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Meine liebsten Leser,
es tut mir so unendlich leid, dass schon wieder nichts kam. Ich war die letzten 12 Tage im Urlaub mit meiner Familie, die ich ewig nicht gesehen habe, Auslandsstudium eben.
🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀🍀

Müde schlug ich die Augen auf. Scheiß Sonne, wieso musst du mich gerade jetzt wecken? Es ist doch noch so früh.

Vorsichtig richtete ich mich auf. Ok, keine Kopfschmerzen und auch keine Übelkeit - sauber überlebt, aber ein Freudentänzchen wäre jetzt definitiv zu viel des Guten.
Trotzdem ließ ich mich entkräftet wieder in mein Bett fallen.
Heute war schon der 1.1, das heißt der achte Tag des Urlaubs ist schon angebrochen - verdammter Mist.

Erneut richtete ich mich auf und schaute mich um. Immerhin war ich nach der Party gestern noch nach Hause gekommen. Aber hatte ich eigentlich meinen Bruder dabei gehabt?

Die Frage wurde mir beantwortet, als ich jemanden vom Boden aus stöhnen hörte. "Lennard?"
"Oh Gott." Er rieb sich die Augen und verzog das Gesicht. "Wie viel Uhr haben wir?" Ich schaute auf den Wecker. "Wir haben 15:00 Uhr. Wieso liegst du auf dem Boden?"
"Keine Ahnung. Ich glaube, du wolltest gestern, dass ich bei dir bleibe, aber keine Ahnung wieso."
"Ich wollte was? Wie viel habe ich denn bitte getrunken?"
"Jedenfalls noch eine Menge."

"Wollen wir heute Neujahrslaufen auf der Piste?", fragte ich. "Gute Idee, aber wäre das deinem Lover gegenüber nicht unfair?"
Ich schmiss ein Kissen nach ihm. "Er ist NICHT mein Lover. Wann schnallst du es endlich?"
"Und wieso habt ihr euch dann gestern Abend geküsst?"

Fuck.

"Weil er genau so wie ich zu viel gesoffen hat und dann ist es halt passiert. War nichts bedeutendes, nur was einmaliges." Er zeigte mir den Vogel. "Das glaubst du doch wohl selber nicht. So wie ihr euch abgeschlabbert habt, das war sicher nichts einmaliges."
"Halt die Klappe kleiner Bruder, du verstehst das nicht."
"Das war kein Nein Schwesterchen." Er stand quälend langsam auf und schnappte sich seine Karte fürs Zimmer. "Wir sehen uns um 15:30 Uhr in der Lobby." Damit verschwand er aus meinem Zimmer und ließ mich nachdenklich zurück.

Es war doch was einmaliges gestern Abend? Ein kleines Küsschen unter Freunden. Kurz gesagt, ein Fehler.
Unter Alkoholeinfluss - also nichtig.

Meine Beine schwang ich über die Bettkante und streckte mich ausgiebig. Danach ging ich erst mal in das Bad und guckte mich im Spiegel an. Zum Glück hatte ich es noch geschafft, mich abzuschminken und Zähne zu putzen.

Nachdem ich mich also neu geschminkt und Körperpflege betrieben hatte zog ich meine Skiklamotten an und schnappte mir meine Snowboardschuhe.

"Da bist du ja endlich." Unten erwartete mich mein ungeduldiger Bruder, der schon auf und lief.
"Kleine Heulsuse. Jetzt komm." Mit schnellen Schritten ging ich raus, den kurzen Weg zum Lift.
"So und jetzt nochmal? Ich bin also freiwillig alleine ins Bett gegangen?"
"Nicht ganz." Er kratzte sich am Hinterkopf. "Du hast mit mir und den anderen noch eine ganze Flasche Korn kurz getrunken. Dann... ähm... ja... wolltest du mit ihm auf die Couch, schlafen, aber ich konnte dich nach Hause zerren. Sonst hättest du einen Fehler gemacht."
Oh scheiße, und das alles nur wegen ihm!

Endlich konnten wir den Bügel hochklappen und wieder auf die Piste - wo wir ja so lange nicht mehr waren.
"Stuntpark?" Ich guckte meinen Bruder an und er antwortete mir mit einem Nicken. Also nahmen wir den Ankerlift noch eine Etage höher.

Die Sonne strahlte uns entgegen und wärmte angenehm mein Gesicht.
"Ist schön hier, nicht wahr?", murmelte Lennard. "Glatt zum Verlieben."
"Na, jetzt komm. Das riesige Kissen wartet nicht."

Also stand ich wieder auf und fuhr ein Stück bis zum Eingang dieses riesigen Parks. Überall standen Rampen und Geländer rum.
"Los, wer die krasseren Tricks bringt, gewinnt."
Das konnte auch nur mein Bruder brigen, immer musste man gegeneinander einen Wettstreit führen. Aber im Endeffekt waren wir beide so, Lena unterschied sich da total von uns beiden. Sie mochte es lieber entspannt und mit wenig Sport. Lemnard und ich dagegen waren Adrenalinjunkies.

Genau so sprang ich jetzt auch auf ein Geländer und schlidderte ohne Sturz sauber drüber. Das ganze wiederholte Lennard nach mir erneut.

Plötzlich spürte ich in meiner Hosentasche ein Vibrieren.
Ich hob die Hand, bremste und ließ mich dann in den Schnee plumpsen. "Hi, hier ist Leo Franke.", meldete ich mich standatisiert.
"Hi, hier ist Moritz." Fast ließ ich mein Handy fallen, so erschrocken war ich, seine Stimme zu hören.
Verdammt, was tut dieser Mann nur mit mir?
"Ich... ähm... wollte fragen, ob du heute noch Zeit hast."
"Klar. Kannst du mit den Krücken zu der Gaststätte auf der Piste?"
"Bekomm ich irgendwie hin. Um 17:00 Uhr?" Ich bejahte. "Ok, bis gleich."
Ich legte auf.
"Wer war denn das?", fragte Lennard neugierig. "Morizz. Will sich mit mir treffen." Ich zuckte belanglos mit den Schultern.
"Und du lässt ihn auf die Piste kommen? Er hat einen Gipsfuß und du hast nichts besseres zu tun als ihn hier hoch kraxeln zu lassen? Respekt, du mega soziales Mädchen."
"Ich weiß." Grinsend verbeugte ich mich und stand auf. "Los, ich will noch mindestens einmal ins Kissen springen. Also beweg deinen Arsch." Zuerst auf die Knie und dann wieder stehend fuhr ich auf die Rampe zu, drehte mich ein paar mal in der Luft und landete dann butterweich im roten Kissen.

"Der war mega geil!", schrie mein Bruder mir zu. Ich verneigte mich lachend vor ihn und löste einen Fuss aus der Bindung, um wieder hoch zu ihm zu laufen.
Auch er wiederholte das eben gesehene von mir und stand wenig später wieder neben mir.
"Auf geht's, in die Hölle.", murmelte ich und ließ mein Bord den Hang runtergleiten.
Auch wenn er es nicht explizit genannt hatte, so war es doch jedes Mal wieder ein inoffizielles Rennen, welches wir uns lieferten.

Dieses Mal gewann ich und jubelte entsprechend glücklich. "Glückwunsch. Ich muss weg."
Entsetzt sah ich ihn an. "Ich brauche aber brüderliche Unterstützung."
"Ich treffe mich noch mit Caro, dem Mädchen von gestern Abend, ich hoffe, du erinnerst dich?" Ich nickte.
"Ist mein Bruder verliebt?"
Er winkte nur lachend ab und fuhr davon.

Ich schnallte mein Bord von den Füßen und lehnte es gegen das Geländer der kleinen Gaststätte.
"Hey." Er schaute von seiner Tasse auf und grinste, als er mich sah. "Ebenfalls hi."

Austrian Kisses [ABGESCHLOSSEN✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt