34 - Nadeln machen Spaß

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Gabe wollte das Tattoo wirklich noch am selben Tag, also fuhren wir ins Holy Barb. Tony drohte an, mir mein zukünftiges Tattoo gleich hinterher zu stechen, ließ mich aber wegen Behinderung noch mal davonkommen.

„Ihr müsst übrigens nicht mit reinkommen." Tony warf mir und Levi auf der Rückbank einen Blick zu. „Man weiß ja nie, wo sich die Irren von heute tätowieren lassen wollen."

„Klar." Ich versuchte nicht daran zu denken, was beim letzten Mal mit Levi passiert war. „Wir können auch im Auto warten, nicht wahr, Levi?"

„Sicher können wir das."

„Keine Chance." Gabe parkte vor dem Tattoostudio. Dieses Mal stand noch ein anderer Wagen davor. „Nach dem, was heute Morgen passiert, ist könnt ihr zwei froh sein, wenn ihr noch ohne Aufpasser ins Bett gehen dürft."

Ich verengte die Augen. Gabe wusste genau, wie sehr ich es hasste, wenn er so mit mir redete.

„Und warum, wenn ich fragen darf?"

„Weil du" - er drehte sich zu mir um - „kein bisschen auf dich selbst aufpassen kannst, Kumpel. Heißt, keine Alleingänge für dich, bis du gelernt hast, dich zu verteidigen."

„Ich kann mich verteidigen." Hilfesuchend sah ich zu Tony. „Oder?"

„Sorry, Tristan, aber Henning hat recht." Sie stieg aus. „Ich schaue mal, ob ein Stuhl frei ist."

Sie verschwand im Laden. Gabe stieg ebenfalls aus dem Wagen und öffnete meine Tür. Ich verschränkte die Arme und blieb sitzen. Gabe verdrehte die Augen.

„Dein Ernst?"

„Leck mich doch."

„Kommst du in deine Trotzphase?" Er sah an mir vorbei. „Aussteigen, Zombieboy. Aber vorher kannst du mir die Krücken geben."

Levi stieg aus und reichte ihm ohne jeden Protest meine Krücken über das Dach hinweg.

„Ich werde nicht aussteigen, Gabe."

„Du benimmst dich wie ein Kleinkind." Er griff an mir vorbei und löste den Sicherheitsgurt. „Hör auf zu schmollen, Tris. Ich sage nur die Wahrheit."

„Muss das ausgerechnet sein, wenn..."

Ich deutete mit dem Kopf in Richtung Laden. Gabe grinste.

„Falls es dich tröstet, sie wusste vorher schon, dass du dich nicht wehren kannst..." Ich schlug ihn - und war nicht schlecht überrascht, als er zurückzuckte. Verblüfft drehte er seinen Arm. Ein roter Abdruck war zu sehen, der schnell dunkler wurde. „Gar nicht schlecht."

„Mist, tut mir leid." Ich rieb mir den Nacken. „Das - Das liegt an dieser seltsamen Ghul-Stärke. Damit komme ich einfach nicht klar."

„Seltsame Ghul-Stärke...?" Auf einer fernen Bewusstseinsebene registrierte ich, dass es das erste Mal war, das Gabe einen Schlag nicht zurückzahlte. „Wir reden später darüber. Raus da, bevor jemand anderes mein Tattoo bekommt."

Er zog mich kurzerhand aus dem Wagen. Ich wand mich in seinem Griff.

„Lass mich sofort..."

Mein Fuß stieß gegen den Rahmen, ich zischte. Gabe nutzte den Moment, um mich hinzustellen und mir die Krücken in die Hand zu drücken, bevor er den Wagen abschloss. Ich knirschte mit den Zähnen, humpelte ihm aber hinterher.

„Arschloch."

Levi starrte uns aus riesigen Augen an. Ich verpasste ihm einen leichten Schubs mit der Krücke, damit er losging, Gabe war schon im Laden verschwunden. Levi hielt mir die Tür auf, damit ich ins Holy Barb humpeln konnte. Tatsächlich war der Tätowierstuhl im Vorderzimmer schon belegt von einem Mittvierziger, dem ich eher einen Büroanzug als ein Tattoo zugetraut hätte. Breschke, der gerade einen Tupfer in die Hand nahm, deutete auf die Theke, hinter der ich eine Tür erkannte.

Schlimmer Geht Immer - Tristan-Winter-Reihe IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt