Maybe a little more

16

Die Schulwoche verging einmal mehr wie im Flug. Es war Freitagnachmittag und ich war gerade auf dem Weg nach Hause. Ben hatte heute kein Training gegeben, weswegen ich auf den Bus umsteigen musste. Ich schloss unsere Haustür auf, legte meine Sachen ab und sprintete die Treppen zu meinem Zimmer hoch.
"Lia Maus, das Essen ist in einer halben Stunde fertig." rief mir meine Mutter hinterher "Sei dann bitte unten."
Ich ignorierte ihre Bitte und ließ mich erschöpft auf meinem Bett fallen, als Ben in mein Zimmer kam.

"Hi Schwesterherz."
"Was willst du?" Ich verdrehte meine Augen und ließ mich erneut auf mein Kissen sinken. Ein Mädchen mit schwarzen langen Haaren huschte an meiner Zimmertür vorbei und kicherte bei dem Anblick meines Bruders. "Wer ist das?" Verwirrt schaute ich ihr hinterher. Ich wollte doch nur einmal meine Ruhe haben, war das zu viel verlangt? "Ach die, nur ne Freundin." Er grinste schräg und pustete eine Haarsträhne aus seiner Stirn. Seine blonden Haare waren beinahe so lang, dass er sie hinter seine Ohren stecken konnte.

"Ich bin aber wegen etwas anderem hier."
"Ach wirklich." Ich schaute ihn skeptisch an und stütze mich auf meinen Unterarmen ab, als er sich an mein Bettende setzte. "Vor ein paar Tagen habe ich Mike in der Schule gesehen." Er zögerte und studierte mein Gesicht. Wahrscheinlich wartete er auf irgendeine Heul Attacke oder sämtliche Beleidigungen, doch so reagierte ich nicht mehr. "Nun ja" setze er fort "er war doch nicht wegen dir da oder? Amelia, wenn dir der Mistkerl auch nur noch ein Haar krümmt. Lass die Finger von diesem Typen." Ich grinste bei dem kleinen Ausraster, der so typisch für meinen Bruder war.

"Keine Sorge Ben. Wir haben auch kurz mit ihm gesprochen, er war wegen seinem Abschlusszeugnis da." Ich erinnerte mich an die Situation, an Noahs seltsames Verhalten. Ich fragte mich nach wie vor warum zwischen den beiden so eine greifbare Spannung herrschte. Doch jedesmal wenn ich ihn darauf ansprach, wich er dieser Frage aus. "Oh, tatsächlich?" Ben stand abrupt auf und klatschte in seine Hände. "Super und ich hab mir extra ein hässliches Shirt angezogen, weil ich dachte du heulst mich wieder voll."

Ich stimmte in sein lachen mit ein und zeigte ihm meinen Mittelfinger, ehe er wieder mein Zimmer verließ, um sich vermutlich mit der schwarzhaarigen Schönheit zu beschäftigen.
Ich schaltete meine Anlage an und lauschte den Klängen von the Fray, bis meine Augen von ganz alleine zu fielen.
...

Etwas summte unter meinem Arm und ich fuhr erschrocken hoch. Es war bereits 17 Uhr und langsam wurde es draußen dunkel. Mein Handy leuchtete auf und zeigte mir eine neue Nachricht an. Sie war von ihm. Ich versuchte mein Lächeln zu unterdrücken und öffnete sie.
>>Lust auf einen spontanen Ausflug? Komm raus.<< Dieser Junge war mir eine Nummer zu spontan. Was für ein Ausflug? Ohne großartig drüber nachzudenken sprang ich aus meinem Bett und zog mir frische Sachen an. Als ich die Treppen runterlief war weit und breit nichts von meinen Eltern zu sehen, weswegen ich ihnen eine kurze Nachricht auf einem Zettel hinterließ.

Ich schloss die Tür hinter mir und ein lauer Windzug wehte durch meine Haare. In meiner Jeansjacke war es immer noch angenehm warm draußen- ich liebte diese Jahreszeit dafür. Mein Blick richtete sich auf unsere Straße und blieb an einem schlichten, mattschwarzen Motorrad hängen. Noah, welcher daneben stand, trug einen weißen Helm der besonders durch seine dunkle Kleidung hervorstach. Er beugte sich gerade zu der Maschine, sodass ich durch sein lockeres Shirt, einen Einblick auf seinen trainieren Oberkörper erhaschen konnte. Er sah unglaublich gut aus.

Lächelnd ging ich auf in zu. Er zog seinen Helm ab und breitete einladend seine Arme aus. Seinen Geruch einzuatmen, fühlte sich gut an. Bei ihm war ich so sicher und glücklich. Seine Hand fuhr leicht über meinen Kopf, hinab zu meinem Rücken, sodass er mich enger an sich drückte. Das zwischen uns war keine Freundschaft mehr und so sehr ich es versuchte zu verleugnen, ich begann Gefühle für ihn zu entwickeln.