Sechs auf einmal

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Sechs auf einmal

Richard hatte die Gefangenen bewacht als Shiva alle Türen und Fenster verriegelte. Sie hatten die Schlüssel nicht gefunden, weshalb sie improvisieren musste und jede Türe und jedes Fenster einzeln mit einem stabilen Seil, dass sie in ihrem Garten gefunden hatte, verriegeln.
Anschließend holte sie aus ihrem Wagen zwei Taschenlampen und schaltete die Scheinwerfer aus. Die Villa wurde nun wieder von der Dunkelheit umgeben, in der sie schon die vielen Jahre unbewohnt lag.
Shiva ging durch die Eingangstüre, die sie als letztes aufgelassen hatte und verriegelte diese ebenso, bevor sie auf Richard zuging der bereits ungeduldig auf sie wartete, jedoch kein Wort darüber verlor.
Mittlerweile hatte er den Geiseln mit Panzerband die Münder zugeklebt, sodass sie kein Wort mehr heraus bekamen. Nur noch das Wimmern und das Heulen war gedämpft zu hören.

Beide sahen sich an. In ihren Augen lag verlangen, dass sie funkeln ließ. Das Adrenalin pumpte durch ihre Adern, so als wären sie Raubtiere, die ihre Beute jagen. In gewisser Weise stimmte es. Sie hatten der Putzkolonne versprochen, dass sie sie gehen lassen würden, wenn sie von ihrem Grundstück kommen, doch das würde schwierig werden. Bis sie die Fesseln entfernt und eine beliebige Türe aufbekommen hatten, wäre einer der beiden sicher schon bei ihnen, um ihnen das Leben zu nehmen.
„Steht auf!" Richard's Stimme hallte durch das große Gebäude und die Gefangenen taten wie ihnen befohlen wurde. Mit zittrigen Beinen standen sie auf und sahen mit großen, verängstigten Augen ihren Mördern entgegen, die es kaum abwarten konnten, alle durch ihre frisch geputzte Villa zu jagen.
„Lauft.", sagte Shiva in einer erstaunlich tiefen Stimme und lächelte schief. „Oder sterbt."

Und sie rannten. Die dumpfen Schreie und Schritte hallten ihnen nach als alle sechs Angestellten durch die Villa rannten, in der Hoffnung, irgendwo heraus zu kommen.
„Ich hab etwas, dass das Ganze noch spannender machen wird." Richie leuchtete mit seiner Taschenlampe auf einen Radio, den er anschaltete und laute Rock Musik ertönte. Der Lichtkegel traf Shiva und sie lächelte. „Genau mein Geschmack."
„Wir sehen uns.", rief er ihr noch über die laute Musik noch zu, bevor auch Richard im Dunklen der Villa verschwand, auf der Suche nach Beute.
Auch Shiva lief los, jedoch in die entgegengesetzte Richtung, und schaltete ihre Taschenlampe aus. Diese hielt sie zusammen mit einem Messer in der Hand, während sie in der Anderen das zweite Messer hielt.
Sie hielt die Taschenlampe so, dass die Klinge des Messer über die Lampe herausragte und sie dennoch anschalten konnte, wenn es nötig wäre. Sie lief mit leisen, beinahe lautlosen Schritten durch ihr neues Haus. Sehr schwierig war es für sie ja gerade nicht,da der Radio die laute Musik bis in die hinterste Ecke der Villa trug.
Langsam aber sicher gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit und sie konnte zuerst Umrisse und schließlich grobe Details des Haus wieder erkennen. Die Wut in ihr war noch immer nicht besänftigt. Diese Leute wollten sie um ihr neu gewonnenes Hab und Gut bestehlen. So etwas konnte sie sich nicht gefallen lassen.

Plötzlich hörte sie links von sich Schritte, die aus einem der mittleren Räume des unteren Stockwerks kamen. Mit einem schiefen Grinsen folgte sie den Schritten, die im unteren Badezimmer verstummten. War einer dieser Leute wirklich so dumm gewesen, und hatte sich in ihrem Bad versteckt? Wollte sie nicht fliehen? Wollte sie umgebracht werden?
Den Gefallen würde Shiva ihr gerne machen. Sie hielt sich bereit und öffnete leise die Türe, die ins Bad führte.
Einen kleinen Moment blieb sie stehen und versuchte so flach wie möglich zu Atmen, um keine Geräusche zu machen. Durch die Musik fiel ihr es nicht so leicht auszumachen, woher die Geräusche nun kamen, doch genau das Machte es in diesem Moment so spannend.

Im Bad selbst war es dunkel. Da es in der Mitte des Hauses lag, gab es keine Fenster, durch die etwas Mondschein hinein fallen könnte. Shiva beschloss, die Taschenlampe anzuschalten und auf das ihr gegenüberliegende Waschbecken zu legen. Nun lag das Badezimmer in schlechtem, gelben Licht und Shiva konnte endlich sehen, womit sie es zu tun haben würde.
Es war nicht viel in dem Bad vorhanden, in dem man sich verstecken konnte. Die einzigen Optionen die sich Shiva's Opfer geboten hätten, waren die Badewanne, vor der ein Duschvorhang hing und den Schrank, dessen Türen geschlossen waren.
Geschickt ließ sie die Messer in ihrer Hand einmal zur gleichen Zeit um ihre eigene Achse rotieren und griff sie wieder, um sie in Kampfstellung vor sich zu halten, als sie auf den Duschvorhang zu ging.
Mit einem Ruck riss sie den Vorhang beiseite, sodass er fast kaputt gegangen wäre, doch dahinter war nichts als eine leere Badewanne.
Sie kam sich leicht dumm vor, eigentlich hatte sie nichts zu befürchten. Keiner der Arbeiter war in der Lage sie zu überwältigen. Sie hatte zwei Messer und war schon die ganze Zeit über vorsichtig gewesen. Somit ging sie also lässig auf den Schrank zu und öffnete ihn.
Eine der Frauen sah ihr ängstlich entgegen. Sie hatte es nicht geschafft, aus ihren Fesseln zu lösen. Selbst auf ihrem Mund klebte noch immer das Panzerband.

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