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Jins P.O.V.

Schon seit einer halben Stunde lasse ich mich von Namjoon durch die Gegend schleifen. Er ist bestens gelaunt und empfindet das Ganze als kleines Abenteuer. Ich jedoch bin genervt. Ich habe Hoseok angerufen und er hat mir versichert seinen Wohnungsschlüssel per Post zu schicken, aber das dauert bestimmt ein paar Tage, eh der da ist. Und bis dahin habe ich weder ein Bett, Wechselklamotten, Zahnbürste noch jegliche Art von Essen. Geld habe ich auch nur noch das, was ich bei mir trage. Super. "Schau mal.", holt mich Namjoon aus meinen trübsinnigen Gedanken. Er deutet auf ein verfallenes Haus, das weder Dach noch Fensterscheiben besitzt. Meine Laune sinkt noch tiefer. Das ist jetzt nicht sein Ernst, oder? Er haut mir leicht auf den Arm und prustet los. "Nur Spaß. Du hättest mal deinen Blick sehen müssen!" Ich schüttele müde den Kopf. Er wirkt so... glücklich. Und wäre es unter anderen Umständen hätte ich mich darüber gefreut. "Hey, willst du einen Witz hören?" Ohne auf meine Antwort zu warten redet er weiter. "Womit öffnet man eine Dose?" Ich zucke mit den Schultern. "Mit einem Dosenöffner." Er hält sich vor Lachen den Bauch. Gegen meinen Willen grinse ich auch. "Oh, du kannst es ja doch noch.", sagt er gespielt überrascht. "Was?" "Lächeln. Ich hab's genau gesehen." Ich lächle noch ein mal. "Der war echt geschmacklos." "Aber er hat seinen Zweck erfüllt und einen Griesgram zum Lächeln gebracht." Ich boxe ihn und schüttele kurz darauf meine schmerzende Hand. Warum muss seine Schulter auch so hart sein? Er boxt mich zurück und ich stolpere zur Seite. "Aua. Soll doll hab ich gar nicht.", schmolle ich und halte meinen Arm. Er grinst mich nur an.

Ich schaue mich um. In diesem Stadtviertel war ich noch nie und ich weiß auch warum. Die schiefen Häuser stehen dicht an dicht und der Putz bröckelt von den Fassaden. Die wenigen Menschen, die hier noch unterwegs sind, gehen mit hochgezogenen Schultern, gesenktem Kopf und müden Gesichtern eilig an uns vorbei. An einer Straßenecke hocken zwei Kinder mit nichts weiter bekleidet als zerrissenen Hosen und fleckigen
T-Shirts obwohl es abends noch kalt ist. Mit großen, trüben Augen starren sie uns an. Sie sind das traurige Abbild dieser Gegend. Der lebende Beweis dafür, dass in der Moderne, in hochentwickelten Städten wie Seoul noch so viel Armut herrscht. Automatisch werde ich langsamer, doch Namjoon zieht mich weiter. "Einfach nicht hingucken.", zischt er, "Du kannst sowieso nichts dagegen tun."

Die Häuser werden weniger und Straßen schlechter. Als wir an einem verlassenen Bahnhof angekommen sind, macht er Halt und deutet auf ein kreisförmiges, ebenfalls verlassenes und heruntergekommenes Gebäude. "Tadaa.", sagt er und macht eine einladene Geste, "Welcome home."
Ich schlucke und folge ihm über die alten Schienen. Hier hat er ernsthaft drei Jahre seines Lebens verbracht? Ich mustere ihn von der Seite. Sein Gang ist schnell und sein Gesicht zeigt wie immer keine Regung. Er steigt über herumliegenden Müll und betritt das Gebäude durch einen dunklen, türlosen Eingang. Ein letztes Mal lasse ich meinen Blick schweifen und folge ihm dann.

 Ein letztes Mal lasse ich meinen Blick schweifen und folge ihm dann

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Another Day // Namjin ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt