Kapitel 34

16K 980 65
                                    

Harry:

Versonnen blickte ich Anna hinterher, während sie sich vom Tisch entfernte. Alice schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und verschwand dann ohne ein Wort. Ich bekam ihren trotzigen Abgang kaum mit. Das Lächeln, das ich schon den ganzen Abend nicht aus meinem Gesicht verbannen konnte, wurde noch breiter und ich genoss die ungewohnte Wärme, die sich in meinem Brustkorb ausgebreitet hatte. Besser hätte der Abend nicht verlaufen können und mein Herz fing automatisch an schneller zu schlagen, bei dem Gedanken, was heute noch alles passieren könnte.
Es war nicht so, dass ich unerfahren mit Frauen war, ganz im Gegenteil, aber bei Anna war es irgendwie anders. Ihre Nähe machte mich unglaublich nervös und ich hatte dauernd Angst etwas Falsches zu sagen oder zu tun, durch das sie sich endgültig von mir abwenden würde. Ich fühlte mich ein wenig wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal Fahrrad fuhr; fasziniert davon wie weit er schon gekommen war ohne zu stürzen und trotzdem in der ständigen Erwartung das Gleichgewicht zu verlieren und hart auf den Boden aufzuschlagen.

Aber gleichzeitig schaffte Anna es auch ein Glücksgefühl in mir auszulösen, dass mich vom ersten Augenblick an süchtig gemacht hatte. Jedes Mal, wenn sie in meiner Nähe war konnte ich einfach nicht mehr aufhören zu lächeln und alle Probleme schienen nur noch halb so schlimm. Ich brauchte Anna wie Luft zum Atmen und es wurde endlich Zeit, dass ich ihr das sagte.
Ja, ich hatte Geheimnisse vor ihr und belog sie andauernd. Und ja, ich hatte eigentlich beschlossen ihr nicht zu sagen was ich für sie empfand, ohne dass sie die Wahrheit über mich wusste, um ihr den unvermeidlichen Schmerz zu ersparen. Und ich wusste, dass es selbstsüchtig und unverzeihbar war, was ich tat und dass mir irgendwann die ganze Geschichte um die Ohren fliegen würde. Es war eine Zeitbombe, die nur darauf wartete zu explodieren.
Aber ich wusste auch, dass ich lieber für immer in der Hölle schmoren wollte, als Anna weiter von mir wegzustoßen und das ich alles dafür gegeben würde, jeden restlichen Moment meines Lebens mit diesem Mädchen verbringe zu können.

Also wenn mich all dies zu einem selbstsüchtigen, egoistischen Menschen machte, dann war es halt so. Es änderte nichts daran, dass meine Gefühle für Anna echt waren und wir die Chance verdienten herauszufinden, wohin uns dieses ganze Chaos führte.

„Harry Styles?“, ertönte eine schüchterne Stimme hinter mir und ich fuhr erschrocken herum.
Mit einigen Schritten Abstand stand die blasse Blondine, die uns vorhin zu dem Tisch geführt hatte, vor mir. Ihre Gesichtsfarbe sah immer noch nicht ganz natürlich aus, was in mir die Frage aufwarf ob sie vielleicht immer so aussah. Wenn es so wäre, sollte sie lieber mal einen Arzt aufsuchen anstatt Vollschicht in einem Restaurant zu arbeiten.
„Einfach nur Harry“, korrigierte ich sie freundlich und lächelte sie aufmunternd an. Die Frau nickte hastig und fummelte mit ihren Fingern an den Knöpfen ihrer Bluse herum.
„Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass der Ausgang komplett von Paparazzi umstellt ist. Irgendwer muss denen einen Hinweis gegeben haben, dass Sie sich heute Abend hier aufhalten. Es tut mir leid.“
Ich starrte sie an, unfähig mich zu bewegen. Langsam, beinahe schmerzhaft, bohrte sich die Nachricht in mein Bewusstsein und verhinderte alle anderen Gedanken. Papparazzi.
Mir war klar gewesen, dass sie mich irgendwann finden würden. Doch ich hatte gehofft, dass es nicht so früh sein würde. Viel zu lange schon hatte ich mich unbemerkt in London fortbewegen können, das hätte mich alarmieren müssen. Doch stattdessen war ich direkt darauf herein gefallen, hatte mich in trügerischer Sicherheit gewogen und war unachtsam geworden. Es schien fast so als hätten mich die Paparazzi nur in Ruhe gelassen, weil sie auf einen große, spektakuläre Story gewartet haben. Die ich ihnen gerade wie auf dem Silbertablett präsentiere, dachte ich verbittert. Harry Styles auf einem Date mit einem Mädchen, das nicht einmal weiß wer er ist. Eine bessere Story hätten sie sich nicht einmal selbst ausdenken können.

SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt