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Ich konnte meinen Blick nicht von der wunderschönen Frau vor mir abwenden.  Sie trug eine schwarze Bluse, die oben an den Schultern mit Spitze versehen war. Ein weißer, knielanger Rock umspielte ihre langen Beine. Schwarze Pumps mit einem kleinen Absatz rundeten ihr Outfit ab. Die Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden. „So wie du mich ansiehst, kann ich davon ausgehen, dass das Outfit so in Ordnung geht?“ Ich nickte, ging die wenigen Schritte auf sie zu und fuhr das Muster auf ihrer Schulter nach. „Mehr als nur in Ordnung. Du siehst aus, als wärst du einem Katalog entsprungen. So.. wunderschön.“ Mareike lachte und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. „Danke. Du bist wirklich süß.“ Ich ließ von ihr ab und strich mir verlegen über den Arm. Nun war es Mareike, die sich dicht vor mich stellte. Sie legte eine Hand auf meine erhitzte Wange und strich sanft darüber. Wie in Zeitlupe kam sie meinem Gesicht entgegen, verwickelte mich erneut in einen Kuss, der mir ein unglaubliches Kribbeln bereitete.

Bevor sich der Kuss jedoch intensivierte, hörten wir ein Geräusch von draußen. Mareike ließ seufzend von mir ab. „Sehr schlechter Zeitpunkt, Mutter.“ Sie sprach aus, was ich gerade dachte. Andererseits war ich auch ganz froh darüber. Wer weiß, in welche Richtung sich der Kuss entwickelt hätte. Ich ging zum Waschbecken, drehte den Hahn auf und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, ob es normal war, dass sie so eine Wirkung auf mich hatte. Allein ihre bloße Anwesenheit löste ein starkes Kribbeln in mir aus und brachte mein Herz zum rasen. Ich schüttelte den Kopf und verließ das Bad. Darüber sollte ich jetzt wirklich nicht nachdenken.

Die Haustür stand weit offen doch niemand war zu sehen. Stattdessen vernahm ich ein fluchen. Ich zog eine Augenbraue nach oben und ging vorsichtig auf die Tür zu. „Mareike? Wo bist du?“ - „Ich bin hier draußen. Bitte bleib wo du bist.“ Noch ehe ich nachsehen konnte, erschien sie vor mir. In der einen Hand hielt sie einen Eimer. Mit der anderen fuhr sie sich durch die mittlerweile wirren Haare, bevor sie ein lautes seufzen von sich gab. „Ich hab doch gesagt, du sollst in der Wohnung bleiben. Ich will nicht, dass du das siehst.“ Ich ignorierte ihren Satz und hob fragend die andere Augenbraue. „Was ist denn passiert, Süße?“ Sie schien einen inneren Kampf mit sich auszutragen, ehe sie ein weiteres Mal seufzte und mich hinter sich herzog. Von weitem sah ich schon, was sie mir nicht hatte zeigen wollen. Ich wünschte mir in diesem Moment, ich hätte nicht danach gefragt. Über die gesamte Motorhaube stand das Wort Lehrerschlampe geschrieben. Ich hielt mir die Hand vor den Mund, während unaufhaltsam Tränen über meine Wangen liefen. „W-wer... tut so etwas?“ Mareike drückte mich an sich und streichelte mir beruhigend über den Kopf. „Das wüsste ich auch gerne. Das schlimme ist, ich bekomme es einfach nicht weg. Es tut mir wahnsinnig leid, Liebling.“

Auch als sie mich zurück in meine Wohnung brachte, schaffte ich es nicht, mich zu beruhigen. Sie zog mich behutsam auf ihren Schoß und flüsterte mir immer wieder Worte ins Ohr. Nach einer Ewigkeit schaffte ich es, zur Ruhe zu kommen. Ich hob meinen Kopf von ihrer Schulter und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. „Ich kümmere mich darum, Emma. Wir finden einen Weg.“ Ich zuckte zusammen, als die Haustürklingel ertönte. „Das wird deine Mutter sein. Kannst du aufmachen?“ Während ich das sagte, erhob ich mich von ihrem Schoß und hielt ihr die Hand hin. „Lass uns heute Abend noch mal darüber reden, ja?.“ - „Ja..Danke, dass du da bist.“ Ich lächelte sie an und machte mich auf den Weg ins Badezimmer. Ich musste schrecklich aussehen und wollte vermeiden, dass Silke mich so zu Gesicht bekam.

Je näher ich den Stimmen kam, desto nervöser wurde ich. Ich wollte nicht, dass uns dasselbe passierte, wie mit meiner Mutter. Zudem war Silke meine Arbeitskollegin. Wenn sie wirklich etwas gegen unsere Beziehung hatte, könnte ich nicht länger in der Firma arbeiten. Ich blieb vor der Tür stehen und atmete noch einmal tief durch. Erst dann betrat ich die Küche. Silke verstummte, als sie mich im Türrahmen stehen sah. Mareike bekam zu Anfang nichts davon mit und fuhr in ihrer Erzählung fort. Sie bemerkte schließlich den Blick ihrer Mutter und drehte sich zu mir um. „Da bist du ja wieder, Liebes.“ Ich nickte und ging zögerlich auf Silke zu. Zu meiner Verwunderung erhob sie sich lächelnd und legte einen Arm um meine Schulter. „Hallo Emma. Wie ich bereits erfahren habe, bist du diejenige, die meiner Tochter gehörig den Kopf verdreht hat. Ich freue mich sehr für euch.“ Unsicher blickte ich zu Mareike, die mir mit einem grinsen zu verstehen gab, dass alles in Ordnung war. Erst jetzt entspannte ich mich. Es fühlte sich an, als würde mir jemand eine große Last von meinen Schultern nehmen.

Ich wünsche mir Glück (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt