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Mareike
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Nach getaner Arbeit fanden wir uns gegen 17 Uhr auf der Couch wieder. Ich hielt Emma fest an mich gedrückt und dachte über den heutigen Tag nach. Die Sache mit dem Sex war also raus. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass Emma so gut darauf reagieren würde. Das sie mich verlassen würde hätte ich sowieso nicht in Betracht gezogen, aber das sie ganz darauf verzichten könnte, auch nicht. Ich hatte bei der ganzen Sache doch ein mulmiges Gefühl. Vielleicht war sie sich ihren Worten in dem Moment nicht bewusst, oder aber sie meinte es wirklich genau so. Ich wusste es nicht und nahm mir vor, nach der Abreise ihrer Eltern, nochmal auf das Thema zurückzukommen.

In meiner Ehe wäre das Thema niemals auf den Tisch gekommen. Ich wusste, dass mein Ex-Mann den Geschlechtsverkehr mit mir sehr genoss. Fast täglich war er bereit dazu und ich hatte mich ihm hingegeben. Sicher, es war am Anfang auch für mich sehr schön, aber irgendwann hatte ich keinen Spaß mehr daran gehabt. Gesagt hatte ich ihm dies aber nie. Wenn ich es getan hätte, wäre er vermutlich schon eher fremd gegangen und ich hätte mir all dies ersparen können. Aber ich liebte ihn so sehr, dass ich meine eigenen Wünsche hinten angestellt hatte und einfach den Mund hielt. Dies war auch der Grund, weshalb ich mich von ihm zurückzog, er mich betrog und wir uns schließlich scheiden ließen.

Ich wollte nicht, dass mir dasselbe mit Emma passierte. Sie war ein sensibler Mensch und suchte zuerst die Schuld bei sich. Darum habe ich meine Bedenken über Bord geworfen und mich ihr anvertraut. Wir waren erst seit kurzer Zeit zusammen und andere würden mich sicherlich für verrückt erklären, aber ich war mir sehr sicher, dass ich sie liebte.

„Mareike? Woran denkst du?“ Ich war so in Gedanken, dass ich ganz vergessen hatte, wo ich mich gerade befand. Ich sah auf und direkt in ihre wunderschönen braunen Augen. „Das ist jetzt nicht der Rede wert Liebste.“ Meine Augen lösten sich von ihr und sahen auf die Uhr, die neben dem Fernseher hing. Halb sechs. Ich seufzte und richtete meinen Blick wieder auf sie. „Deine Eltern kommen gleich. Bitte lass uns ein ander Mal darüber reden.“ Sie nickte und drückte meine Hand. „Das ist okay. Bitte mach dir wegen meiner Eltern nicht so viele Gedanken. Ich habe ein gutes Gefühl bei der Sache.“ Ich lächelte und wusste, dass es nicht sehr überzeugend aussah. Mein Gefühl sagte mir noch immer etwas anderes. Ich hoffte sehr, dass ich mich irrte und doch alles gut werden würde.

Pünktlich um 18 Uhr fuhr ein Auto auf den Hof. Ich blieb wie erstarrt auf der Couch sitzen, während Emma zur Tür eilte. Sie freute sich, das war unschwer zu erkennen, aber eine leichte Nervosität begleitete sie trotz allem. Die vergangenen zwanzig Minuten hatte sie damit verbracht, unruhig auf und ab zu gehen. Erst als ich sie in eine feste Umarmung zog und beruhigende Worte in ihr Ohr flüsterte, löste sich die Anspannung ein wenig. Meine hingegen wuchs von Minute zu Minute. Jetzt, wo es soweit war, schien sie mich regelrecht zu erdrücken. Ich hörte, wie Emma ihre Eltern begrüßte und mit ihnen die Wohnung betrat. „Es ist so schön dich zu sehen, Schatz. Wir haben dich sehr vermisst.“ Eine freundliche Stimme drang an mein Ohr. Das musste ihre Mutter sein. „Ich habe euch auch vermisst, Mama. Wollen wir ins Wohnzimmer gehen? Ich möchte euch gerne jemanden vorstellen.“ Ich erhob mich und wischte meine schweißnassen Hände an der Hose ab. Jetzt war es also so weit.

Die drei betraten die Wohnküche und bemerkten meine Anwesenheit. Mit zitternden Beinen ging ich ihnen entgegen und lächelte. Emma erhob zuerst das Wort. „Mama, Papa? Das ist Mareike.“ Gut so. Auf keinen Fall mit der Tür ins Haus fallen. Ich schmunzelte in mich hinein, als mir bewusst wurde, dass ich Selbstgespräche führte. Das war aber auch eine blöde Situation. Ich ermahnte mich zur Besinnung und streckte die Hand aus. „Guten Abend Herr Reuter, Frau Reuter, es freut mich, Sie kennenzulernen.“ Sie nahm meine Hand zuerst und schenkte mir ein Lächeln, welches mich stark an Emmas erinnerte. Sie sah ihr sowieso ziemlich ähnlich. Sie hatte die gleichen kupferfarbenen Haare, die im Gegensatz zu ihren aber schon leicht ergrauten, die selben Gesichtszüge und auch die schönen braunen Augen. „Guten Abend, die Freude ist ganz meinerseits.“ Sie ließ meine Hand los und ich drehte mich zu Emmas Vater. Er wirkte nicht ganz so erfreut wie seine Frau und musterte mich eingehend. Herr Reuter schüchterte mich zudem sehr ein. Er war gute zwei Köpfe größer als ich und hatte nichts mit Emma gemeinsam. Sein Haar war ziemlich dunkel und hatte, zu meiner Verwunderung noch keine grauen Stellen. „Guten Abend, dürfte ich erfahren, in welcher Beziehung Sie zu meiner Tochter stehen? Sie scheinen einige Jahre älter zu sein.“ Kein Händeschütteln oder sonst eine Geste.

Ich wünsche mir Glück (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt