Die erste Woche verlief recht ruhig. Meine Kurse waren in Ordnung und allmählich fand ich mich in diesem Glasklotz zurecht. Es war Freitag und ich wartete in der Küche mit einem Kakao darauf, dass Nessi eintraf. Mit einer halben Stunde Verspätung kam sie dann endlich. "Hallo Trina, wie geht es dir? Ich hab dich ewig nicht mehr bei meiner Oma gesehen. Ja ich finde es auch schön, dass ich mich so gut mit ihrer Enkelin verstehe. In der Küche? Ok super danke." Während man meine Oma mit ihrer leisen Stimme nicht hörte, konnte man Vanessa nicht überhören. Schon kam sie in die Küche. "Hallöchen Loki. Was trinkst du denn da?" Stirnrunzelnd blieb sie vor mir stehen. "Das Gleiche wie ich. Einen kalten Kakao." Thomson saß neben mir. "Oh du musst wohl der große Thomson sein. Ich hab gehört du passt immer ganz toll auf deine Schwester auf?" Thomson brüskte sich über dieses Kompliment und war sichtlich stolz. "Ja immer und zu jeder Zeit." Lächelnd sah er zu mir hoch und ich musste grinsen, weil ich diese Worte immer zum ihm sage, wenn er mich fragt ob ich ihn gerade lieb hab. "Gut, aber bei deiner Schwester muss noch ein bisschen was dazu." Aus ihrer Tasche nahm sie eine Flasche Baylies und ließ ohne Aufforderung eine große Menge der Flüssigkeit in meine Tasse laufen. Während sie ihre Tasse aus unserem Schrank holte, weshalb ich davon ausgehen konnte, dass sie öfter schon hier war, stand ich auf und so begaben wir uns hoch in mein Zimmer. Nessi hatte gefühlt ihren ganzen Kleiderschrank dabei. Sehr viele Outfits von Sommerkleidern zu Hotpants. "Was willst du anziehen?" fragte sie mich während sie eine Shorts an ihren Hintern hielt und diesen dann im Spiegel betrachtete. Schnell öffnete ich mein spärliches Kleidersortiment und zog eine schwarze Jeans und ein graues, weites Shirt raus. "Das ziehst du ganz sicher nicht an!" Angewidert stapfte sie zu mir rüber und verschwand mit ihrem Oberkörper in meinem Schrank. Zwischendurch hörte ich Laute des Entsetzens. "Wie kannst du sowas nur in deinem Schrank haben?" Grinsend setzte ich mich auf mein Bett und ließ sie meine Kleidung durchstöbern. Etwas erinnerte sie mich gerade an meine Mutter. Sie meinte auch ich soll mich trauen selbstbewusster zu kleiden und aufzutreten. Aber das war nicht so mein Gedanke.
Langsam drehte Vanessa sich um. "Was ist los?" besorgt blickte sie zu mir herunter. "Nichts, wirklich!" mit einem offenen Lächeln wollte ich sie überzeugen. "Das ist nicht wahr. Weißt du das mag vielleicht albern klingen aber ich kann sowas spüren. So als hätte jeder eine Aura um sich, bei der ich das ablesen kann. Ich weiß also, dass du traurig bist." "Was bist du, ein Spürhund?" lachte ich auf. Doch meine Freundin ließ nicht locker. "Du hast mich nur kurz an meine Mama erinnert. Sie hat sich auch immer über meinen Kleidungsstil aufgeregt und meinte ich soll mehr aus mir machen, mehr zeigen was ich habe. Irgendwann würde ich von einer Raupe zum Schmetterling aufblühen, davon war sie überzeugt. Doch jetzt ist sie weg und nun brauch ich erst recht nicht mehr mich rauszuputzen, weil sie es sowieso nicht mehr sehen kann." Nessi ließ die Arme sinken und kam zu mir. Langsam legte sie einen Arm um mich herum. "Das tut mir so leid Loki. Aber deine Mutter wird immer bei dir sein im Herzen und sie schaut nur von woanders zu. Außerdem solltest du dich für dich selbst auch schick machen, weil das manchmal gut tut. Meine Mama ist auch tot. Aber das ist schon lang her. Doch sie hat sich immer schön angezogen, laut den Bildern die ich gesehen habe. Aber ihren Geruch, den werde ich nie vergessen!" Überrascht blickte ich zu ihr. Wir sahen uns an und auch ohne Worte schienen wir uns zu verstehen. Ich fühlte mich zum ersten Mal seit langem wieder verstanden. "So und bevor wir in eine traurige Phase unserer selbst gelangen, suchen wir dir ein schönes Outfit raus. Zur Not bekommst du eins von mir." Freudig stand sie auf und klatschte in ihre Hände. Sie hatte Recht. Ich sollte mich auch mal meinetwillen schön machen. "Ich hab da eine andere Idee. Meine Mutter hatte mir mal ein Kleid gekauft." Ich sprang auf und zog eine kleine Kiste aus dem oberen Fach meines Schranks. Diese öffnete ich und ich zog ein kurzes schwarzes Cocktailkleid heraus. Dieses war oben geschlossen und bis zur Taille eng. Von da an viel es locker herunter. Am Ende des Kleids waren 2 zarte weiße Querstreifen. "Oder vielleicht ist es doch zu schick." Überlegte ich laut. "Auf keinen Fall, das wirst du anziehen! Das ist der Hammer! Ich werde auch mein kleines Schwarzes anziehen." Ein paar Minuten später wusste ich was Nessi als ihres kleines Schwarzes bezeichnete. Es war hauteng und an den Seiten war jeweils ein kleiner Schlitz der Haut zeigte. Sie sah einfach atemberaubend aus. Mit ihren langen gebräunten Beinen und der schwarzen langen Mähne. "Du bist wunderschön." sagte ich zu ihr und es war wirklich aufrichtig so gemeint. Die Männer werden heute Abend bei ihr Schlange stehen. "Du auch. Ich werde dich jetzt noch stylen und dann darfst auch du dich im Spiegel betrachten." Langsam nickte ich obwohl sie sowieso nicht auf meine Zustimmung gewartete hätte. Während ich fleißig an meinem Sekt trank, kümmerte sie sich um meine Haare und mein Make-up. Nach ein paar Gläsern war sie dann endlich fertig. Sie stellte sich vor mich, sah mich an und dann fing sie stolz an zu grinsen. Danach geht sie einen Schritt zur Seite und lässt mich in den Spiegel gucken. Meine dunkelbraunen, welligen Haare waren offen und lagen in perfekten Bewegungen auf meinen Schultern auf. Meine bernsteinfarbenen Augen wurden mit dunkelbraunen Lidschatten umrandet. Wobei meine Lippen nur mit einem Lipgloss zum glänzen gebracht wurden. Darüber war ich froh, sonst käme ich mir zu stark geschminkt vor. "Loki du siehst zauberhaft aus! Dann können wir ja jetzt los." Vanessa strahlte nahm meine Hand, den Rest vom Sekt und schon waren wir aus der Tür. Unten machte meine Oma noch ein paar Fotos von uns, war ja klar, so sah sie mich selten. "Liebes, hab heute ganz viel Spaß. Ich war so frei und hab deine Tasche gepackt mit dem Nötigsten. Meld dich wenn was ist." Mit einem Kuss auf die Wange schickte meine Oma uns raus in den sommerlichen Abend. Simons Auto wartete auf meinem Hof. "Simon wollte doch mit seinen Leuten hingehen?" fragte ich verwirrt. "Ja aber da er sowieso mit dem Auto hingefahren ist, hab ich gesagt kann er die Strecke nochmal zurück kommen und uns abholen." Meinte Vanessa selbstverständlich. "Heute Abend werden wir Spaß haben Loki." Dabei zwinkerte sie mir zu und stieg hinten in den Pick-up. Mal sehen ob sich diese Aussage noch bewahrheiten würde.
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MAC TÍRE
FantasyLoki lebt seit dem Tod ihrer Eltern und ihrer Schwester aufgrund eines mysteriösen Autounfalls, mit ihrem kleinen Bruder Thomson bei deren Großmutter Trina. Jedoch ist ihre neue Heimat anders und ständig hat sie das Gefühl etwas ganz Offensichtliche...