Warum wir so sind, wie wir sind

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Warum wir so sind, wie wir sind

Sie sah ihren Vater voller Angst und Abscheu an, sodass sie zuerst nicht realisierte, dass ihre Mutter regungslos auf dem Boden lag.
Sie konnte es auch nicht, denn ihr Vater kam schon auf sie zu. Jeden Schritt den er machte, versuchte sie mit einem nach hinten zu kompensieren.

„Wieso denn so ernst? Komm her meine Tochter, lass uns spielen"

Sie war mittlerweile achtzehn Jahre alt und schon lange aus dem Alter heraus, in dem man mit seinem Vater zusammen spielte. Außerdem glaubte sie überhaupt nicht, dass er es so meinte. Nein, er hatte etwas anderes im Schilde, was sie sofort an seinem Gang, der schwankend war, und an dem Messer, dass er in der Hand hielt, erkannte.

Sie schüttelte den Kopf und konnte überhaupt nicht klar denken. Sie sah hinter ihren Vater auf ihre Mutter. Noch immer hatte sie sich nicht bewegt.
Ihr Körper war angespannt, das Adrenalin schoss durch ihre Adern und sie roch den Alkohol, der von ihrem Vater aus ging.

„Was hast du mit ihr gemacht?" Ihre Stimme war leise und unruhig als sie weiter hinein in die Küche ging, bedacht darauf, nicht zu stolpern und ihren Vater weiter im Auge zu behalten.

„Ich habe mit ihr gespielt, siehst du das denn nicht? Komm her meine Süße, lass mich dich in die Arme nehmen." Als er seine Arme ausbreitete, musste er einen Ausfallschritt machen, um nicht hinzufallen.

Würde er sich am nächsten Morgen überhaupt noch an irgendwas erinnern können?

„Lebt sie noch?" Sie ging nicht auf seine Andeutungen ein. Sie wollte es dennoch nicht wahr haben, dass ihr Vater verrückt geworden war. Er hatte ihnen doch immer versichert, dass ihm sein Job nicht schaden würde.

Er hatte gelogen.

„Ich bringe dich zu ihr." Sie wusste was er meinte, ohne dass er es aussprechen musste.

Eine Träne rollte ihre Wange hinunter, als sie hinter sich eine Schublade öffnete. Sie wollte es nicht tun, doch es war notwendig. Sie musste es tun, um dem allem ein Ende zu setzen. Sie wusste nicht was er mit ihrer Mutter getan hatte, geschweige denn wie lange schon, doch sie wusste, dass es keinen anderen Weg gab.

Das kalte Eisen schmiegte sich an ihre Handinnenfläche, als sie die Waffe aus der Schublade hob, die ihrer Mutter gehörte und sie auf ihren eigenen Vater hielt.

Dieser Grinste und ging einen weiteren Schritt auf sie zu.

„Das wirst du nicht tun, mein Kind. Denn ich werde dir nichts tun, und du mir auch nicht, okay? Lass mich mit dir spielen. Warum denn so ernst?" Erneut ein Schritt, der den Abstand zwischen ihnen verringerte.

„Nein, das war's. Ich bin es Leid zu sehen, was du ihr antust. So kann es nicht weiter gehen.", sagte sie mit zitternder Stimme und entsicherte die Waffe.

Gerade noch rechtzeitig. Ihr Vater rannte auf sie zu, mit einem hämischem Grinsen im Gesicht, bereit, sie mit seinem Messer zu bedrohen und auch sein Psychospiel mit ihr durchzuziehen.

Sie schoss. Wenige Zentimeter kam der nun leblose Körper vor ihr zu Fall. Die klaffende Wunde an seinem Hinterkopf unübersehbar.

Sie sah dabei zu, wie sich das Blut in einer kleinen Pfütze um ihn herum bildete, sodass sie um ihn herum gehen musste, um nicht selbst hinein zu stehen.
Sie fühlte nichts, war wie betäubt, als sie auf den leblosen Körper ihrer Mutter zu ging, der mitten in der Wohnung lag. Sie hoffte inständig, dass sie noch atmen würde, als sie sich neben ihr auf die Knie ließ.

„Mom?" Ihre Hand berührte ihre Schulter, ihre Wange, die mittlerweile eiskalt war. Ohne Leben.

„Mom, bitte tu mir das nicht an.", versuchte sie und bemerkte, wie ihr die Tränen kamen. Zu lange hatte sie schon zugesehen. Schon zu lange hatte ihre Mutter es verleugnen wollen, dass alles außer Kontrolle geraten war.

Sie fühlte ihren Puls. Nichts.

Sie hielt sich die Hand in der sie noch immer die Waffe hielt an den Kopf und spürte das kalte Eisen an ihrer Schläfe, während lautlos die Tränen über ihre Wangen liefen.

„Wir werden uns wieder sehen, Mom, früher oder später."

Sie stand auf, verließ die heruntergekommene Wohnung und schwor sich, nie wieder zurück zu kehren.

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