48 - Spinner

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Als wir nach oben kamen, war Levi verschwunden.

Er war nicht in der Küche, nicht in meinem Zimmer und die Badezimmertür stand offen. Gabe ließ die Fingerknöchel knacken.

„Wo versteckt sich der kleine Scheißer?"

„Gabe." Ich schob ihn in Richtung Küche. „Du bist nicht hier, um ihn umzubringen."

„Der ist eh längst tot." Er ging an mir vorbei in sein Zimmer. „Komm raus, Zombieboy. Ich habe eine Überraschung für dich."

Verwirrt sah ich zu, wie er neben seinem Bett in die Knie ging und darunter griff.

„Gabe?" Ich ging auf ihn zu. „Was machst du da?"

„Ich" - er zog den Baseballschläger unter dem Bett hervor - „verpasse diesem Verräter eine Abreibung."

„Moment." Ich wich zur Seite aus, als er sich an mir vorbei in den Gang schob. „Du hast doch gesagt...-"

„Ich habe gar nichts gesagt." Er ging in die Küche und machte sich daran, einen Schrank nach dem anderen aufzustoßen. „Komm raus, Zombielein. Umso eher du rauskommst, umso schneller ist es vorbei."

„Gabe?" Seine Stimmlage ließ mich schaudern. „Du machst mir Angst."

„Sehr gut." Er knallte die letzte Schranktür zu, ich zuckte zusammen. „Du bist als nächstes dran."

„W-Was?"

Sein Grinsen war bestialisch.

„Nur ein Scherz." Er schubste mich zur Seite und lief in mein Zimmer, seine Schultern angespannt. „Du kannst dich nicht ewig verstecken, kleine Drecks...-"

Gabe verstummte. Es war viel zu still in der Wohnung. Ich schlich in mein Zimmer. Der Baseballschläger lag auf dem Boden. Die Jalousien waren heruntergelassen. In der Nähe des Schranks knackte es.

„Gabe?" Lass es nicht die Puppe sein, nicht wieder diese Horrorpuppe. „Alles okay...?"

Etwas sprang mich an.

Schreiend fiel ich auf den Boden, ich riss die Arme nach oben, aber da kam nichts mehr. Ich lugte durch meine Hände hindurch. Gabe starrte mit einem boshaften Grinsen auf mich herunter.

„Scheiße." Mein Puls raste. „Willst du mich umbringen?"

„Was ist denn los, Tristan?" Er hob den Baseballschläger auf. „Hoher Blutdruck?"

„Du Arsch." Ich rappelte mich auf. Meine Knie zitterten. „Hätte ich gewusst, dass du so was abziehst, wäre ich dir nicht..."

Etwas tropfte auf meine Schulter. Gabe starrte auf eine Stelle über mir, langsam hob er den Baseballschläger.

„Nicht bewegen."

Ich versteifte mich. Bitte keine Ghule mehr. Gabe holte aus. Der Baseballschläger fegte über meinen Kopf hinweg, der Luftzug zerzauste mir die Haare. Gabe riss den Schläger zurück, ich ließ mich auf den Boden fallen. Dieses Mal tropfte etwas in meinen Nacken. Es lief mir den Hals hinab in den Kragen. Mir wurde übel. Gabe schlug mit dem Baseballschläger zu, etwas kreischte. Dann war es still.

„Steh auf." Gabe hielt den Schläger vor sich wie ein Schwert. „Komm schon!"

Ich kam auf die Füße, die Übelkeit setzte sich in meiner Kehle fest. Mein Blick huschte zur Decke und ich sah...

„Spinnenweben?"

„Sieht ganz so aus."

Gabe fixierte die Fäden, als würde jeden Moment etwas daraus hervorspringen. Die komplette Decke war eingesponnen, eine dicke Schicht, die Vorhänge durch die Dunkelheit spannen. Sie waren nicht weiß, sondern grau. Gabe fletschte die Zähne.

Schlimmer Geht Immer - Tristan-Winter-Reihe IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt