Virus... oder das leicht übergewichtige Kind mit dem Köcher, Pfeil und Bogen."
"Haha ok, Amor ist echt hässlich, da muss ich dir recht geben. Was ziehst du eigentlich heute Abend an?"
"Jeans, Sneaker und einen Pulli?", entgegnete ich schulterzuckend. "Nein, nein und nochmals nein. Du ziehst nicht sowas hässliches an. Hast du ein Kleid dabei?" Ich verneinte.
"Dann gehen wir gleich shoppen."
"Ach ja, willst du heute Abend mitkommen?", fragte ich noch schnell.
"Na klar, mal sehen, wie dein Lover reagiert, wenn du mit mir ankommst. Weiss er, dass wir Geschwister sind?"
Ich verneinte erneut. "Dann wird das heue Abend äußerst witzig und eine Kostprobe von Eifersucht."
Er grinste hämisch.

Was hatte mein bekloppter Bruder jetzt wieder für einen Plan ausgeheckt?