21. Kapitel - ALEX

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Jamie hatte schon vor einigen Minuten den Raum verlassen, aber ich stand immer noch am gleichen Fleck. Verwirrt, durcheinander, aufgewühlt und ich kann es nicht leugnen, auch erregt.
Ich konnte nichts anderes hören, als das wilde klopfen meines Herzens, das wie ein Erdbeben in meinen Ohren dröhnte.
Dort wo ich gerade noch seine Finger auf meiner Haut gespürt hatte, kribbelte es immer noch.

Ich könnte die Situation jetzt zerdenken und irgendwas hinein interpretieren, aber ich würde immer wieder zum gleichen Schluss kommen. Zu gern würde ich glauben, dass es was zu bedeuten hatte, aber ich weiß zu gut, dass es das nicht tut. Ich weiß es besser, ich weiß, dass mein bester Freund auf Frauen steht. Vorhin im Wohnzimmer war es nicht zu übersehen. Das ist die Realität. Das ist mehr als offensichtlich.

Was nun auch mehr als offensichtlich für mich ist, ist dass ich eine Tatsache nicht mehr verdrängen kann. Ich kann es nicht mehr abstreiten und ich kann es mir nicht mehr einreden.
Es ist Jamie, es war immer Jamie und er wird es auch immer sein.
Er ist der Auslöser und er allein ist der Grund warum ich nie eine ernsthafte Beziehung mit jemand anderem eingehen konnte.
Er lässt mich so fühlen.
Er lässt mein Herz schneller schlagen und raubt mir jedes Mal aufs neue den Atem.
Ich bin ein starker Mann, aber wenn es um Jamie geht werde ich schwach. Ehrlich, er bringt mich um den Verstand.
Nur diese kleine Berührung brachte mir vor Augen, dass sich über die Jahre nichts geändert hat. Mir wird gerade bewusst wie dumm und naiv ich eigentliche war.
Wie konnte ich nur glauben, dass ich nicht immer noch so für ihn empfinde und wie konnte ich nur annehmen, dass mir die Freundschaft zu ihm jemals reichen wird?

Ich zog mir die Boxershorts an und zog mir dann das Shirt über. Damn it! Allein schon sein Geruch lässt mich verrückt werden.
Der Gedanke, dass ich wieder an dem gleichen Punkt stehe wie damals, 10 Jahre zuvor, lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Es gibt keinen Ausweg, kein Entkommen vor dem was Jamie mit mir anstellt. Ich bin traurig und wütend zugleich, dass ich nichts tun kann und dass ich dagegen machtlos bin. Ich will diese Gefühle nicht, ich will nicht in meinen besten Freund verliebt sein, da mir klar ist, dass er nie das Gleiche fühlen wird.

Ich nahm mir eine Decke aus seinem Schlafzimmer mit ins Wohnzimmer und legte mich dort wieder aufs Sofa. Ich schaltete das Licht aus und tat so, als ob ich bereits schlafen würde. Wenn ich Jamie heute nochmal unter die Augen trete, dann kann ich für nichts garantieren. Ich muss mir erstmal überlegen was ich jetzt tue und wie ich mit der Situation klar kommen werde.
Nach kurzem nachdenken kam bereits Verzweiflung in mir auf und ich schlug die Hände über meinem Gesicht zusammen.
Fazit: Das kann nur im puren Chaos enden und ich werde mir auf jeden Fall mein Herz brechen.

Erschrocken öffnete ich meine Augen und sprang sofort auf. Mich durchzog ein mulmiges Gefühl und Angst breitete sich in mir aus.
Etwas, dass sich wie der Schuss aus einer Waffe angehört hatte, war der Grund für meine aufkommende Panik.
Mein erster Gedanke: Jamie!?
Ich rannte in sein Schlafzimmer, welches immer noch im Dunkeln lag, sodass ich das Licht anschalten musste.
Mein Blick wanderte durch das Zimmer bis ich einen leblosen Körper am Boden sah.
Nein, nein, nein! Das war das einzige Wort an das ich denken konnte. Nein! Das kann nicht war sein. Meine Augen füllten sich mit Tränen und die Panik, die ich spürte verschärfte sich.
Nein! Jamie, du darf nicht Tod sein! Nein!
Ich ließ mich auf meine Knie sinken und beugte mich über ihn. Ich strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sah, dass seine wunderschönen blauen Augen immer noch geöffnet waren. Sonst strahlten sie immer vor leben, aber jetzt starrten sie mich nur kalt an und waren leblos.
Immer noch in der Hoffnung, dass er sich wieder bewegen oder atmen würde, musterte ich seinen Körper. Doch es gibt keine Hoffnung mehr, denn sein Shirt war blutgetränkt und in seiner Brust steckt eine Kugel.
In purer Verzweiflung ließ ich meinen Kopf auf seinen Brustkorb sinken und weinte einfach los. Er darf nicht Tod sein, das ist nicht möglich.
Ich liebe ihn doch.

"Hör auf zu flennen, das kann ja kein Mensch ertragen." Sagte eine altbekannte Stimme. Ich erhob meinen Kopf und sah ihn direkt vor mir stehen.

"Du hast ihn getötet. Wie konntest du das nur tun. Du bist ein eiskaltes Monster!" Versuchte ich ihn anzuschreien, aber meine Stimme zitterte. Ich war so wütend, ich wollte auf ihn einschlagen, aber mein Körper reagierte nicht auf mich.

"Falsch, du hast ihn getötet. Ich hab dir gesagt, dass wenn du jemals wieder kommst, wird es denjenigen, die du liebst schlecht ergehen. Aber du kannst anscheinend nicht auf mich hören." Er grinste einfach nur. Dafür würde ich ihn am liebsten auch töten.

"Sieh dich nur an, du bist erbärmlich. Du bist so eine Schande, deine Mutter wäre enttäuscht von dir." Er kam immer näher auf mich zu.

"Hör auf, hör bitte nur auf!" Ich versuchte mir meine Ohren zuzuhalten. Es half aber nichts, denn ich konnte seine kratzige Stimme immer noch hören.

"Du kannst die Wahrheit einfach nicht ertragen oder? Sie hat dich nie wirklich geliebt. Ich meine, wie hätte sie das auch gekonnt, bei so einem scheußlichen Sohn. Kein Wunder, dass sie sich umgebracht hat." Er wurde immer lauter und ich konnte es nicht mehr ertragen.

"Hör auf, hör einfach auf! Bitte!" Ich presste meine blutverschmierten Hände stärker auf meine Ohren und fing an zu Schreien, um ihn auszublenden. Vergeblich.

"Niemand wird je jemanden wie dich lieben können. Niemand." Er zielte nun die Waffe direkt auf mich und drückte ab...

Finding Happiness (menxmen) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt