33. Kapitel - ALEX

2.3K 146 18
                                    

Klopf... Klopf... Klopf...

Die genervte Stimme Jamies ertönte von der anderen Seite der Tür und auf meiner Haut breitete sich eine Gänsehaut aus. Allein seine Stimme zu hören ließ mein Herz schneller schlagen und meine Nervosität steigen.

Ich bin so ein verdammter Idiot. Er wird mir sowieso nicht verzeihen. Was mache ich hier bloß?

Klopf... Klopf... Klopf...

Ich blieb beharrlich, aber erneut schrie er, dass ich gehen solle. Doch dieses Mal würde ich nicht abhauen, ich bleibe. Auch wenn es das schwerste ist was ich je getan habe.
Doch ich würde nicht noch einmal gehen nur, weil ich Angst hatte. Schließlich habe ich schon alles verloren, was ich verlieren konnte.

Seit ich vor einer Woche aus dem Hotelzimmer gestürmt bin und Jamie dort liegen lassen habe ist mir klar geworden, dass ich nicht mehr rennen kann.
Mir ist bewusst geworden, dass alles aus dem Ruder gelaufen ist und ich einen großen Fehler gemacht habe. Wieder mal.
An dem nächsten Morgen bin ich mit einem verdammten Kater und Schmerzen am ganzen Körper in irgendeiner Gasse aufgewacht. Und ich habe mich einfach nur geschämt. Für das was aus mir geworden ist und für das was ich getan habe, was ich Jamie angetan habe. Nachdem ich mich wieder halbwegs zusammen gerissen hatte wusste ich, dass ich nicht mehr tiefer sinken konnte. Nach diesem Abend hasste Jamie mich so oder so. Bestimmt will er mich nie wieder sehen.
Trotzdem möchte ich mich bei ihm entschuldigen. Zumindest das bin ich ihm noch schuldig. Dennoch vertraue ich nicht darauf, dass er mir vergibt, denn ich würde mir selbst nicht einmal verzeihen. Nur wenn ich, dass jetzt tue kann ich mir sicher sein, dass es wirklich vorbei ist und es nichts mehr zwischen uns beiden gibt.
Ich wette, dass er mich sowieso sofort rauswerfen wird, aber dann habe ich es wenigstens versucht.

Er hatte mir erzählt, dass die Hochzeit seiner Schwester an diesem Wochenende stattfinden würde und so machte ich mir gar nicht erst die Mühe zurück nach Hause zufliegen. Tage später hatte ich mir dann Finns Auto geliehen. Dieser hätte mir fast den Kopf abgerissen, da ich es schon wieder mit Jamie verbaut hatte.

Glücklicherweise gab er mir sein Auto trotzdem.

Vor knapp einer Stunde, also gegen 9 Uhr kam ich dann in Southampton an. Ich hatte mich erfolgreich an dem Nachthotelier vorbei geschlichen und stand nun vor Jamies Tür. Fragt mich bitte nicht wie ich heraus gefunden habe welche Zimmernummer er hatte. Die Story wäre zu lang.
Gerade als ich erneut zum Klopfen ansetzten wollte hörte ich Fußschritte, die in Richtung Tür kamen. Direkt verdoppelte, nein verdreifachte sich mein Herzschlag. Ich wusste, dass ich das Richtige tat, aber es fühlte sich nachdem was geschehen war so falsch an.

ER riss die Tür auf und wollte gerade etwas sagen, als er sah, dass ich vor seiner Tür stand. Seine Lippen waren immer noch leicht geöffnet, während er mich mit ungläubigen Augen ansah. Jamie sah müde aus, seine Augen ganz rot unterlaufen, so als hätte er bitterlich geweint. Fuck. Und das war alles meine Schuld. Ich hatte ihm so weh getan und dieses Wissen zerreißt mich innerlich.

"Diesmal wollte ich eigentlich nicht gehen." Antwortete ich auf seine Beschimpfungen, die er eben noch durch die geschlossene Tür geschrien hatte.

"Darf ich reinkommen?" Jamie antwortete nicht darauf. Er nickte einfach und machte Platz, sodass ich in das Zimmer treten konnte.

Nun standen wir uns direkt gegenüber, nicht sicher wer von uns beiden anfangen sollte zu reden. Wiedermal war so viel zwischen uns, so vieles was ungesagt war, so vieles was gesagt werden musste.

"Jamie, es tut mir so unendlich leid. Ich weiß, dass ich große Scheiße gebaut habe und..." Plötzlich unterbrach er mich mitten im Satz.

"Verdammt Alex. Ich will deine Entschuldigung nicht hören. Ich will endlich richtige Antworten, ich will endlich mal wissen was zum Teufel los ist.
Ich dachte, dass ich dich kennen würde, aber du bist mir echt fremd geworden. Keine Ahnung was in dir abgeht, dass du denkst, dass du nicht mit mir reden kannst, dass du sogar in eine andere Stadt abhaust, um mir aus dem Weg zu gehen.
Kein Plan was du dir in deinem sturen Kopf zusammengereimt hast, aber ich kann dir sagen, dass ich darauf kein Bock mehr habe.
Alex, ich liebe dich und das meine ich ernst. Ich sage dir das, weil ich keine Geheimnisse vor dir haben möchte und will, dass du genauso ehrlich zu mir bist.
Ich habe mich verdammt nochmal in dich verliebt und will mit dir zusammen sein. Ich will dich und das weiß ich jetzt."

Ich spürte wie sich Druck in meinen Ohren aufbaute und die Sicht vor meinen Augen ein wenig verschwommener wurde. Langsam ließ ich mich auf das Bett hinter mir sinken. Meine Augen wurden feucht und so sah ich aus dem Fenster rechts neben mir. Alles was ich sehen konnte war das blaue Meer. Diese fucking Aussicht. Sie war wunderschön und es interessierte mich einfach nicht. Weil nichts so schön war wie der Mann, der mir grade gesagt hatte, dass er mein kaputtes Ich liebt. Plötzlich spürte ich wie die Matratze sich senkte und Jamie sich neben mich setzte. Sein Arm berührte meinen und es herrschte Stille. Kein unangenehmes Schweigen, sondern einfach nur vertraute Stille.

"Alex?" Seine Stimme war auf einmal so ruhig und sanft.

"Du liebst mich also?" Fragte ich ungläubig und mit leicht zittriger Stimme.

"Ja, das tue ich vom ganzen Herzen und ich nehme es nicht wieder zurück." Ich mochte es wie hoffnungsvoll er klang.

"Kannst du dich noch an den Sommerabend vor knapp 10 Jahren erinnern, als wir fast im Freibad erwischt wurden?" Entgegnete ich ihm mit einer Frage.

"Ja, wie könnte ich das nur vergessen." Antwortete mir Jamie.

"Kurz davor ist mir klar geworden, dass ich mich in meinen besten Freund verliebt hatte. Ich hätte dich damals fast geküsst." Während ich ihm das beichtete sah ich die ganze Zeit auf meine Finger. Ich konnte ihn jetzt nicht ansehen.

"Warte. Soll das heißen, dass du schon seit 10 Jahren so fühlst und nie was gesagt hast?" Nun war er der Ungläubige.

"Du weißt, dass es nie leicht war. Das ist keine gute Rechtfertigung, aber ich hatte doch niemanden außer dir. Mom war tot, Dad ein katastrophales Arschloch und mein bester Freund hetero. Es einfach zu riskieren war keine Option. Ich war einfach zu feige und hatte zu viel Angst. Wie jetzt auch..." Seufzte ich. Mein Blick war immer noch auf meine Hände gerichtet, während ich sprach.

"Du liebst mich also auch?" Wieder diese vertraute Hoffnung in seiner Stimme.

"Das hab ich immer getan." Ich schluckte heftig. "Und das werde ich auch immer." Nun wendete ich meinen Blick ab und suchte seinen. Ich hatte seine blauen Augen mehr vermisst, als ich es zugeben mag.

Es ist nicht klar wer sich zuerst bewegte, aber eine Sekunde später spürte ich seine Lippen auf meinen. Seine Zunge presste sich gegen meine untere Lippe, sodass ich meinen Mund leicht öffnete und ihn herein ließ. Unsere Lippen passten perfekt zusammen und jedes Mal wenn ich ihn küsste verliebte ich mich ein Stück mehr in Jamie.
Wir küssten uns immer leidenschaftlicher und verloren uns ineinander. Einmal angefangen konnten wir nicht mehr aufhören. Die Zeit verging.
Meine Lippen waren geschwollen und ich war so hart, dass es weh tat. Aber das hier war nicht über Sex oder irgendetwas Flüchtiges.
Es war ein Versprechen, dass wir einander gaben, ein Versprechen, dass noch vieles kommen werde.
Und dass, das nicht das Ende, sondern erst der Anfang war.

Finding Happiness (menxmen) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt