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Sie unterbrach den Kuss und erhob sich schnell von der Bank. Überraschte Augen blickten zu mir hinunter. „Ich... Ich muss weg. Wir sehen uns morgen in der Schule.“ Sie drehte sich um und wollte gerade gehen, als ich sie ohne zu zögern am Handgelenk packte und wieder zu mir drehte. „Was soll das? Sie können mich doch jetzt nicht hier zurück lassen. Nach allem was passiert ist.“ Natürlich redete ich von dem Kuss. Aber ich war noch zu aufgewühlt und durcheinander um es laut auszusprechen. „Es war ein Fehler. Vergiss einfach, was ich gesagt oder getan habe.“ Sie wirkte unsicher. Aber in dem Moment meinte sie, was sie sagte. Geschockt ließ ich meine Hand sinken und starrte in die Ferne. Ein Fehler? Wie kann etwas so schönes ein Fehler sein? Noch lange saß ich auf der Bank und dachte an den Kuss und unser Gespräch. Meine Lehrerin war nach ihren Worten einfach gegangen und hatte sich nicht einmal umgedreht. Gestern war es Amelia und heute Frau Klein. Warum verletzten mich die Menschen die ich liebte nur immer wieder? Ich verstand es einfach nicht und war der Verzweiflung nahe. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich weinte. Wütend wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, stand auf und ging nach Hause.

Dort angekommen schaltete ich die Kaffeemaschine ein und holte mein Handy aus dem Schlafzimmer, wo ich es heute morgen hatte liegen lassen. Zwei ungelesene Whatsapp-Nachrichten zeigte mein Display an. Natürlich von Amelia. Wer sollte mir auch sonst schreiben? Ich seufzte und entsperrte das Display. Irgendwie nervte es mich ein wenig, dass sie mir schon wieder schrieb. Ich hatte doch gesagt, dass ich Zeit brauchte. Was war bitte daran nicht zu verstehen? Naja, ich merkte es ja selbst: Wenn man verliebt ist, macht man komische Dinge. Ich öffnete den Chatverlauf und las die Nachrichten. Die erste Nachricht beinhaltete nur ein simples 'okay'. Das war wohl die Antwort auf meine Aussage, dass es mir nicht gut ginge. Da ich mein Handy während des Spazierganges zuhause gelassen hatte, empfing ich diese natürlich erst jetzt. Die zweite Nachricht kam vor knapp dreißig Minuten: 'Bitte Emma. Ich möchte mit dir reden. Du fehlst mir so schrecklich. Es tut mir so leid.' Irgendwie tat es mir schon etwas weh sie so leiden zu lassen. Es war ja nichts neues das man unüberlegte Dinge sagte, wenn man wütend war. Vielleicht war ich aber auch wirklich naiv. Ich wusste nicht was ich denken sollte. Ich überlegte lange, was ich ihr schreiben sollte aber mir fiel einfach keine passende Antwort darauf ein. Erneut seufzend legte ich das Handy weg und goss mir eine Tasse Kaffee ein. Ich setzte mich zurück an den Tisch, nahm einen vorsichtigen Schluck und genoss die Wärme, die der Kaffee in mir auslöste. Ich nahm erneut das Handy zur Hand und tippte zwei Wörter ein, ehe ich sie abschickte: 'Komm vorbei.' Ich hatte keine Ahnung, ob es richtig war, aber das würde ich ja gleich herausfinden.

Keine zwanzig Minuten später klingelte es an der Tür. Ich war überrascht, dass sie so schnell hier war. Sie war bestimmt sofort losgefahren als ich meine Nachricht abgeschickt hatte. Ich ging zur Tür und öffnete diese. Vor mir stand sie und sah mich mit gerötteten Wangen an. Ob es jetzt daran lag, dass sie sich so abgehetzt hatte oder mich sah, konnte ich nicht sagen. „Hallo Amelie. Komm doch bitte rein.“ Um meine Worte zu unterstreichen machte ich einen Schritt nach links, damit sie eintreten konnte. Ich holte zwei Tassen Kaffee aus der Küche und setzte mich mit ihr ins Wohnzimmer. Ich entschied mich für den Sessel, während sie auf dem Zweiersofa platz nahm. „Du wolltest reden? Ich bin ganz Ohr.“ Ich sah ihr mit ausdrucksloser Miene in die Augen. Sie biss sich auf die Unterlippe und starrte den Boden an. „Mach es mir doch bitte nicht so schwer. Ich will nicht, dass du sauer auf mich bist. Ich habe doch nur dich. Es schmerzt so sehr, je länger ich darüber nachdenke. Ich hätte dir nie so etwas an den Kopf werfen sollen. Das machen Freunde einfach nicht. Bitte verzeih mir.“

Mit jedem gesagten Wort klang ihre Stimme trauriger. Nun flossen die Tränen ihre Wange hinab. Ihren Kopf hielt sie aber weiterhin stur nach unten. Wortlos setzte ich mich neben sie auf die Couch und schloss sie in meine Arme. Das aufkommende kribbeln versuchte ich so gut es ging zu unterdrücken. In dem Moment wurde mir aber klar, dass es für sie noch schwieriger sein musste, mir so Nahe zu sein. Ich wollte eine gewisse Distanz aufbauen und zurück auf den Sessel flüchten, aber sie drückte mich nur noch fester an sich. „Lass mich bitte nicht los.“ Ich seufzte und schaffte es nach mehreren versuchen dann doch, mich von ihr zu lösen. Ich packte ihre Schultern und schüttelte sie leicht. „Mensch Amelia, so geht das nicht weiter. Du machst dich nur kaputt, wenn du so krampfhaft meine Nähe suchst. Hör auf damit.“ Meine letzten Worte schrie ich ihr entgegen. Schnell kam das schlechte Gewissen. Ich war ein ruhiger Mensch und wusste selbst nicht, was in mich gefahren war. Auch sie schien geschockt über meine Reaktion und starrte mich mit großen Augen an. Bevor sie etwas erwidern konnte, stand ich auf und flüchtete ins Badezimmer.

Ich wünsche mir Glück (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt