Kapitel 43

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Ich:

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich das tatsächlich tue…“, murmelte ich mehr zu mir selbst, als zu Bree, doch diese warf mir trotzdem einen warnenden Blick zu.
„Kein Rumgejammer! Du hast es versprochen!“ Sie hastete so schnell vorwärts, dass ich Mühe hatte mit ihr Schritt zu halten. „Warte erstmal ab, vielleicht wird es dir ja sogar gefallen.“
„Ja sicher“, antwortete ich, der Sarkasmus in meiner Stimme war nicht zu überhören. „Und wieso müssen wir uns so beeilen? Das Konzert fängt erst in einer Stunde an…“
Bree blieb so abrupt stehen, dass ich beinahe in sie hinein gerannt wäre. Sie drehte sich mit ernster Miene zu mir um.
„Es fängt erst ineiner Stunde an? Erst?!“ Sie schüttelte fassungslos den Kopf und eilte dann weiter. „Daran sieht man mal wieder, dass du keine Ahnung davon hast wie erfolgreich One Direction eigentlich ist. Es gibt Leute die campen vor dem Stadion! Und wir sind noch nicht einmal in Sichtweite von dem Gebäude!“
Ich verdrehte die Augen, was Bree zum Glück nicht sehen konnte und konzentrierte mich darauf, nicht abgehängt zu werden.
Brees Erklärung machte nicht wirklich Sinn, da wir im Vergleich zu allen anderen eigentlich keinen Grund hatten so früh wie möglich am Stadion zu sein. Die Karten, die sie gewonnen hatte, waren irgendeine Art von VIP-Special-Karten oder so, und deswegen würden wir ganz vorne, direkt an der Bühne stehen können – egal wann wir dort auftauchten.
Umso unverständlicher war es für mich, warum Bree jetzt noch einmal einen Schritt schneller wurde. Aus Erfahrung wusste ich allerdings, dass es wenig Sinn hatte mit ihr darüber zu diskutieren und es das Einfachste war, es einfach so hinzunehmen.
„Wie kannst du mit dem Ding überhaupt so schnell sein?“, fragte ich stattdessen und deutete auf das überdimensionale Schild, dass Bree extra für das Konzert gebastelt hatte. Mir wäre es peinlich gewesen, mit so etwas durch London zu laufen, doch ihr schien das wenig auszumachen.

„Ich kan…“, setzte Bree an, doch genau in dem Moment klingelte mein Handy, sodass ich ihr ein Zeichen gab kurz mit ihrer Antwort zu warten.
Als ich Harrys Namen auf dem Display sah, stahl sich automatisch ein Lächeln auf meine Lippen.
„Hey“, meldete ich mich und ein warmes Kribbeln breitete sich in meinem Körper aus. Obwohl wir jetzt schon ungefähr ein halbes Jahr zusammen waren, hatte ich mich immer noch nicht an das Gefühl gewöhnt, dass Harry bei mir auslöste. Jedes Mal wenn er anrief, war ich aufs Neue froh, dass sich alle Probleme zwischen uns geklärt zu haben schienen.

Kurz nachdem Liam mich damals angerufen hatte, hatte Harry sich selbst noch einmal gemeldet. Er hatte mir erklärt, warum er solange damit gebraucht hatte und ich hatte ihm verziehen. Seit dem haben wir mindestens einmal pro Woche telefoniert und obwohl ich ihn dadurch nur noch mehr vermisste, war es besser als gar nicht mit ihm zu reden.
Während ich mit Harry redete, kam das Stadion in Sicht und seine Größe verschlug mir den Atem. Natürlich hatte ich es schon mal gesehen, aber zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass das ganze Gebäude mit Fans gefüllt sein würde.
„Das haben sie ausverkauft?!“, fragte ich ungläubig, den Hörer mit einer Hand abdeckend.
Bree grinste mich mit strahlenden Augen an.
„Ich hab dir ja gesagt, dass sie erfolgreich sind!“

Harry:

„Ich kann es gar nicht erwarten dich endlich wieder zu sehen“, sagte ich, während Lou mir in dem kleinen Backstageraum mein Gesicht einpuderte. „In zwei Tagen bin ich wieder da!“
Niall, mir gegenüber, hob fragend eine Augenbraue bei meiner Lüge, aber ich ignorierte ihn. Obwohl wir wieder zurück in London waren, hatte ich beschlossen Anna zu erzählen, dass ich erst übermorgen wieder kommen würde. Sie heute noch zu treffen wäre vor dem Konzert zu knapp geworden und den morgigen Tag wollte ich erstmal dazu nutzen mich auszuruhen und wieder zu sammeln. So eine Tour war einfach komplett anderes als das gewöhnliche Leben und ich brauchte einfach den extra Tag um mich wieder an die Rolle des normalen Jungen zu gewöhnen.

„Ich bin froh, dass es deiner Mutter wieder besser geht“, sagte Anna und ich rutschte unwohl auf meinem Sitz hin und her.
Anna hat so lange nach den Gründen für mein Verschwinden gefragt, bis ich mir nicht mehr anders zu helfen gewusst hatte, als einer weitere Lüge zu der, bereits viel zu langen, Liste hinzuzufügen.
Nach der Version, die ich ihr erzählt hatte, war meine Mutter, die angeblich in Amerika lebte, plötzlich schwer krank geworden und deshalb hatte ich hinfliegen müssen, um mich um sie zu kümmern.

Eine kurze, plausible Geschichte, die Anna mir sofort problemlos abgekauft hatte. Manchmal wünschte ich mir, sie würde mir das Lügen nicht ganz so leicht machen…
„Ja, sie ist noch ein bisschen wackelig auf den Beinen, aber sie kommt wieder ganz gut alleine zurecht.“
Niall warf mir kopfschüttelnd einen Blick zu, blieb aber zum Glück stumm.

„Oh mein Gott wir sind da! Kannst du glauben, dass wir gleich…“ Eine weibliche Stimme ertönte bei Anna im Hintergrund, die ich aber auf Grund der Verzerrung des Lautsprechers nicht zuordnen konnte.  
Ihr Wortschwall wurde durch ein lautes Rauschen unterbrochen, das mich erschrocken das Handy eine Armlänge vom Ohr entfernt halten ließ.
„Harry?“, meldete sich Annas Stimme ein paar Sekunden später wieder. „Sorry, ich glaube die Verbindung war kurz unterbrochen. Vermutlich ein Funkloch.“
„Kein Problem.“ Ich zögerte kurz. Ein ungutes Gefühl hatte sich in mir ausgebreitet, dass ich allerdings noch nicht recht zuordnen konnte. „Was machst du gerade? Mit wem bist du unterwegs?“, fragte ich schließlich in einem beiläufigen Plauderton.

Ich bildete mir ein kurzes Zögern in Annas Stimme zuhören.
„Ich bin auf dem Weg ins… Kino. Mit Mary…“, antwortete sie, die Worte teilweise seltsam genuschelt. „Aber ich muss jetzt auflegen, sorry! Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch“, antwortete ich reflexartig und im nächsten Moment hatte Anna schon aufgelegt.
Gleich darauf ging die Tür auf und Louis, dicht gefolgt von Liam und Zayn kamen herein.
„Das letzte Konzert, Leute!!!“, rief Louis und sprang aufgeregt im Raum herum.
„Könnt ihr das glauben?“, meinte Zayn lächelnd. „Es kommt mir so vor, als hätte die Tour gestern erst angefangen.“
Alle nickten zustimmend. Die Stimmung im Raum war eine seltsame Mischung aus Aufregung und einem Hauch von Nostalgie.

Niall sprang auf. „Ich bin sowas von bereit!“ Er lachte und legte Liam einen Arm um die Schulter.
Angesteckt von der allgemeinen Vorfreude grinste ich ebenfalls in die Runde.
„Sorgen wir dafür, dass dieses Konzert unvergesslich wird!“

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