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Moin Leutis,
es tut mir wahnsinnig leid, dass wirklich nichts von mir zu hören war die letzten Tage (oder Wochen, ich habe keine Ahnung, mein Gehirn ist matsch nach den ganzen Prüfungen und Hausarbeiten) Jetzt bin ich aber zurück. *Applaus, Applaus*
Also auf baldig viele Kapitel😊
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Ausgiebig streckte ich mich. Meine Arme in die Luft, die Beine weit von mir. Ein Lächeln im Gesicht. Doch als ich die Augen öffnete, verflog das Lächeln.
Ich war definitiv nicht daheim im Hotel und auch nicht oben auf dem Dach, aber wo war ich dann gelandet?

Ich wand meinen Kopf nach rechts und sah eine riesige Fensterfront, dann nach links, ein schwarzer Kleiderschrank. Vor mir eine Kommode. Und was hatte ich da überhaut an? Das Shirt war ja ein bisschen zu groß und die kurze Hose erst - wie ein Sack rutschte sie runter.

Doch dann fiel mir alles wieder siedend heiß ein. Ich war bei Moritz geblieben, da wir bis circa 4 Uhr in den Himmel geblickt und gequatscht haben. Unfassbar, dass ich mit ihm so lange gequatscht habe, das schaffe ich nur selten mit Freundinnen oder so.

Aber wo ist dann mein Gastgeber?

Vermutlich in der Küche, so wie es hier nach Rühreiern roch. Dem Geruch folgte ich und beobachtete seine Rückansicht beim Kochen. Grinsend im Türrahmen lehnend musterte ich ihn: Seine blonden Haare standen wirr in alle Richtungen ab, seine Schlafshorts war hochgerutscht und das Shirt hatte er ausgezogen. Man sah einfach nur Muskelpakete auf den Schultern und am Rücken. Er sah definitiv heiß aus, so wie er da stand und am Herd rumkochte. Das kommte ich nicht leugnen.
"Mist", rief er dann plötzlich und hielt sich die Hand. "Guten Morgen.", begrüßte ich ihn. "Hast du dich verbrannt?" Ich nahm seine Hand in meine und begutachtete die roten Stellen auf seinem Handrücken. "Nur ein ganz bisschen." Ein bisschen? Die Stelle ist knallrot! "Die Stelle ist ein bisschen mehr als ein bisschen. Halt sie unter kaltes, fließendes Wasser. Ich rette dein Essen." Wobei ich es wahrscheinlich eher noch mehr versaue als gut mache, fügte ich gedanklich noch hinzu. Mit meinem Kochtalent ließ ich sogar Nudeln widerwärtig schmecken.

Nach ein paar Minuten, in der ich schweigend im Ei rumgerührt hatte, schnappte ich mir noch eine Schüssel und schüttete es herein.
"Ich geh dann mal wieder ins Hotel zurück. Sehen wir uns später noch?" "Stopp, halt. Du bleibst hier, ich habe extra Frühstück gemacht."
"Aber deine Eltern-" Ich ließ den Satz unvollendet im Raum stehen. "Meine Eltern sind nicht da. Du setzt dich jetzt hier hin und isst mit mir. Das ist mein letztes Wort, keine Wiederrede." "Ich muss wirklich gehen. Sorry." Ich deutete mit den Fingern auf die Tür. "Du kannst doch jetzt nicht-", rief er mir noch hinterher, doch ich hatte mir schon meine Sachen geschnappt und war aus der Tür verschwunden. Oh man, wieso manövriere ich mich nur immer geradewegs in so einen Bockmist rein?

In meiner Hosentasche summte aber prompt, direkt nach Verlassen des Hotels, in meiner Hosentasche.
"Moin", meldete ich standesgemäss. "Servus, der Moritz hier. Bevor du auflegst, lass mich ausreden."
Woher wusste er, dass ich auflegen wollte? Verdammt, wir verbrachten definitiv zu viel Zeit miteinander. "Leo, ich habe heute einen Termin in der Kletterhalle in Innsbruck. Mein Freund ist abgesprungen, jetzt hab ich also keine Begleitung mehr. Hast du Lust?" In die Kletterhalle? Klettern? "Ich denke schon. Ja. Ja, ok. Wann?" "Um 12. Ich hol' dich ab. Und zieh' Sportsachen an." Ich nickte. "Bis nachher."

Ob das die richtige Entscheidung war, sich schon wieder zu treffen, nachdem ich geflüchtet war? Leo, du reitest dich immer mega tief in die Scheiße rein - und zwar tiefer als tief.
Endlich in Hotel angekommen stopfte ich dann schnell meine Sportsachen in meine Tasche und lief wieder zurück in die Lobby.
"Hey Leo", sagte jemand hinter mir mit tiefer Stimme und schlang seine Arme um meine Taille. Und dann machte ich das, was ich im Selbstverteidugungskurs gelernt hate: Ich verpasst meinem Angreifer einen Tritt in die Kronjuwelen, packte seinen Arm und warf ihn über meine Schulter vor mir auf den Boden.
"Scheiße!"

Ja Leo, herzlichen Glückwunsch, du hast gerade deinen Kumpel fast zeugungsunfähig gemacht und oder oder sein Rückgrat gebrochen. Denn vor mir lag ein stöhnender Moritz, der seine Lippen eng zusammen gepresst hatte vor Schmerz.
"Hey Moritz, wie geht's deiner Hand?" Aber er lag immer noch unter mir, sich windend auf dem Boden. Ich kniete mich neben ihm. "Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid Moritz. Ich habe dich für einen Vergewaltiger gehalten, entschuldigung", murmelte ich und half ihm, sich aufzusetzen.
"Das nächste Mal sagst du mir aber Bescheid, wenn du mich für einen Vergewaltiger hälst. Wollen wir los?" "Wenn es dir wieder soweit gut geht, dann gerne." Ich lächelte schüchtern und ergriff seine Hand. Langsam und mit zusammen gebissenen Zähnen erhob er sich und trottete - mit einem komischen Gang - neben mir her.

Im Auto und in der Einführung zum Klettern war dann komplett Stille. Erst, als wir zusammen etwa drei Meter über dem Boden hingen, wohl gemerkt ungesichert, ergriff Moritz das Wort. "Und? Gefällt es dir?"
"Oh ja." Und wie es mir gefiel. Es war zwar sau anstrengend und meine ganzen Muskeln brannten, aber was solls? Die Kicks, die ich durch die Höhe bekam, waren umso berauschender. "Sowas machen mein Cousin und ich öfter, aber heute ist ihm wohl irgendwas dazwischen gekommen." Ich nickte, darauf konzentriert, sauber den Abstieg zu schaffen und heil unten anzukommen.

Doch genau zu meinem Pech rutschte ich mit meinem Fuß ab. Panik stieg in mir auf. Mein Körper hing an meinen Händen. Die schwitzig wurden. Und brannten. Höllisch weh taten. Meine Schultern töteten mich fast.
"Lass dich fallen, es sind nur drei Meter. Versuch, mit gebeugten Knien zu landen", schrie Moritz mir von weiter oben zu. Meine Augen presste ich zusammen und ließ dann los.

Und landete, sachte, auf der Matte unter mir. Mit einer katzenhaften Eleganz, meiner Meinung nach.   "Alles ok?", fragte ein Betreuer mich, nachdem ich einmal tief ein- und ausgeatmet hatte. "Ja, alles in Ordnung", erwiderte ich lächelnd. "Perfekt." Der Typ reckte seinen Daumen nach oben und entfernte sich   dann wieder von mir. "Ist wirklich alles ok?", fragte Moritz nun auch besorgt und musterte mich von oben bis unten. "Ja, wirklich alles ok." Bis auf den kleinen Kratzer an meinem Arm, den er jetzt auch zu bemerken schien. Er trat einen Schritt auf mich zu und schaute mir tief in die Augen. "Tut dir wirklich nichts weh?" Doch ich war unfähig zu antworten. Diese blauen Augen fesselten mich. Wie paralysiert starrte ich ihm in die Augen und verlor mich in ihnen. "Leonie", hauchte er. Noch niemand hat meinen Namen je so gut ausgesprochen. "Moritz", hauchte ich zurück.

In meinem Kopf ging eine Alarmglocke an. Was tat ich hier eigentlich? Jedenfalls nicht das, was ich sollte und wollte. Mist, mist, dreifacher Mist!

Schnell trat ich einen Schritt zurück. "Wollen wir noch eine Runde weiterklettern?" Innerlich lobte ich mich, einfach so tun, als wäre dieses Knistern eben gar nicht vorgekommen.

Austrian Kisses [ABGESCHLOSSEN✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt