Das Ende oder der Anfang?

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Das Ende oder der Anfang?

„Wie ich ihnen offensichtlich mit diesem Beispiel gezeigt habe, hat die Polizei mit meiner Hilfe nun den Fall endgültig schließen können. Keine offenen Fragen mehr. Keine ungeklärten Muster oder Handlungen. Alles, was die Polizei sich jemals gewünscht hätte zu wissen bei vielen anderen Fällen, haben auch sie nun live miterleben können. Ist das nun nicht eine Revolution bei der Mordkommission? Sicherlich fragen sie sich nun, was diese Erfindung nun mit meiner Behauptung zu tun hat, dass auch normale Menschen aus einem normalen Umfeld zu Killern werden können. Nun, ich werde Ihnen alles genauestens und Schritt für Schritt erklären. Das, liebe Zuschauer, was sie hier gerade live auf diesem Bildschirm hier miterleben durften, war eine Simulation, eine Wiedergabe von Erinnerungen und Erfahrungen, die die Serienmörder Shiva Milkovich, Richard Davidson und Evan Madjik gesammelt hatten. Sie wurden mithilfe dieser Glasspots auf einem Computer gespeichert und anschließend auf die Testpersonen übertragen. Möglich wurde dies nur durch das besondere Metall Niloneum, wodurch wir diese Informationen an unsere Testpersonen weitergeben können. Dies gelang uns auch noch bei Shiva Milkovich, die bei ihrer Festnahme erschossen wurde. Ihre Gehirnaktivitäten reichten gerade noch so aus, um diese Behandlung durchzuführen. Richard, Evan sowie auch der Körper von Shiva wurden in einen dieser Glasspots gelegt und einem Scan unterzogen. Die gespeicherten Daten wurden dann vom Computer an unsere Testpersonen weitergegeben, die sich zu dieser Zeit noch in den jeweiligen Glasspots befinden. In dem Moment, in dem wir sie wecken und aus den Glasspots herausholen, werden auch die Erinnerungen und Erfahrungen der Serienmörder wieder aus ihren eigenen Erinnerungen gelöscht. Sie sehen also, dass wir eine Person in diesen Behältern mit einem anderen Menschen austauschen können und die Simulation, die sich anschließend in ihren Köpfen abspielt durch unseren Computer starten und alles mitansehen, was eine Person erlebt hat und mit neuester Technologie können wir diese Erfahrungen nicht nur von den Testpersonen selbst hören, sondern auch während sie diese erleben mitansehen. Um es einfach auszudrücken sind wir nun im Stande, Erinnerungen einem anderen Menschen für eine kurze Zeit ohne äußere Eingriffe einzupflanzen und mit zu erleben. Somit komme ich nun zu meiner Leitfrage dieses Abends zurück. Menschen aus einem normalen Umfeld können zu Mördern werden ... Sie haben es selbst gesehen. Zwar wurden die Handlungen durch die Erinnerungen gesteuert, jedoch waren es die Testpersonen selbst, die sich ebenfalls dem Schicksal der drei Schwerverbrechern gefügt haben. Die Testpersonen selbst konnten nämlich die ganze Zeit selbst wählen, ob sie aus der Simulation aussteigen oder ob sie diese zu Ende führen wollen. Meine Damen und Herren, wir haben unseren Testpersonen keineswegs den eigenen Willen genommen. Sie hatten die ganze Zeit die Kontrolle darüber, wie weit sie gehen können. Dabei haben Sie sich, wie sie mit eigenen Augen mitverfolgen konnten, dazu entschieden, weiter zu morden. Ihre Gedanken haben sich denen der Killer angepasst. Und damit sie nun nicht glauben, dass ich Ihnen Schauergeschichten erzähle, werde ich Ihnen die Statistiken und Aufzeichnungen unseres Computers zeigen, der die Gehirnaktivitäten und Gehirnströme der Testpersonen rund um die Uhr gemessen und analysiert hat. Dafür werde ich mir aber noch einmal Zeit nehmen und die Ergebnisse in einem Vortrag für sie bereit stellen ... Drei Menschen, alle aus normalen und glücklichen Familienverhältnissen, die sich ebenfalls dazu entscheiden, in die Rolle von drei Serienmördern zu schlüpfen und mehrere Menschen zu töten. Nun fragen sie sich aber sicherlich, wo diese Testpersonen sind und wie sie im wirklichen Leben sind. Dazu kann ich nur erneut sagen: Sehen sie es mit eigenen Augen."

Cameron Dallas, der Gründer der Firma Glasspots und Gastgeber der Veranstaltungen, die von der Polizei rechtlich genehmigt wurden, trat zur Seite als der Vorhang in dem riesigen Ballsaal fiel, in dem er seine Rede hielt. Mit stolz sah er in die Fassungslosen und gleichzeitig Begeisterten Gesichter der heutigen Gesellschaft, die sich für diesen revolutionären Vortrag und dieses Experiment angemeldet und somit eine Menge an Geld an der Kasse liegen gelassen hatten.
Hinter dem Vorhang kamen drei seiner berühmten Glasspots zum Vorschein, in denen die drei Testpersonen noch immer in einem künstlich herbeigerufenen Schlaf lagen. Noch immer waren ihre Gehirnaktivitäten und Gehirnströme mit denen der Straftätern verbunden, sodass sie noch immer im Glauben waren, diese zu sein. Die Glasspots waren noch immer mit den Computern verbunden, die von Cameron's Fachpersonal strengstens überwacht wurden, damit nichts schief gehen konnte.
Genau diesen Zustand erläuterte Cameron nun auch noch einmal seinem Publikum das aufgeregt aufgestanden war, um zu sehen, was sich vor ihnen abspielte.
„Ich bitte sie also nun darum, absolute Ruhe zu bewahren, um die drei Testpersonen, die sich ihnen gleich selbst vorstellen werden, nicht in Panik fallen zu lassen."
Er sah in den riesigen Ballsaal, der sich nun beruhigte. Langsam aber sicher setzten sich alle Besucher wieder und verstummten.
Dallas gab seinem Fachpersonal ein Zeichen und der Aufwachprozess wurde eingeleitet. Die Glasspots wurden geöffnet und die Testpersonen kamen langsam wieder zu sich.
Sie waren wieder zurück in der realen Welt.

*

Zona öffnete ihre Augen. Als sie bemerkte, dass sie sich frei bewegen und atmen konnte, zog sie einmal scharf die Luft ein. Schnell sah sie an sich herunter.
Wo waren die Einschusslöcher?
Hastig sah sie sich um. Wo war sie überhaupt?!
Sie stand auf, noch etwas wackelig auf den Beinen und sprang aus dem Behälter, in dem sie aufgewacht war. Vor ihr stand ein Kerl in Anzug, der sie anlächelte.
„Willkommen zurück, Zona.", sagte er freundlich und Zona erinnerte sich wieder an alles. Seine Stimme brachte alle Erinnerungen wieder zurück: Die Erinnerungen an die revolutionäre Erfindung, an den Vertrag den sie unterschrieb und an den Moment, in dem sie sich in den Glasspot, nun wusste sie den Namen des Behälters wieder, gelegt hatte.
Sie sah Cameron Dallas an und lächelte. „Schön wieder hier zu sein."
Bewegungen links von ihr ließen sie herumfahren. Das Publikum interessierte sie in diesem Moment überhaupt nicht. Sie wollte die Typen, die Richard's und Evan's Rolle gespielt hatten endlich persönlich kennen lernen, obwohl sie schon wusste, wie sie aussahen. Dallas hatte ihnen vor dem Experiment erklärt, dass sie sich selbst und die anderen mit ihrem wahren Aussehen sehen werden. Einzig und allein die Zuschauer sahen die wahren Straftäter auf der riesigen Leinwand, die nun nach oben aufgerollt worden war.
Als sie den Kerl sah, der für sie noch immer Richard hieß, ging sie auf seinen Glasspot zu, um ihm heraus zu helfen.
Auch er schien einige Sekunden zu brauchen um sich wieder im klaren darüber zu sein, wo er sich gerade befand und was in den letzten Stunden passiert war.
„Hey...", begann Zona zögerlich, da sie seinen richtigen Namen noch immer nicht kannte.
„Hey.", antwortete er ihr und sah sie mit seinen blauen Augen an, die sie hinter zwei Brillengläsern ansahen.
„Du lebst.", sagte er, als Zona nichts mehr antwortete und lachte erleichtert.
„Ich lebe.", erwiderte sie und half ihm aus seinem Glasspot.
„Wie sie sehen können, brauchen unsere Teilnehmer einen kleinen Moment, um sich wieder in der richtigen Welt zurecht zu finden. Sie haben darauf bestanden, dass sie den Aufwachprozess alleine durchstehen und kein Personal brauchen, dass ihnen hilft. Ebenso hatten sie sich vor dem Experiment noch nicht zu sehen bekommen. Man kann es also ein erstes Treffen nennen.", erklärte Dallas während Zona und Ray zum letzten Glasspot gingen, in dem Alex gerade aufwachte.
Die Zuschauer beobachteten die Drei aufmerksam. Leises Geflüster und Gemurmel ging durch die Reihen, doch es wurde nie lauter wie bei einem normalen Gespräch.
„Ich bin übrigens Ray."
„Zona."
„Und du?", Ray wandte sich zu Alex, der sich nun auch bewusst war, wo er sich befand.
„Ich bin Alex, nett euch kennen zu lernen. Tut mir leid dich so angeschrien zu haben, aber jetzt weißt du ja, dass ich das eigentlich nicht war."
Zona, Ray und Alex lachten. „Ich weiß.", antwortete Zona und grinste.
„Nun, da wir uns alle nun wieder beruhigt haben und ihr Drei nun sicher wieder zurück in der Realität seid möchte das Publikum sicherlich wissen, wer ihr seid, oder nicht?"
Die Zuschauer applaudierten bestätigend als sich Zona, Ray und Alex zu Cameron stellten, um dem Applaus entgegen zu nehmen.
Das Bühnenpersonal brachte Zona, Ray und Alex Mikrofone, die sie annahmen.
„Zona, wie wäre es, wenn du dich zuerst vorstellst?", fragte Cameron.
Zona lächelte und sah noch einmal neben sich zu Ray, der ihr ermutigend zunickte.
„Nachdem Sie mich alle als Shiva gekannt hatte, möchte ich mich nun als Zona Yolandri vorstellen. Ich bin neunzehn Jahre alt und bin hier in Irland geboren. Seitdem lebe ich hier in Dublin in einer kleinen Wohnung und arbeite als Programmiererin in der IT Branche, weshalb es auch die neue Technik der Grund war, warum ich hier teilnehmen wollte." Zona sah zu Ray, der nun das Wort übernahm während das Publikum ihr applaudierte.
„Ich bin Ray Donavan und bin zwanzig Jahre alt. Ich bin ursprünglich aus Texas, habe mich aber entschlossen hier her nach Irland zu ziehen, weil mir hier die Landschaft einfach besser gefällt, genauso wie die Leute." Das Publikum lachte amüsiert auf. „Ich arbeite als Festivalmanager und habe mich dazu entschieden, an diesem Experiment teilzunehmen da ich ganz einfach Interessiert war." Wieder applaudierte das Publikum, ehe Alex anfing zu sprechen.
„Hey Leute, ich bin Alex Senester, bin ebenfalls zwanzig Jahre alt und hier geboren. Ich bin Grafikdesigner und hatte genauso wie Ray Spaß und Lust daran etwas neues zu erleben. Und hier bin ich und rede mit euch hübschen Leuten."
Das Publikum lachte und applaudierte und stand auf.
„Zona, Ray und Alex werden für Sie zusammen an meinem Vortrag über die Auswertung der Gehirnaktivitäten und Gehirnströme arbeiten, den sie nächste Woche zu hören bekommen. Bis dahin wünsche ich ihnen eine schöne Woche. Auf Wiedersehen!"
Der Vorhang wurde wieder hinunter gelassen und Cameron brachte Alex, Zona und Ray hinter die Bühne, wo sie sich ihre persönlichen Sachen wieder abholen konnten um nach Hause zu gehen. Zurück in der wirklichen Welt.

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