Hilfe

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Alex straffte seine Schultern stand vom Bett auf und lehnte sich gegen eine Kommode.

„Also, ich fühle mich im Moment einfach nicht wohl in meiner Haut. Ich mag mich einfach nicht sehen!“

„Okay und warum?“

„Wie warum?“

„Naja es muss ja irgendwas passiert sein, damit du dich so fühlst! Das passiert ja nicht einfach so von heute auf morgen. Aber okay, lassen wir erst mal das warum weg. Erzähl mir genauer wie du dich fühlst! Was geht in deinem Kopf vor Alex?“

„Ich habe das Gefühl, dass ich nichts wert bin. Ich fühle mich wie Dreck, minderwertig. Ich kann, ach scheiße, ich weiß manchmal selber nicht mehr was ich fühle. Alles überfordert mich. Feli überfordert mich mit ihrem Familiengetue. Ich kenne das nicht. Bei meinem Vater war das nicht so. Ich meine wir haben schon gemeinsame Sachen gemacht aber nicht so wie hier. Dort hatte ich meine Ruhe. Es wurde nicht immer gefragt, wie es mir geht. Oder ich wurde nicht getröstet und so. Ich bin nicht so ein Gefühlsmensch. Mir ist das alles zu viel. Ich kann so was nicht. Verstehst du was ich meine?“

„Hmm, ich denke schon. Aber irgendwie ist es doch traurig, wenn man keine Liebe und Zuneigung bekommen hat. Es wundert mich nicht, dass du bei diesem Thema etwas kaltherzig bist. Also sollten wir an Gefühlen arbeiten. Okay, das nächste wäre zu wissen, warum du dich so minderwertig fühlst!“

„Ich weiß nicht, ich fühle mich einfach manchmal schlecht und dann bekomme ich Wut in mir. Ich habe dann so einen innerlichen Druck und der geht nicht weg. Es zerfrisst mich von innen.“

„Und dann verletzt du dich selber?“

„Ja!“

„Erzähl mir davon. Was fühlst du dabei? Was fühlst du davor? Und was danach?“

„Ich kann es nicht richtig erklären. Bevor ich es tue, habe ich einen unglaublichen Druck in mir. Ich bin wütend und sauer. Auf  mich und auf die Situation. Ich bin überfordert mit mir selbst und bekomme Panik. Und dann kommen Bilder in mir hoch, die ich nicht sehen will. Der Druck in mir wird immer unerträglicher. Ich habe das Gefühl, wenn ich diesen Druck nicht schnellstens loswerden kann, würde ich explodieren. Und dann kurz bevor ich mich schneide und mich somit innerlich erleichtere fühle ich nichts. Ich fühle nur noch Leere. Der Schnitt hilft mir, mich wieder zu finden. Es beruhigt, wenn der Schmerz kommt. Sobald das Blut fließt fühle ich mich lebendig. Ich weiß das klingt merkwürdig, aber ich fühle Erleichterung und der Druck löst sich in mir. Es gibt mir in dem Moment das was ich brauche. Und wenn man sich leer fühlt, dann lässt mich der Schmerz wissen, dass ich noch lebe. Ich weiß, dass ich noch zu anderen Gefühlen fähig bin als Wut und Verzweiflung. Doch irgendwann kommt wieder die Ernüchterung. Ich weiß was ich getan habe und dafür hasse ich mich dann wieder selber. Ich hasse mich dafür, dass ich meinen Körper zerstöre und ich es mag. Ich fühle mich dann wieder nüchtern. Man kann es mit einem Alkoholrausch beschreiben. Wenn man wieder nüchtern ist, sieht man was man getan hat. Aber es ist ein Teufelskreis. Dieser Hass in mir gegen mich und mein Verhalten treibt mich wieder in diese Verzweiflung. Und ich hasse mich wieder.“

„Okay Alex. Das hilft uns doch schon mal ein wenig weiter dich zu verstehen. Was meintest du mit Bildern?“

„Ist doch egal!“

„Nein ist es nicht. Versuch es mir bitte zu erklären.“

„Ich kann nicht!“

Alex setzte sich wieder auf sein Bett und vergrub seine Hände in seinem Gesicht.

„Alex? Hey, was ist passiert!“

„Ich...ich. Du glaubst es mir eh nicht. Keiner glaubt mir.“

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