Kapitel 9

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Harry:

Während wir zu meiner Wohnung fuhren, blickte ich immer wieder unauffällig zu Anna herüber. Sie hatte den Kopf auf ihrem Arm aufgestützt und blickte gedankenverloren aus dem Fenster. Unwillkürlich fragte ich mich was wohl gerade in ihrem Kopf vorging. Ich hoffte inständig, dass es nichts mit mir zu tun hatte. Je weniger sie über mich nachdachte, desto später würde sie bemerken, dass mit meinem Leben etwas ganz uns gar nicht stimmte. Erneut breitete sich Selbstverachtung gemischt mit unbändigen Schuldgefühlen in mir aus.
Ich presste die Lippen aufeinander und konzentrierte mich wieder auf die Straße vor mir. Noch immer war ich nicht vollständig überzeugt von der Idee, Anna den anderen Jungs vorzustellen. Die Gefahr war ziemlich groß, dass sie letztendlich doch einen von uns erkennen würde. Doch das war die einzige Möglichkeit Louis und Liam davon zu überzeugen, dass ich alles unter Kontrolle hatte und Anna den ganze Aufwand wert war.

„Alles klar bei dir?“, fragte ich Anna besorgt, während wir im Fahrstuhl auf dem Weg zu meiner Penthouse Wohnung waren. Sie wirkte inzwischen genauso nervös, wie ich mich innerlich fühlte. Im Gegensatz zu ihr, vermied ich allerdings das auf irgendeine Art zu zeigen. Nach außen hin war ich wie immer die pure Selbstbeherrschung. Anna nickte, doch mit jedem Stockwerk, das wir höher fuhren, wirkte sie angespannter. Ohne lange nachzudenken, griff ich nach ihrer Hand und drückte sie beruhigend. Überrascht blickte sie erst auf unsere ineinander verschlungenen Hände, dann hoch zu mir. Ich grinste sie verschmitzt an, was sie ebenfalls zum Lächeln brachte. Erleichtert bemerkte ich wie sie sich wieder ein bisschen entspannte. Trotzdem ließ ich ihre Hand bis wie ganz oben waren nicht los.

Als sich die Fahrstuhltüren endlich zu meiner Wohnung öffneten, holte ich noch einmal tief Luft und trat dann mit Anna in den weitläufigen Wohnbereich. Nur mit Mühe konnte ich ein Lächeln verkneifen, als ich bemerkte wie sie sich mit großen Augen umschaute. Ihr Blick wanderte von großen Küche mit Kochinsel und Bar, über das riesige gemütliche Sofa vor dem glänzenden 3D Fernseher, zu der Treppe, die zu einem erhöhten Bereich führte, wo Mikrofone, Instrumente wie Gitarren und Schlagzeug sowie eine konzertreife Musikanlange aufgebaut waren. Ihre Aufmerksamkeit blieb schließlich an der weitläufigen Fensterfront hängen, die einen Blick auf die Dachterrasse freigab, wo gemütliche Sessel und Sofas um eine kaminartige Feuerstelle aufgebaut waren. Dahinter erstreckte sich ein atemberaubender Ausblick auf die Skyline von London. Ich bemerkte wie sich ihr Griff um meine Hand verstärkte, als hätte sie Angst jeden Moment vor Staunen umzufallen. Ein breites Grinsen stahl sich auf mein Gesicht, welches jedoch sofort wieder verschwand als ich Louis bemerkte, der zögernd auf uns zukam. Hinter ihm erschienen nun auch Liam, Zayn und Niall und es war offensichtlich, dass sie schon auf uns gewartet hatten. Innerlich wappnete ich mich gegen alles, was gleich möglichweiser passieren würde. Ich sah Louis kurz auf meine Hand schauen, die immer noch Annas festhielt und bemerkte wie sich sein Blick ein klein wenig verengte. In einem kurzen Anflug von Trotz, ließ ich Annas Hand los und legte stattdessen meinen Arm um ihre Schulter. Mit einem kleinen, provozierenden Lächeln schob ich sie näher an die anderen heran.

„Anna? Das sind Liam, Louis, Zayn und Niall“, stellte ich ihr meine Freunde vor. „Leute? Das ist Anna.“

Obwohl die Spannung im Raum förmlich mit den Händen zu greifen war, blieben alle nach außen hin freundlich und begrüßten sie.

„Schön, dich endlich kennenzulernen, Anna.“ Zayn lächelte sie freundlich an und ich war ihm unendlich dankbar dafür. „Harry hat schon viel von dir erzählt.“

Verdammt. Nun war ich ihm nicht mehr ganz so dankbar. Anna schaute mich belustigt von der Seite aus an und ich trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.

„Ja, er redet im Schlaf von dir!“, bemerkte Niall und lachte. „Und er sabbert dabei, wie ein kleines Baby.“

„Hey, das stimmt nicht!“, verteidigte ich mich und schaute ihn gespielt böse an, was mir aber misslich gelang, da ich ebenfalls lachen musste. Also entschied ich mich stattdessen dazu ein Kissen, das neben mir lag, nach ihm zu werfen. Niall wich dem ohne Schwierigkeiten aus und streckte mir die Zunge raus. Nun lachte Anna ebenfalls.

Wenig später setzten wir uns alle auf das große Sofa und fingen an über alles Mögliche zu reden. Schon nach kurzer Zeit verschwand die angespannte Stimmung und alle lachten, riefen durcheinander und waren total entspannt. Anna schien sich sofort total wohl zu fühlen und sich mit allen gut zu verstehen. Selbst Liam, der sich am Anfang noch ein wenig zurückhielt, schien sie zu mögen und schon nach kurzer Zeit war auch er wieder ganz normal und riss einen Witz nach dem anderen. Nur Louis war ein wenig stiller als sonst, was aber niemandem außer mir aufzufallen schien.

Als ich gerade in die Küche war, um Getränke und Snacks zu holen, kam er auf einmal rein stellte sich mir so in den Weg, dass ich nicht an ihm vorbei konnte.

„Was ist los?“, fragte ich und zog verwirrt eine Augenbraue hoch.

Louis schaute mich mit einem ernsten, unergründlichen Blick an.

„Ich muss mit dir reden.“ 

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