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Und jetzt stand ich hier, in einem engen Raum, mit 29 Mitspielern und zog mir eine blinkende Schutzweste an. Die Chipkarte in meiner Hand glühte, versenkte fast meine Haut. Sie war bereit, eingesetzt zu werden und ich war bereit, sie einzusetzen.
"Na, aufgeregt?", fragte Moritz schelmisch grinsend neben mir. Auch er hatte wie ich eine Weste an. "Hast du schon mal gespielt? Also weißt du, wie es geht?" Ich schüttelte mit dem Kopf. "Nein, leider nicht, aber ich nehme an, die Regeln sind einfach: Einfach treffen?"
"Dazu keine Gewalt oder Beleidigungen. Welches Team?"
"Team?", fragte ich irritiert.
"Warte, gib mir mal deine Karte." Ich gab ihm meine Karte und er hielt sie an den Sensor meiner Kanone. "Team Grün. Dann spielst du gegen mich. Möge der bessere gewinnen. Und viel Spass bei dem besten Spiel der Welt." "Werde ich haben. Dir auch viel Glück." Ich hielt meine Kanone wie bei Ghostbusters vor mich und stellte mich an die Schleuse.

Der Countdowan ertönte und zählte von zehn runter. Mit jeder Sekunde, die verstrich, rauschte mehr Adrenalin durch meine Adern und ließ meine Sinne schärfen. Meine Augen wurden größer und meine Hände schwitzig vor Aufregung.

Dann ging die Flügeltür auf und wir alle hatten wenig Zeit, uns zu verstecken. Meine Augen registrierten eine kleine Plattform vor mir mit einer Leiter, die ich schnell erklomm. Zusammengekauert wartete ich also so auf das Startsignal.

Mit einem lauten Tuten waren jetzt also die Spiele eröffnet, jetzt hieß es grün gegen rot - Moritz gegen mich und noch ein paar andere.
Team Grün war überwiegend auf kleinen Plattformen verteilt, doch ich hatte die Grösse der Arena unterschätzt. Sie war riesig, überall waren Plattformen, Büsche und Verstecke eingebaut. Winkel und Ecken waren überall zu finden, doch natürlich sah man die Leuchen der Teams an den Schultern.
Sofort fing ich an, Menschen aus Team Rot zu beschießen, dabei wohl aber bedacht, mich selber nicht in Gefahr zu bringen. Also hieß es: Zielen, Ducken, Zielen, Ducken im Wechsel.

Irgendwann wurde Rumhocken aber zu langweilig, also wagte ich mich fort, weg von Sicherheit, rein ins Abenteuer - ins Labyrinth.
Wahrlos bog ich erst links, dann rechts, dann wieder links ab.
Da. Dann rote Leuchten! Viele Rote! Auf Zehenspitzen schlich ich also hinter eine Ecke und richtete meinen Laser auf das Grüppchen. Das Feuer war eröffnet, denn sogleich hörte man mehrere "Mist" oder "Scheisse" oder "Wir werden beschossen!" von den Personen, die ich traf. Genau das ließ mich dauernd grinsen, so breit und so lang es nur ging.

Auf leisen Sohlen schlich ich weiter durch das Labyrinth, immer auf der Suche nach Roten! Und da hatte ich meinen Lieblingsroten gefunde:
Erneut schlich ich auf leisen Sohlen leise dicht an ihn heran, richtete meinrn Laser auf ihn - und schoss.
Er drehte sich sofort um und guckte mich amüsiert an. "Na warte Leo! Dich bekomme ich zu fassen!" Damit jagte er mir nach. Ich rannte, immer noch grinsend, schlug Haken, bog rechts, links, links, rechts ab. Einmal, zweimal schaute ich mich zu ihm um. Irgendwann war er dann weg. Meine Füsse stemmte ich deswegen in den Boden und stoppte gerade noch rechtzeitig vor der Wand, bevor ich einen schönen Kuss mit der Wand gehabt hätte - inklusive Erinnerung.

Plötzlich vibrierte mein Laser und ich schaute mich händeringend um. Bis ich jemanden entdeckte. Sofort ging ich in die Hocke und versteckte mich hinter den Büschen. Sorry Moritz.
Aus meinem Gebüsch heraus knallte ich dann auf ihn, bis das laute Tuten ich aus meinem Adrenalinrausch riss.

"Nochmal!", grinste ich, als wir gemeinsam die Arena verließen. "Erstmal nicht. Hat es dir gefallen?" "Und wie! Woher wusstest du, dass ich Action - Moritz, du musst mir nicht immer alle Türen aufhalten, ich komme mir albern vor.", mahnte ich ihn, als er mir Eingsgstür und Autotür aufhielt. "Doch, es ist meine Pflicht als Kavalier, sowas für eine Frau zu machen. Alle, die net so galant sind, sind Lappen ohne Anstand.", erklärte er, während wir langsam durch die Straßen Innsbrucks fuhren.
"Ok, in gewisser Weise hast du recht. Ich denke auch, dass auch Männer in der heutigen Zeit einen gewissen Standard an Manieren und Anstand haben müssen. Sonst ist es einfach nur nicht mein Geschmack."
Das lockte ein seliges Grinsen auf sein Gesicht. Wieso grinste er jetzt so?

Den Rest der Fahrt beobachtete ich den Himmel über Innsbruck und die Nacht, die schon hereingetreten war. Gott, wie ich Sterne liebe. "Was starrst du so fasziniert aus dem Fenster?" "Ich schaue mir die Sterne und den Nachthimmel an. Wunderschön, habe ich recht?" Er kratzte sich am Hinterkopf und blickte einmal kurz durch die Frontscheibe." Ja, schon schön." Empört drehte ich mich um. "Du hast ja nicht einmal richtig geguckt, also kannst du nichts sagen." "Entweder fahren oder gucken, und wenn du sicher nach Hause willst, dann nehme ich die Option Fahren. Ich will dich ja nicht in Gefahr bringen und einen Unfall provozieren, der dich und mich das Leben kosten kann. Den Himmel hab ich schoft oft genug gesehen, aber was fasziniert dich denn überhaupt so daran?"

"Der Himmel ist so unendlich, mit leuchtenden Sternen. Und jeder Stern ist etwas Besonderes, einzigartig Strahlendes. Sterne sind für mich der Inbegriff von Freude, denn irgendwie erhellen sie, zusammen mit dem Mond, die dunkle Nacht und machen sie, auch wenn es mal schwarz ist, hell - sie kümmern sich prktisch darum, dass selbst sie dunkelste Stunde in deinem Leben nicht mehr ganz so dunkel erscheint und zumindest ein wenig ertelöt wird. Diese unendlichen Weiten, die es dort oben gibt, wollte ich als Kind schon immer erforschen, deshalb wollte ich eigentlich auch Astronautin werden und zum Mond fliegen. Bis meine Mama mir erzählt hat, dass russisch für einen Astronauten zwingend nötig ist. Dann war's das mit dem Weltraum und Jura fing an, mich zu interessieren. Aber irgendwie hat mich die Faszination Weltraum nie losgelassen."

Den Rest der Fahrt hing jeder seinen Gedanken nach. Ich für meinen Teil schaute aber nur in die unendlichen Weiten des Sternenhimmels über mir. Dass man die Sterne hier überhaupt sah, grenzte an ein kleines Wunder. Und doch fühlte ich ein gewisses Heimatgefühl, eben wegen diesen von mir so geliebten Sternen. In Hamburg muss man immer so weit raus auf das Land fahren, wenn man überhaupt mal Sterne sehen will - oder die Wolken verdecken alles. Und damit meine ich wirklich alles, denn norddeutsches Wetter war schlecht und unberechenbar. Jeder, der hier wohnte, empfand eine Hass-Liebe mit dem Wetter.

"Wir sind da." Moritz holte mich aus meinen Gedanken über meine Heimat, indem er mir wieder die Tür aufhielt . Irritiert blickte ich mich um. "Das hier ist aber nicht mein Hotelzimmer oder sowas in der Art. Wo hast du mich hin entführt? "
"Wir sind bei dem Penthouse meiner Familie. Du liebst doch den Sternenhimmel so, also dachte ich, also nur vielleicht und eventuell, ähm, tja... willst du noch ein bisschen Sternegucken mit mir auf dem Dach?"

Austrian Kisses [ABGESCHLOSSEN✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt