Austrian Kisses [ABGESCHLOSSEN✔]

5.

Ich sehe aus wie eine Leo - lol.
Das hab ich noch nie zu hören bekommen! Dementsprechend grinste ich auch leicht. "Du siehst aber um ehrlich zu sein nicht nach einem Moritz auch. Der Name kommt doch aus Deutschland, oder liege ich da falsch?"
"Na, du bist schon richtig. Meine Mama kommt aus Niedersachsen, mein Papa ist Österreicher."
"Aber du wohnst schon immer hier in Innsbruck?" Er nickte verträumt lächelnd. "Oh ja, und ich würde nie woanders hinziehen wollen."
"Ich würde Hamburg auch nicht verlassen, so schön ich Innsbruck und generell Österreich finde."
"Also bist du nur saisonell hier?"
"Ich mache hier nur Urlaub, hab gerade mein Studium beendet." Ich zuckte mit dem Schultern, so als ob so ein Master nichts wert wäre.
"Na, herzlichen Glückwunsch. Dann kann ich mir die Frage, was dich hierher führt, auch schenken. Bei mir ist's schon was länger her."
"Achso." Mit einem netten Lächeln widmete ich mich den Bindungen meines Snowboards. Irgendwas hatte da eben so verdächtig geklickt.
"Ist das dein eigenes Snowboard oder nur geliehen?"
"Ist mein eigenes. Bei Blue Tomato gabs dieses hübsche Baby und ich konnte nicht widerstehen." Verträumt streichelte ich über die Kante meines wunderschönen Boards.
Wie viel Überredungskunst es mich doch gekostet hatte, mir das zu meinem Abi zu finanzieren, aber das hat sich alle Mal gelohnt, mein Baby ist mein Ein und Alles.
Wenn es sein muss, würde ich es sogar heiraten, bei dem muss man immerhin keine Angst haben, dass es anstrengend wird.

"Wow, lohnt sich das dann überhaupt für dich? In Hamburg fällt garantiert net so viel Schnee, oder?"
"Ne, da fällt so gut wie nie Schnee, aber dafür komme ich ja hierher. Damit es sich lohnt." Und ich abschalten kann von allem fügte ich gedanklich noch hinzu.
"Wenn ich das sagen darf, es schaut sehr gut aus." Er hob prüfend den Daumen und grinste mich an.
"Willst du gar nicht mal springen?"
"Natürlich. Wir sehen uns gleich wieder." Er stand aus dem Schnee auf und fuhr auf die Rampe zu.

Und damn it, der Typ hat es definitiv drauf. Er fuhr rückwärts drauf zu und drehte sich dann seitwärts kombiniert mit Schrauben, bis er dann mit dem Rücken zuerst im Kissen landete.
Ok, Österreicher, der fährt bestimmt schon Ski seit er laufen kann.

"Hey, mach den Mund zu. Das war nicht so cool, bin blöd gelandet." Er zuckte belanglos mit den Schultern.
"Ach quatsch, das sah ganz gut aus." Ein leichtes Lächeln schmückte fortan sein Gesicht. "Danke Mylady."
"Gerne Mylord." Auch ich musste grinsen. Jetzt zog er sich auch die Mütze vom Kopf und entblößte damit einen blonden bis braunen Haarschopf. "Also deiner Haarfarbe und deinem Teint nach zu urteilen könntest du auch locker als Australier durchgehen.", bemerkte ich.
"Du aber auch, blonde Haare, gebräunte Häut - surfst du?"
Ich nickte lächelnd. Mein Surfbord wartete Zuhause auf mich, jetzt warteten Ski und Snowoard aber erstmal - auch wenn ich eher der Sommertyp war, der die Sonne fast schon heiraten könnte.
"Witzig, ich auch. Mein Surfbrett wartet in meiner Wohnung."
"Du sagst es, das selbe habe ich gerade gedacht."
"Du hast das selbe gedacht? Irgendwie komisch diese Situation, ich meine, wir kennen uns kaum, aber haben wohl die gleichen Hobbys."
"Sieht so aus, von mir aus können wir uns aber näher kennengelernen."

Minimal plumpe Anmache, aber Freundschaften kann man ja immer gebrauchen, oder?
"Internationale Freundschaften." Ich nahm gespielt ernst den Finger ans Kinm. "Hat schon was."
"Na dann machen wir's förmlich." Er streckte mir die Hand entgegen. "Grüß Gott, ich bin Moritz van Dyjk."
"Leo Franke. Hast du auch noch was Holländisches an dir?"
"Meine Opa mütterlicherseits war Holländer. Ist ne ganz coole Sprache."
"Und coole Leute. Und Käse. Und Drogen. Und Alkohol. Und die Flüsse und Häuser. Und ganz Amsterdam ist toll. Warst du schon mal dort?"
Er schüttelte traurig den Kopf. "Nein, noch nie. Immer, wenn ich was gebucht hatte, kam irgendetwas dazwischen."
"Schade drum, Amsterdam ist wirklich wunderschön.", schwärmte ich. Es entging mir dabei nicht, wie seine Mundwinkel etwas nach unten rutschten. Was ist denn da los?
"Du kommst bestimmt noch hin, es gibt ja Flüge oder einfach ein Auto, Zug oder Trampen."
"Ja, wird schon irgendwie." Ein schiefes Grinsen zierte sein Gesicht.
"Klaro." Ich gab ihm spielerisch einen Schlag gegen den Oberarm.

"Krass, was trainierst du? Deine Oberarme sind ja aus Stahl!"
"Fitnessstudio." Er zuckte grinsend mit den Schultern und hob dann die Arm. "Oh shit, Mittagessenszeit."
"Oh yes." Ich trommelte mit meinen Fingern auf meinem Snowbord rum.
"Hört sich doof an, aber wollen wir zusammen Mittag essen?"
"Hört sich nicht doof an, aber trotzdem sehr gerne."
"Wer zuerst an der Hütte ist!", rief ich und sprang auf. Direkt neben dem Stuntpark lag die schwarze Piste, auf die ich dann zusteuerte. Kurz drehte ich meinen Kopf, um sicher zu gehen, dass Moritz wohl nicht so schnell sein wird - nein, er war eher langsam.

Die schwarze Piste ging nahtlos über in die rote Piste. Fairnesshalber bremste ich kurz ab, sodass es Schnee spritzte. Mit einem fetten Grinsen und in die Hüfte gestemmten Händen erwartete ich ihn. "Hallo Schnecki, Anfahrt war net gut?"
"Du hattest Vorsprung - und zwar sehr viel. Das war nicht allzu fair."
"Wir gehen irgendwann nochmal zusammen auf die Rennbahn."

"Heißt das, wir sehen uns wieder?", fragte er augenbrauenwackelnd und grinsend. "Joa, denk schon. Bist'n cooler Typ. Gefällt mir."
"Na dann auf zur nächsten Etappe." Dieses Mal war ich überrascht und diesen Überraschungsmoment nutzte dieser Arsch eiskalt aus.
Doch mein Bord war gut gewachst und so war ich bald schon gleich auf mit ihm. Mein überlegenes Grinsen konnte man wohl auf hundert Meter Entfernung noch sehen.

Das kleine, braune Hüttchen kam in Sichtweite und ich versuchte, irgendwie noch weiter zu beschleunigen - was nicht so schlau war, denn die Hütte kam mit rasanter Geschwindigkeit näher, der Hang wurde aber nochmal etwas steiler.
Verdammt.
Mit zwei explosiven Bremsungen kamen wir jeweils nebeneinander zum stehen und blickten uns an, nur um sich dann den Bauch vor Lachen zu halten. Zwei Dumme, ein Gedanke.

"Hey, ihr zwei. Das geht aber so nicht!", rief uns etwas ältere Frau auf Skiern zu. "Immer diese Jugendlichen", kam dann noch murrend hinterher.
"Na, wen haben wir denn da?", meldete sich plötzlich die Stimme meiner Schwester.
"Lena, das ist Moritz. Moritz, meine Schwester Lena. Bevor du fragst: Ja, sie ist wirklich meine Schwester."
"Hi" Beide gaben sich freundlich lächelnd die Hand.
"Wollen wir dann?" Ich machte eine ausladende Handbewegung in Richtung eines freien Tisches.
Sonst würde mich mein Magen wohl töten für Essen - oder mich von innen aufessen.
Was denk ich da denn schon wieder?

"Also Moritz, wie alt bist du, was machst du so, wie habt ihr euch kennengelernt?", löcherte sie ihn direkt mit Fragen, ich hätte mir am liebsten dafür die Hand ins Gesicht geschlagen. Wieso kann meine Schwester nicht einmal nicht peinlich sein zu anderen Leuten?

"Ich bin 26, komme hier aus Innsbruck und habe mein Studium gerade beendet. Wir haben uns lustigerweise gerade eben erst kennengelernt, durch Zufall."

Und das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft - nein, Spass, so langweilig wird es dann doch nicht mit uns beiden, das wusste ich wohl.