Ausweg

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Alex rannte in sein Zimmer. Er war den Tränen nahe. Wie konnte er nur mit Sasha schlafen? Wie dumm konnte man nur sein? Der Selbsthass stieg immer mehr an. Aber Alex brauchte einen klaren Kopf. Er ging zu seiner kleinen Truhe und öffnete sie. Ganz oben lag das, was er jetzt brauchte. Alex nahm das Tütchen und ging zu seinem Schreibtisch. Er schüttete das Pulver auf den Tisch und schob es zu einer Linie zurecht. Schnell rollte Alex ein Papier zu einem Strohhalm zusammen und zog das Pulver tief in seine Nase. Es tat gut. Sehr gut. Es dauerte nicht lange und Alex wurde ruhiger. Seine Gedanken wurden klarer und prägnanter. Er schaltete seinen Computer an und suchte CuteDead im Chat. Sie war online. Aber das, was er zu besprechen hatte, konnte er nicht im Chat schreiben. Zu hoch war das Risiko, dass die Polizei irgendetwas herausfinden könnte. Er schrieb sie an und verabredete sich mit ihr bei Skype. Da sie nicht reden wollte, schrieben sie wie immer.

BlackWidow:Hey Cute. Ich brauch deine Hilfe.

CuteDead:Hey. Ja das sagtest du vorhin schon. Was ist los?

BlackWidow:Ich habe meinen Entschluss gefasst. Ich habe wieder einmal einen Fehler gemacht. Ich kann  mich selber nicht mehr ertragen. Ich will sterben.Aber ich brauche deine Hilfe. Ich habe Angst.

CuteDead:Okay. Ich bin stolz, dass du die richtige Entscheidung getroffen hat. Wie kann ich dir deine Angst nehmen? Was kann ich tun?

BlackWidow:Ich weiß nicht. Ich will nicht alleine sein. Undich weiß auch nicht wie. Ich habe Angst, dass  man mich wieder findet und rettet. Ich dachte immer an Pulsadern aufschneiden, aber da habe ich ja schon gesehen, wie unsicher das ist.

CuteDead:Hast du schon einmal daran gedacht zu springen?

BlackWidow:Was wenn ich blöd aufkomme und überlebe?Und dann gezwungen bin, zum Beispiel Querschnittsgelähmt zu leben?

CuteDead:Dann sichere dich doppelt ab. Oder...hast du eineWaffe?

BlackWidow:Das kann ich nicht! Ich will nicht schießen. Daserinnert mich zu sehr an früher. So möchte ich nicht sterben.

CuteDead:Okay, dann mach eine Mischung aus Beidem.Schneide dir die Pulsadern auf. Und dann spring.Das wirst du nicht überleben. Denn wenn du den Sprung überlebst, verblutest du. 

BlackWidow:Das ist eine gute Idee. Ich...hmm...wo? 

CuteDead:Hast du einen Lieblingsort oder ein Gebäude?

BlackWidow:Ja, es gibt hier in der Nähe einen Lost Place. Eswar mal ein altes Kinderheim. Steht schon lange leer. Und ist ziemlich hoch. Auf das Dach kommtman leicht. Da war ich schon einmal oben.

CuteDead:Dann los! Es ist die richtige Entscheidung. Tu es!

BlackWidow:Ja, du hast Recht. Ich danke dir. Leb wohl!

CuteDead:Bitte! Ich glaube an dich. Enttäusche mich nicht.Du wirst ein besseres Leben haben, wenn du tot bist. Glaub mir. Es gibt ein Leben nach dem Tot. Und nur durch Selbstmord können wir ins Himmelsreich einziehen!

BlackWidow:Ich hoffe, du hast Recht!

Alex lehnte sich zurück und atmete tief durch. Er sprang auf und rannte in die Küche. Dort nahm er sich ein Messer. Er griff sich einen Stift und einen Zettel. Alex schrieb:

Liebe Feli, lieber Jim,

Ich danke euch, dass ihr mich aufgenommen habt. Doch ich kann so nicht mehr. Es tut mir leid. Ich schaffe es einfach nicht. Bitte seid mir nicht böse. 

Ich bin euch dankbar für alles was ihr getan und versucht habt.

Lebt wohl

Alex!

Er legte den Zettel auf den Küchentisch und lief aus dem Haus. Er rannte zu dem alten Kinderheim. Tränen stiegen ihm in die Augen, als er die Treppen hochstieg. Alex kletterte aus dem Fenster und stieg aufs Dach. Er setzte sich, zog seine Beine an und betete seinen Kopf auf die Knie. Tränen liefen sein Gesicht herunter. Alex konnte sie nicht stoppen.

„Warum muss alles in meinem Leben schief gehen? Warum kann ich nicht ein ganz normales Leben haben?“

Weil du nicht normal bist!

„Ich weiß. Aber warum? Ich wollte doch nur eine Kindheit, Freunde, eine Familie. Ich hasse es!“

Ich weiß. Ich hasse es auch!

„Ich hasse mich. Ich mache nur Fehler. Ich will sterben!“

Ich kann auch nicht mehr. 

„Ich muss es tun. Ich kann so nicht mehr leben. Die Schuldgefühle, alles was ich getan habe, frisst mich von innen auf. Ich will das nicht mehr. Ich hasse es. Ich hasse mich. Ich hasse alles. Ich verdiene es nicht zu leben. Ich bin doch nur ein Stück Dreck. Ohne mich wären alle besser dran. Es würde mich eh keiner vermissen. Ich bin bedeutungslos!“

Ich verstehe dich. Ich fühle auch so. Ich bin böse. Du musst dich töten, sonst hört das nie auf.

Alex fing an zu wimmern. Er konnte seine Gefühle nicht mehr beherrschen. Er brach förmlich zusammen. Seine Maske, für die er so hart gearbeitet hatte, fiel von ihm ab. Er war nur noch ein Häufchen Elend!

„Leb wohl Welt. Du hast es geschafft. Du hast mich besiegt. Ich gebe auf. HÖRST DU! DU HAST GEWONNEN!“

Alex stand auf und schrie.

„DU HAST GEWONNEN! ICH HABE VERLOREN! MEIN LEBEN HAT SEIN ENDE GEFUNDEN!“

Die Klinge lag schwer in seiner Hand. Sie lächelte ihn an. Seine Finger umfassten sie härter. Die Knöchel traten weiß hervor. Er setzte die Klinge an und flüsterte:

„Leb wohl!“

2. Leben!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt