Am Anfang schwebte ich. Alles war leicht und kuschlig. Ich war glücklich. Frei. Dann kam ein Leuchten. Am Anfang nur leicht und sanft, dann immer aggressiver, stechender. Langsam erwachte ich aus meinem Schlaf und blinzelte. Mir war sofort klar, dass ich mal wieder zu früh wach geworden war, doch kümmern tat es mich auch nicht. So konnte ich meine Gedanken immerhin langsam auf Trapp bringen. Langsam ließ ich meine rechte Hand aus der wohligen Wärme meiner Bettdecke hervortauchen und sich ihren Weg zu meinem Nachttisch ertasten, wo sie dann endlich das Objekt meiner Begierde, mein Handy, erfühlte und griff. Genauso langsam ließ ich sie mein Handy zu mir bringen und setzte dann die Kopfhörer auf. Erst das Handy entsperren und ein bisschen herumtippen-und schon lief 'Wake me up before you go-go' von WHAM! durch das Kabel in meine Hörgänge. Man könnte meinen Musikgeschmack als altmodisch bezeichnen, doch ich hatte einen Grund, weshalb ich sie mochte: Die Oldies. Mit jeder Strophe wurde ich etwas wacher und begann leicht mit dem Fuß zu wippen. Eine nervige Eigenschaft von mir. Bei guter Musik musste ich mich immer bewegen. Entweder ich wippte mit dem Fuß oder ich tanzte. Meistens sang ich auch noch den Text mit...kurz um, ich machte mich total zum Affen. Mittlerweile störte es mich aber relativ wenig.
Als dann pünktlich um 6:40 Uhr mein Wecker klingelte, schwang ich meine Beine aus dem Bett und ging tanzend zum Kleiderschrank. Ohne groß zu überlegen zog ich ein uraltes Mickymouse-Shirt raus und eine dunkle Jeans.
Comic-Tshirts kommen doch langsam wieder in Trend, also.
Mit ein paar Handgriffen zog ich mich an und wand mich meinem Styling zu. Schnell bürstete ich meine tintenblauen Haare durch und überlegte, welche Frisur ich tragen sollte.
Heute haben wir doch Sport..
Also nahm ich ein schwarzes Band und band mir meine Haare mit einer Schleife zum Zopf hoch. Dann holte ich eine kleine Schachtel hervor, wühlte in ihr kurz rum und nahm dann schließlich ein Paar giftgrüne Kontaktlinsen raus und setzte sie ein. Mit beschwingtem Schritt ging ich die Treppe runter zu meiner Tante, welche schon an der Theke saß und ihren Kaffee schlürfte. Aus Routine heraus goss ich mir auch eine Tasse ein. Eigentlich verabscheute ich Kaffee, doch es gehörte zu meiner Rolle dazu, dass ich ihn trank.
,,Guten Morgen, Eowyne.^^"
,,Guten Morgen May^^", antwortete ich und setzte mich zu ihr und nippte an dem schwarzen Gebräu in meiner Tasse.
,,Gut geschlafen?^^"
,,Klaro.^^ Du?"
,,Na das freut mich.^^Ich nicht so gut, wegen dem Sturm draußen."
,,Welcher Sturm?", fragte ich verwirrt.
,,Du hast echt einen zu tiefen Schlaf.^^" Meine Tante lachte: ,,Gestern Nacht hat es richtig gestürmt. Ich hatte schon Angst, gleich würde die Trauerweide entwurzelt werden."
Ich war immer noch verwirrt, lachte aber: ,,Hab ich nicht bemerkt.^^"
Dann stellte ich die mittlerweile leere Tasse in die Spüle und ging schnell ins Badezimmer und wusch mich. Immer noch Musik hörend ging ich wieder runter und zog mir meine türkisen Sneaker an und nahm meine gelbe Umhängetasche.
,,Ich muss dann, bis später!^^", rief ich und bekam kurze Zeit später ein 'Tschüss' von meiner Tante zurückgerufen. Ich verließ das kleine Reihenhaus und atmete tief die leicht nach Blumen und gemähtem Gras riechende, süß -säuerliche Sommerluft ein. Es war warm draußen, aber nicht so heiß, dass man sich fühlte wie in der Sauna. Naja, noch nicht. Nach der sechsten Stunde würde es spätestens so sein und ich würde es bereuen, eine lange Jeans angezogen zu haben, aber momentan gab ich einen Scheiß darauf. Mit federnden Schritten ging ich zu meinem weißen Holländerrad, schloss es auf und packte meine Tasche in den Gepäckträger. Dann fuhr ich zur Schule.
Es war mitten im Unterricht als es passierte. Die Gefühle, die ich schon die ganze Zeit in mir hatte, begannen zu toben und ein Kampf entstand zwischen den beiden Stürmen, zwischen Heiß und Eisig, real und fiktiv. Mir wurde schwindelig, meine Hände zitterten und mir wurde ganz flau im Magen. Die beiden Stürme trieben sich immer weiter voran und plötzlich widerte mich alles an: Der Lehrer, wie er da vorne stand, so selbstsicher und arrogant, als wäre er der Einzige, der wüsste, wie man sein Hirn benutzte. Meine Mitschüler die leise tuschelten und hin und wieder einer kicherte. Sie redeten nur über belangloses und lachten über Sachen, die in ihren eigenen, kleinen Seifenblasen der Illusion als wahnsinnig witzig empfunden wurden, aber in echt nichts als dämlicher Schrott waren. Natürlich konnten sie nichts dafür. Sie wussten es ja nicht besser; waren gefangen in ihren Seifenblasen. Ich hingegen war es nicht. Ich wusste, dass ihr momentanes Leben nur eine Illusion war. Aber ich spielte trotzdem meine Rolle, meine so verhasste und dennoch von allen so geliebte Rolle, die leider ein Teil von mir geworden war. Und deshalb widerte ich mich selbst gerade am allermeisten an. Zitternd meldete ich mich. Der Lehrer schaute auf:
,,Ja, Eowyne? Was ist denn?"
,,Könnte ich kurz aufs Klo?", fragte ich und wrang mir ein, für meine Rolle typisches, Lächeln ab, wobei mir gleichzeitig die Galle hochstieg. Der Lehrer nickte:
,,Natürlich, aber beeil dich bitte."
Sofort stand ich auf und ging so gefasst wie möglich, um ja nicht aus meiner Rolle zu fallen, aus dem Klassenzimmer raus auf die Mädchentoilette. Schnell schöpfte ich mir Wasser ins Gesicht. Zitternd hielt ich mich mit meinen Händen am Waschbeckenrand fest. Der Kampf in meinem Inneren erreichte langsam seinen Höhepunkt. Ich versuchte ruhig zu atmen und kontrolliert nachzudenken, doch die beiden Fronten waren zu brutal und fegten jeden Ansatz von einem Gedanken sofort weg, so dass mein Schädel zwar schwirrte, er aber dennoch komplett leer war. Langsam schaute ich hoch in den Spiegel über dem Waschbecken. Mein Spiegelbild sah mich verloren aus seinen Augen an und ich starrte zurück. Und plötzlich verebbte der Tumult in mir. Meine Hände hörten auf zu zittern, mein Atem wurde regelmäßiger und das flaue Gefühl im Magen verschwand. Generell fühlte ich mich plötzlich leer. Mein Kopf war zwar wieder klar und ruhig, das Denken war aber immer noch unmöglich. Da bewegten sich plötzlich langsam die Lippen meines Spiegelbildes und ich hörte mich drei Wörter sagen, die den ganzen Aufstand zuvor zusammenfassten:
,,Wer bin ich?"
/////
So, das war's mit dem ersten Kapitel. Es könnte sein, dass das nächste nicht so lang wird, aber ich werde mir Mühe geben. Daher könnte es auch bei den Updates etwas dauern. Das Storykonzept kommt dann auch noch.^^"
Bis dene!
BBFreaky
DU LIEST GERADE
Unter der Oberfläche - a Bloody Painter lovestory
FanfictionEowyne ist nach außen hin normal, innen führt sie aber einen ewigen Kampf mit sich selbst. Jahrelang geht das schon so. Und zu allem Überfluss kommt dann auch noch ein gesuchter Mörder in ihr Leben und verwirrt sie noch mehr als sie es schon selbst...