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Biologie. Die letze Stunde für meinen heutigen Schultag endete in weniger als zehn Minuten und das peinliche Schweigen in meiner Sitzreihe wurde mit jeder Sekunde unbehaglicher.

Als ich mich nach der Pause von Ruby verabschiedete und in den zweiten Stock ging um mein Nebenfach abzusitzen, bemerkte ich wie Noah durch die Tür meines Kursraumes ging.
Ich hätte mich am liebsten wie ein kleines Kind auf den Boden geworfen und protestiert, stattdessen folgte ich ihm in den Raum.

Doch zu meinem Glück war er allein und der Rest der Gruppe nicht anwesend. Immerhin.

Ich musste Biologie wählen, da ich für meinen Abschluss ein Naturwissenschaftliches Fach brauchte und auch wenn ich nichts von Neuro oder Genetik verstand, war es besser als Mathematik.

Ich setze mich in die hinterste Reihe und bereitet mich auf eine langweilige Stunde vor, platzierte gerade meinen Kopf auf meiner Tasche als ich seine tiefe Stimme hörte:"Das ist mein Platz."
Ich schaute erschrocken in Noahs Gesicht. Es nervte mich dass er mich einschüchterte. "Du sitzt auf meinem Platz", wiederholte er sich.

Ich merke wie meine Wangen in Sekundenschnelle erhitzen und rutschte hektisch auf einen Stuhl weiter nach rechts. Noah zuckte reflexartig nach vorne, als ich bei meiner Aktion fast vom Stuhl gefallen wäre. Noch peinlicher geht's nicht?

Bei der Erinnerung an den Beginn dieser Stunde wurde ich erneut rot.
Ich schaute auf meine Uhr, 9 Minuten noch. Geht diese Zeit denn nie um?

Weil es mir zu peinlich war noch einmal den Platz zu wechseln blieb ich die ganze Stunde über neben Noah sitzen. Er sollte nicht wissen dass es mir etwas ausmachte, aber dieses unangenehme Schweigen wurde seit dem wir eine Gruppenarbeit mit unseren Tischnachbarn beginnen sollten immer schlimmer.

Ich schielte in seine Richtung und bemerkte wie er gerade sein zweites Blatt voll schrieb. Auf meinem hingen stand lediglich unser Thema und das heutige Datum.

Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück, es hatte ja eh keinen Sinn.
Noah. Noah Bolten. Ich erinnerte mich gut an ihn, er war seit seiner Kindheit mit Mike befreundet gewesen. Da Colin erschreckender Weise Noahs Cousin ist, hingen die drei schon immer zusammen ab. Als sie dann aufs College gingen lernten sie schnell David, Jacob und Marlon kennen. Die Jungs passten einfach wie die Faust aufs Auge zusammen.

Noah hatte sich in diesem einem Jahr deutlich verändert, mittlerweile müsste er zwanzig sein. Seine Gesichtszüge waren markanter seine Haare länger und seine Schultern um einiges breiter geworden.
Ich wusste dass er und die anderen Jungs immer in unserer Footballmannschaft waren, was bedeuten würde dass mein Bruder sie jetzt trainieren würde. Ich lachte in mich hinein. Irgendwie freute es mich dass er sie jetzt quälen konnte und ich beneidete ihn ein wenig darum.

Ich beobachtete Noahs konzentrierten Blick und sah wie ihm eine Haarsträhne ins Gesicht fiel. Er spannte seinen Kiefer an und und zog seine Augenbrauen zusammen. Biologie könnte wohl doch ganz interessant werden.

"Kann ich dir helfen?" Er schaute mir direkt in die Augen und erwische mich beim heimlichen anstarren.
Ein freches Grinsen bildete sich auf seinen Lippen als er erst mein leeres Blatt und dann wieder mich ansah.
"Ich oh, ehm nein, alles bestens." stammelte ich und zog mein Blatt zu mir.

"Es kommt zu einem Einstrom von Na+ Ionen in der postsynaptische Membran. Dies widerum sorgt für eine positive Depolarisation im Dendriten und damit zu einer Weiterleitung der elektrischen Erregung im Folgeneuron."
Er tippte auf mein Blatt und schaute mich wieder grinsend an, wobei ein Grübchen auf seiner Wange erschien.

"Das war mir klar. Ich , ich wollte nur kurz eine Pause machen ehe ich anfange zu schreiben. Aber ja klar die Erregung im Folgedings macht das mit dem anderen Dings. Natürlich."

Ich versuchte so ernst wie möglich zu bleiben um die Situation nicht noch unangenehmer zu machen, doch sein Lachen machte es mir nicht gerade einfacher.

Er lehnte sich zu mir hinüber und kritzelte etwas auf mein leeres Blatt.

"Gut meine Damen und Herren, die Stunde ist vorüber, ihre Ergebnisse sammle ich in der kommenden Stunde ein, einen schönen Tag noch."
Mein Lehrer klatschte in die Hände und alle Schüler um uns herum standen auf um endlich nach Hause gehen zu können.

Ich saß immer noch wie angewurzelt auf meinem Platz als sich Noah ein letztes Mal zu mir herunter beugte "falls du doch mal auf meine Hilfe zurückkommen willst."

Er zwinkerte mir zu und verschwand mit seinem Rucksack aus dem Raum.

Als ich auf mein Blatt herunter schaute stand unter der Überschrift in seiner Handschrift eine 12 Stellige Nummer.
Idiot.

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