25

413 23 0
                                    

Namjoons P.O.V.

Immer und immer wieder saust das dünne Stück Leder auf mich nieder. Immer und immer wieder zucke ich schmerzerfüllt zusammen. Immer und immer wieder muss ich mich ich mich zusammenreißen, nicht laut aufzustöhnen. Warum tut er das? Aber ich brauche nicht zu fragen, ich weiß die Antwort auch so. Einfach weil er's kann. Weil er es genießt seine Überlegenheit auf diese Art und Weise zu demonstrieren. Aber das dreckige Schwein macht es nicht mal selbst, er hockt auf seinem Sessel und schaut die ganze Zeit zu. Seine Mimik wechselt von vergnügt zu gelangweilt und schließlich von gelangweilt zu frustriert. Er hebt die Hand und die Schläge enden. Langsam erhebt er sich und läuft langsam zu mir.

Meine Atmung ist flach während ich einfach nur geradeaus schaue. Eine Weile passiert nichts, dann tritt er plötzlich mit voller Wucht mit der spitzen Schuhspitze zwischen meine Beine. Ich japse auf und falle nach vorn auf seine Füße. Große Hände reißen mich wieder auf die Knie und halten mich fest. Xiumin geht vor mir in die Hocke und starrt mich an. "Ich will, dass du das wieder gut machst." Seine Stimme ist ruhig. "Was?", frage ich unwissend. Kurz darauf spüre ich erneut die Peitsche auf meinem Rücken und ziehe scharf die Luft ein. "Das Telefonat mit deinem Boyfriend, du Idiot." "Aber du wolltest das doch, ich habe nur deine Anweisungen ausgeführt!" Das Jin nicht mein Boyfriend ist, muss ich jetzt nicht erwähnen. Seine Miene verfinstert sich und als ich hochgezogen und werde und er mir seine mit zahlreichen Ringen besetzte Faust ins Gesicht donnert, begreife ich, dass das mit dem Anruf gar nichts zu tun hat. Er braucht keinen Grund, um mir das anzutun. Er ist Xiumin, er ist der Boss. Und er zögert nicht, das zu beweisen. Obwohl, vor wenigen Minuten, haben wir noch ganz ruhig darüber geredet, dass ich ihm einfach nur sein Geld beschaffen soll. Und jetzt das?! Der Typ hat aber auch Stimmungsschwankungen.

Ich werde losgelassen und sinke kraftlos zu Boden. Xiumin stellt sich über mich und sagt: "Und jetzt bekommst du einen Vorgeschmack davon, was passiert, wenn du nicht bald mit dem Geld wiederkommst. Aber vorher... ", er wirft mir eins seiner Stofftaschentücher vor die Füße, "Hast du was zum abwischen. Du blutest." Arschloch.

Der andere Typ schleppt mich in einen Raum, in dem er auf Xiumins Geheiß meine Hände wieder zusammenbindet und mich auf die Knie drückt. Xiumin öffnet seine blassrote Anzugjacke und zieht aus einem Innenfach eine kleine Pistole. Er kommt auf mich zu und grinst mich an. "Na, willst du dich nicht verteidigen? Verbal, versteht sich."

Nein. Ich werde nicht um Gnade winseln. Nein. Ich werde nicht auf Knien um mein Leben betteln. Nein.
Obwohl, auf Knien bin ich ja schon.

Ich bin ruhig. Erstaunlich ruhig. Die ganze Zeit über versuche ich, nicht die Fassung zu verlieren. Aber als mir mein Peiniger eine blickdichte,  schwarze Tüte über den Kopf stülpt und ich Xiumins Waffe an meiner Schläfe spüre, ist es vorbei. Doch ich schaffe es, es nicht zu zeigen. Nur innerlich zerbreche ich, ich implodiere. Einzig und allein der kalte Schweiß, der über mein Gesicht rinnt, weist auf meine Angst hin. Die Haare, die an meiner Stirn kleben. Meine zitternde Hände. Zu sagen, ich wäre total souverän und die Sache würde mich vollkommen kalt lassen, wäre gelogen. Es geht ja schließlich auch um ein Leben. Um mein Leben. Auch wenn Xiumin meinte es sei nur ein Vorgeschmack von dem, was passiert, wenn ich mit dem Geld untertauche, sobald er mich rauslässt. Klar ein Vorgeschmack. Ich habe eine scheiß Pistole an meiner Schläfe und er redet von "Vorgeschmack".

Langsam wird die Luft knapp und ich versuche weniger zu atmen und verfluche die Biologie des menschlichen Körpers. Ich höre das Klicken, von einer Waffe, die entschärft wird und presse die Augen zusammen, auch wenn ich sowieso nichts sehen kann. Dann: Der Schuss.
Die Angst.
Die Überraschung über das Weiterleben und das Ausbleiben der Schmerzen.
Ein Atemzug, der verweigert wird.

Bevor ich, mangels Luft das Bewusstsein verliere und mein Körper nach vorn kippt, denke ich noch: Welche Ironie. Ich hatte Angst erschossen zu werden, dabei ersticke ich letztendlich.

Another Day // Namjin ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt