Der Laden, vor dem wir hielten, war eindeutig nicht das Ägyptische Museum.
Bis zu einem bestimmten Punkt hatte ich noch gehofft, Gabe würde einfach nur zu unserer Wohnung fahren und das Auto abstellen, weil wir mit der Bahn nicht im Stau stecken bleiben konnten. Meine Hoffnung sank mit jeder weiteren Berliner Seitenstraße, in die Gabes rostiger 300E ratterte, bis wir vor einer mit Graffiti besprühten Ladenfassade hielten. Die Sackgasse war so schmal, dass wir unmöglich wenden konnten. Abgesehen vom Laden, der in grellgelben Buchstaben Holy Barb verkündete, befanden sich nur ein paar überlaufende Mülltonnen darin.
„Gabe." Ich sah zu einem grimmigen Kerl, der aus dem Laden kam. Er hielt sich ein Stück Verband an die Wange. „Wo zur Hölle sind wir hier?"
Gabe stieg aus, von draußen drang der unverwechselbare Großstadtgestank in den Wagen und vermischte sich mit dem verbliebenen Tequilageruch.
„Bei meinem Tätowierer." Als ich mich nicht regte, klopfte er auf das Dach. „Steig schon aus, Alter."
„Das kannst du aber so was von vergessen." Ich verengte die Augen. „Du versuchst doch seit Jahren, mir ein Tattoo anzudrehen."
„Und jetzt ist die perfekte Gelegenheit dafür." Er schmiss die Tür zu und kam um den Wagen herum. „Nur zu deinem besten, Tris."
„Wer's glaubt!"
„Raus mit dir, Zombieboy." Levi sprang so schnell aus dem Wagen, dass die ganze Karre wackelte. Gabe lehnte sich neben meiner Tür an die Karosserie. „Weißt du, wenn du es nicht hier machen willst, ich kann mir auch ein Tätowiergerät besorgen und das selbst erledigen...-"
Ich sprang so schnell aus dem Wagen, dass Levi beinahe die Tür abbekam.
„Schon gut, schon gut, ich komme ja." Ich warf Gabe einen bösen Blick zu. „Aber ich lasse mir kein Tattoo stechen, kapiert?"
„Das sagst du jetzt."
„Das sage ich nicht nur, das ziehe ich auch durch."
„Wir werden sehen."
Gabes Grinsen wollte mir so gar nicht gefallen. Levi wich an die Ladenfassade zurück und stieß gegen eine leere Bierflasche. Er sah sich nach allen Seiten um, geradeso als wäre er ein Geheimagent und würde einen Angriff erwarten. Vielleicht tat er das auch. Gabe nahm mich an der Schulter und schob mich unausweichlich auf die Eingangstür zu, Levi beeilte sich, uns zu folgen. Der Laden war nicht sonderlich groß, ein durchschnittlicher Raum mit schwarzen und grünen Wänden, an denen rissige Bilder von tätowierten Menschen hingen. Hinter der Theke, auf der mehrere Bierflaschen standen, war niemand zu sehen, abgesehen von der Dartscheibe, die darüber hing. Der Tätowierstuhl stand mitten im Raum und erinnerte mich stark an ein Foltergerät.
Einfach gesagt, ich fühlte mich etwas unwohl.
„Ey, Breschi." Gabe knallte die Tür hinter uns zu, die Scheibe darin zitterte. „Jemand da?"
„Geschäft öffnet erst um Zwölf", kam eine Stimme aus dem Nichts, das sich als schwarzer Vorhang auf der rechten Seite des Raums entpuppte. Gabe verdrehte die Augen.
„Komm aus deinem Loch gekrochen, du hast genug gepennt."
„Verpiss dich!"
Mein bester Kumpel knurrte ein bisschen - und ging um die Theke herum.
„Muss ich etwa erst laut werden?"
„Stopp!" Hinter dem Vorhang war geschäftiges Treiben zu hören. Gabe verschränkte zufrieden die Arme vor der Brust und beobachtete, wie ein etwas kleinerer Typ von vielleicht Ende Zwanzig aus dem Nebenraum stolperte. „Alter, Henning, lass einen doch einmal ausschlafen."
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Schlimmer Geht Immer - Tristan-Winter-Reihe I
Paranormal"Wirst du mich auslachen?" "Ich werde es versuchen." Zombies in der Gerichtsmedizin, Ghule in freier Wildbahn, Dämonen auf der Jagd nach Tattoos. Tristan fühlt sich, als wäre er in einen schlechten Horrorfilm geraten. Plötzlich muss er sich gemeinsa...