Wie ging es dir damals?

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Astrid:

Es war eine sehr schöne Erinnerung. Wenn ich vor ein paar Tagen daran gedacht hätte hätte ich sie verdrängt um mich nicht zu verletzen, aber jetzt... ich weiß nicht.

Meine Gefühle jetzt sind kaum zu beschreiben. Es ist als wäre ein Loch in mir... gefüllt mit Freude und Traurigkeit. Ein Teil von mir sehnt sich danach an die alten Zeiten zu  denken, der andere will sie am liebsten komplett vergessen.

Seit Hicks sich erklärt hatte hatte ich es geschafft diese Erinnerungen zu verdrängen. Aber jetzt, so nah bei ihm, fiel mir alles wieder ein. Ich wusste nicht ob ich Schmerz oder Freude empfand.

Bevor ich genauer darüber nachdenken konnte fragte ich Hicks schnell:"Wo fliegen wir überhaupt hin?" Es kam keine Antwort. "...Hicks?" fragte ich vorsichtig.

Anscheinend war er tief in Gedanken versunken, denn er schien wie aus einer Art Trance zu erwachen.
"Wie? Achso... das siehst du dann. Wir sind gleich da!" erwiederte er schließlich ohne sich umzudrehen.

Tatsächlich kamen wir nach wenigen Minuten an einen Fels der etwas zweimal so hoch wie ein Baum war.
Auf der Spitze des Felsens war eine breite, glatte Ebene die grün bewachsen war. Auf dieser landeten wir.

Die Fläche war etwa so breit wie ein Haus, so hatte man genug Platz um zu laufen. Als ich von Ohnezahn abstieg hörte ich Hicks hinter mir:"Wenn das Kraut auf dieser Insel wächst dann hier!"

Wenn man sich umsah konnte man tatsächlich ein paar Halme des Krähenwurz hervorstechen sehen. Diese besondere Pflanze sah aus wie längeres, blaues Gras.
Sofort begann ich ein paar Halme einzusammeln.

Hicks half mir und verstaute sie anschließend in der Satteltasche.
Während er Ohnezahn startklar machte sah ich mir die Aussicht an. Sie war wirklich schön:

Es gab viel Wald und Wiesen, und im Hintergrund sogar ein paar kleinere Berge. Durch diese schien die Sonne mit ihren schönsten Strahlen hindurch!

"Schöne Aussicht, was?" kam es von Hicks neben mir. "Ja..." antworteteich mit einem leichten Lächeln. Dann drehte ich mich um und stieg wieder auf Ohnezahns Rücken. Er tat es mir nach und wir erhoben uns in die Luft.

Bei Sturmpfeil angekommen drückte ich die frisch gepflückten Halme aus, um an den heilenden Saft zu kommen. Diesen träufelte ich auf das Bein. Meine Drachendame gab einen kleinen Laut von sich. Beruhigend sprach ich:"ich weiss dass es brennt aber es hilft..."

Als ich die Wunde fertig versorgt hatte kam Hicks auf uns zu und fragte: "Soll ich dir vielleicht die Insel zeigen?" "Lieber nicht. Ich möchte nicht so weit von Sturmpfeil entfernt sein wenn sie noch verwundbar ist."
entgegnete ich.

"Natürlich..." er hörte sich ein bisschen enttäuscht an. Ich wollte es nicht zugeben, aber es gefiel mir nicht ihn so zu sehen. "Aber können wir unser Lager sicherstellen? Damit es nicht so leicht einzunehmen ist, meine ich..." bot ich an.

So konnte ich auch mal weiter von der Lichtung weg ohne mir groß Sorgen machen zu müssen.
Er nickte und wir liefen den Waldrand ab. Ein paarmal sicherten wir ein mögliches Versteck für Angreifer, aber die meiste Zeit schwiegen wir.

Es war eine bedrückende Stille. Ich konnte spüren dass Hicks etwas sagen wollte, aber er schien nicht zu wissen wie er es formulieren sollte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit brach er das Schweigen. Seine Stimme hörte sich leicht zittrig an als er fragte: "Wie... ist es meinem Vater in den letzten Jahren gegangen?"

Sofort spannte ich mich an. Ein einfaches "Er ist okay!" ist auf diese Frage keine Antwort. Er wollte mehr wissen. Ich wollte ihm die Wahrheit nicht vorenthalten, das hatte er nicht verdient.

Jedoch konnte ich ihm bei meiner Antwort nicht in die Augen sehen.
"Er...war sehr erschüttert nachdem du verschwunden bist. Tagelang hat er uns noch nach dir suchen lassen. Er wollte nicht wahrhaben dass du...nicht mehr kommst.

Vor Trauer hat er sich Wochenlang in seinem Haus eingesperrt. Ich bin mir nicht sicher, aber ich bin ab und an an seinem Haus vorbeigegangen und glaubte ihn weinen zu hören. Als er seine Trauerphase dann überwunden hatte konzentrierte er sich voll und ganz auf sein Amt als Stammesoberhaupt.

Allerdings war er nicht mehr derselbe. Er ist älter geworden und... viel ernster. Keiner traut sich in seiner Gegenwart deinen Namen zu nennen." endete ich. Es war schmerzhaft, aber die Wahrheit.

Einen kurzen Moment sah ich ihn an um zu sehen wie er es aufnahm.
Ein paar Tränen glitzerten in seinen Augen und man konnte deutlich seine Schuldgefühle sehen.
Dann fragte er leise:
"Und...wie ging es dir damals?"

Don't let me goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt