Kapitel 9

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Das Wochenende verlief nachdem Tabea mich Zuhause abgesetzt hatte, relativ ruhig ab. Ständig machte ich mir aber Gedanken über den Vorfall im Bad. Hätte ich ihn darauf ansprechen sollen? Hätte ich es Vanessa sagen sollen? Aber ab dem Tag darauf war ich mir nicht mehr so sicher ob ich wirklich das gesehen habe. Eigentlich ist das auch unmöglich. Dennoch ließ es mich nicht in Ruhe. Und auch die Träume waren immer die Selben. Ständig träumte ich vom Wald, Wölfen und von Miles. Ich mochte ihn. Und ich wusste nicht wie ich das finden sollte. Ebenso wusste ich nicht was mich in der Schule erwarten würde. Da würde ich höchstwahrscheinlich nochmal Alex begegnen. Auch wenn die Salbe gut geholfen hat, sodass die Schwellungen zurück gingen, sind die blauen Flecken noch zu sehen. "Loki komm. Wir müssen los." Rief Oma Trina. Ich sah mich nochmal im Spiegel an. Heute trug ich ein einfaches weißes Sommerkleid und dazu Sneakers. War doch ganz passabel. Ob es Miles gefallen wird? Ich stockte während meines Gedankengangs. Wen interessiert es, ob Miles das gefällt? Genervt sah ich in den Spiegel. Dich. "LOKI!" Schnell rannte ich die Treppe runter. Meine Oma wartete schon an der Haustür. Ok auf geht's!

Aus meinem Spind nahm ich die Bücher die ich für heute brauchen würde. "Hey Loki! Bereit für Geschichte?" Neben mir stand Vanessa. Sie trug einen rosafarbenen Rock und eine weiße Bluse. Jedoch stimmte was mit ihr nicht, sie war nicht so gut gelaunt wie sonst. "Vanessa ist alles in Ordnung? Hab ich was falsch gemacht?" Kurz huschte ihr Blick rüber zu mir. "Nein du hast nichts falsch gemacht. Ich hatte am Sonntag nur ein kleines Familiendrama bei mir Daheim zwischen meinem Vater und Miles. Jedoch weiß ich nicht genau worum es geht. Und deshalb zerbrech ich mir den Kopf. Und ich hab mich von Max getrennt." Achselzuckend ging sie weiter. "Oh das tut mir leid. Warum hast du dich getrennt? Was weißt du denn über den Streit?" Fragte ich nach. "Es ist besser so glaub mir, wir haben uns beide nicht genügend geliebt. Ich will nicht darüber reden. Nun ja. Wie soll ich dir das erklären. Also Celine, die momentane Freundin von Miles, soll später seine Frau werden wenn es nach meinem Vater ginge. Ihre Familie kommt von weiter weg und sie ist allein extra hier her gezogen, weil mein Vater bei Miles Geburt diese zukünftige Ehe arrangiert hat. Celines Vater hat ebenso viel Einfluss wie meiner und beide Elternteile haben sich dadurch mehr Macht aber auch Sicherheit erhofft. Doch Miles hat jetzt gesagt, dass er das nicht möchte. Er will entscheiden mit wem er zusammen sein wird und das wäre nicht Celine." Vorsichtig sah sie zu mir rüber. Bewusst beließ ich es bei dem Thema Max und fokussierte mich auf das andere Dilemma. "Oh Gott ist euer Vater konservativ. Ich würde mir das auch nicht gefallen lassen. So eine Zwangshochzeit habe ich noch nie aus nächster Nähe mitbekommen. Das ist ja krass." Überlegte ich laut. Ungewollten Groll hegte ich gegen ihren Vater aus. "Ja seh ich auch so. Und ich versteh ihn total, Celine ist manchmal echt anstrengend. Das ist aber alles komplizierter. Glaub mir. Aber das ist nicht der springende Punkt Loki. Mein Bruder war sich seiner Lage all die Jahre bewusst und er kennt Celine schon länger. Aber es war ihm egal, dafür hat er ständig seine Freundinnen gewechselt. Er lebte den Moment. Er war bereit sie als Gefährtin zu nehmen, doch jetzt auf einmal nicht mehr! Ich denke mein Bruder hat jemanden kennengelernt, der ihm wirklich am Herzen liegt und wenn wir 21 werden, sehen wir ja ob es seine Mate wird." Strahlend sah sie mich an und hüpfte auf und ab. "Seine Mate? Ich versteh nicht." Plötzlich hörte sie auf zu hüpfen und sah erschrocken aus. "Ja eh ich hab mich versprochen. Ist egal wir müssen weiter." Schnell zog sie mich weiter bis wir in den Raum stolperten. Mit einem Schwung ließen wir uns neben Simon nieder. Andauernd spürte ich Blicke auf mir, sodass mir richtig heiß wurde. Aber ich trete mich nicht um. Während Vanessa viel mit Simon redete, dachte ich über ihre seltsame Geschichte und über das Wort Mate nach. Die Klingel riss mich aus meinen Gedanken. Simon und Vanessa standen schon und warteten auf mich. "Loki kommst du? Euer Englisch und mein Lateinkurs fallen ja aus, sollen wir uns auf dem Schulhof in die Sonne legen?" Schnell schmiss ich alles in meine Tasche und schloss mich ihnen an. Wir begaben uns auf ein sonniges Fleckchen. Noch jemand gesellte sich zu uns, aber ich war schon davon abgelenkt im Internet mehr über diesen Begriff Mate herauszufinden.

Als allererstes fand ich Informationen über eine Mate-Pflanze aus deren Blätter Mate-Tee gewonnen wird. Über einen kanadischen Arzt konnte ich auch was finden, dieser wurde jedoch Maté geschrieben. Mürrisch suchte ich weiter. Aus dem Englischen kannte ich auch den Begriff als Freund oder Kumpel. Letztendlich wollte ich schon aufgeben, denn was ich hier tat war eigentlich lächerlich. Doch dann sah ich eine Fragestellung in einem Forum: "Was ist ein/eine Mate?" In erster Linie kamen Antworten wie "Eine Pflanze aus deren Blätter ein Aufgussgetränk hergestellt wird. z.B Club Mate." Jedoch war es eine ganz andere Antwort weiter unten, die mich aufhorchen ließ: "Eine Mate, oder auch Soulmate im Zusammenhang mit Werwölfen ist ein Gefährte. Also hat jeder Werwolf eine Mate, die ein Mensch oder ebenfalls ein Werwolf sein kann. Die sind seelisch verbunden und diese Bindung ist stärker als Liebe. Stirbt ein Werwolf , so stirbt auch ein Teil seines Mates. Die Verbindung zwischen den Gefährten wird durch einen Vorgang, das 'markieren' (und das hat nichts mit anpinkeln zu tun) vollendet. Ich hoffe, ich konnte dir helfen." Das Wort Gefährte hatte Vanessa auch erwähnt. Unschuldig und möglichst unauffällig sah ich von meinem Handy hoch zu meiner Freundin. Ausgelassen lachend saß sie im Schneidersitz mir gegenüber und unterhielt sich angeregt mit einem aus unserem Englischkurs. Was unterstellte ich ihr gerade? Dass sie ein Werwolf ist? Bin ich denn mittlerweile völlig verrückt geworden? Sie spürte meinen Blick uns schaute zu mir. Leicht zog sie die Augenbrauen hoch und sah dann an meinen Ohren hinab zu meinen Armen. "Hey was schaust du mich denn auf einmal so skeptisch an?" Lachend warf sie ihren Apfel nach mir. "Tut mir leid ich war nur in Gedanken." Murmelte ich. Ich wollte nicht direkt meine Freundin verlieren und als Verrückte abgestempelt werden. Lag es an diesem Ort oder an dem Unfall? Seit ich hier war kam ich durch irgendwelche Gedankengänge in meinem Kopf, Träume, Internetseiten und auch teilweise merkwürdige Geschehnisse immer wieder zum Thema Wolf. Das ist nicht normal. Und mein Gefühl schreit mich förmlich an, dass ich etwas ganz banales nicht sehe. Aber unwichtig wie oft ich blinzel, ich seh's einfach nicht.

MAC TÍREWo Geschichten leben. Entdecke jetzt