Wir redeten noch lange und ehe es uns eigentlich bewusst war, war die Sonne aufgegangen. Zeit arbeiten zu gehen.
,,Heute Abend wieder?''
,,Gerne'', sagte ich und lächelte leicht. Dann kehrte ich zurück zur Proxy-Wohnung und zog mich um. Es war im Rückblick doch ziemlich schön gewesen. Entspannend. Und er hatte einen faszinierenden Malstil.
Vielleicht können wir ja irgendwann zusammen arbeiten.
Plötzlich bekam ich wieder Kopfschmerzen. Schnell schluckte ich eine Aspirin, dann ging ich zu Slender um meine Liste für heute abzuholen.
Als ich dann am Abend nach ein paar Morden und Besorgungen wieder zurückkehrte, traf ich auf einen Helen mit blauem Auge.
,,Was ist denn mit dir passiert?"
Er zuckte mit den Schultern:
,,Hoodie."
Kurz runzelte ich die Stirn. Warum sollte er sowas tun? Hoodie war sonst immer der Ruhige und Rationale. Anscheinend musste mir diese Frage aber auf die Stirn geschrieben sein, denn prompt bekam ich eine Antwort von dem Blutmaler:
,,Keine Ahnung, da musst du ihn fragen."
Werde ich wahrscheinlich auch tun..
,,Egal, wollen wir wieder was zusammen machen?"
Naja, was besseres hab ich ja so oder so nicht zu tun. Und gestern war es ja ganz nett.
Ich nickte und gemeinsam gingen wir in sein Zimmer.
Kommt es nur mir so vor oder hat er aufgeräumt?
Tatsächlich lagen viele Sachen nicht mehr einfach so auf dem Boden, sondern waren gestapelt in einer Ecke untergebracht worden und der Mülleimer in der Ecke war brechend voll mit den leeren Zeichensachen, die vorher nur herumlagen.
,,Setz dich ruhig."
Gesagt, getan.
,,Und was jetzt?"
Helen kratzte sich kurz am Nacken:
,,Worauf hättest du denn Lust?''
Ich wollte grade erwidern, dass ich es nicht wusste, als er mich plötzlich unterbrach:
,,Rück mal nach hinten."
Typisch Helen
Mit zwei Rutschern rückte ich an die Wand. Er kramte währenddessen in einer Schublade und setzte sich dann neben mich, Schulter an Schulter. Neugierig schaute ich ihm zu, wie er ein paar weiße Kopfhörer von einem kleinen MP3-Player abwickelte und mir eine Seite reichte. Dankend nahm ich sie an und steckte sie rein, während er schon nach einem passenden Lied suchte.
Was er wohl für einen Musikgeschmack hat...
Doch da ertönte schon ,,Shout" von Tears for Fears. Ohne es zu merken lehnte ich mich etwas mehr zurück.
,,Gefällt es dir?"
Lächelnd drehte ich meinen Kopf zu ihn:
,,Ja, ich wusste garnicht dass du auf Oldies stehst."
Etwas verlegen kratzte er sich wieder am Nacken:
,,Naja..weshalb magst du denn solche Musik?"
Ich lehnte mich noch etwas weiter zurück und guckte wieder nach vorne:
,,Es liegt bei mir nicht an den Texten oder so. Also nicht, dass das keine Rolle spielt, nur nicht so eine große. Vielmehr liegt es an der Zeit und an die Erinnerungen, die damit verknüpft wurden. Meine Eltern haben solche Lieder immer gehört. Als sie selbst noch Teenager waren bis hin wo sie mich schon bekommen hatten. Wann immer ich wieder zurückdenke an sie, höre ich auch solche Musik. Sie lachen meistens, haben, wenn möglich, dazu getanzt, oder haben mir erzählt, was sie dazu erlebt hatten. Sie waren immer so verliebt dabei, so..hoffnungsvoll. Daher lässt mich diese Musik wieder geborgen fühlen...."
Ich spürte den Blick des Blutmalers auf mir, deshalb wandte ich mich wieder zu ihm und schmunzelte verlegen:
,,Ziemlich...schräg, oder?"
Seine blauen Augen schauten mich direkt an.
Erstaunlich. Erst eine mitternachtsblaue Umrandung, dann eine himmelblaue Iris, welche von blassblauen Zirkeln unterbrochen wird...Moment, was?
Während ich wie eine Bescheuerte in seine Augen gestarrt hatte, musste er natürlich schon weitergeredet haben. Und natürlich hatte ich kein Wort mitbekommen. Peinlich berührt musste ich also nachfragen:
,,Ähm...was?"
Seine Augen bekamen einen wissenden Ausdruck.
Arroganter Arsch.
Wie oft ich noch diesen Blick sehen würde..
,,Ich habe gerade gesagt, dass ich das schön finde. Viele Leute hören einfach nur die Charts. Einfach weil sie Langeweile haben. Sie verbinden nichts wirkliches damit. Du hingegen hast einen festen Grund. In welcher Zeit diese Lieder entstanden sind, oder welchen Stil sie haben, spielt doch keine Rolle. Wichtig ist nur, dass sie einem was bedeuten," wiederholte er lächelnd.
Daraufhin fiel mir keine Antwort mehr ein, ich schaute ihn einfach nur an und lächelte, während die letzten Töne des Liedes ausklangen.
,,Welches Lied soll als nächstes kommen?", durchbrach Helen die Stille.
,,Heroes von David Bowie."
,,Kommt sofort", sagte er und salutierte leicht, woraufhin ich schmunzelte. Es dauerte nur kurz, dann ertönten die ersten Töne des Liedes, welches auch eine der Auslöser für die Widerstände in der DDR war und somit für die Wiedervereinigung Deutschlands verantwortlich war. Während ich wieder in Gedanken versank, beobachtete Helen wieder, jedoch störte es mich dieses Mal nicht. Und ohne es zu merken saßen wir beide plötzlich Musik hörend und uns anschauend auf Helens Bett....unsere Hände sich langsam nähernd, bis wir sie schließlich hielten. Und eine Wärme durchfloss mich wie ein Stromschlag. Die negative Stimme in meinen Kopf wurde langsam auf Lautlos gestellt und zum ersten Mal seit langer Zeit konnte ich wieder frei atmen.
DU LIEST GERADE
Unter der Oberfläche - a Bloody Painter lovestory
FanfictionEowyne ist nach außen hin normal, innen führt sie aber einen ewigen Kampf mit sich selbst. Jahrelang geht das schon so. Und zu allem Überfluss kommt dann auch noch ein gesuchter Mörder in ihr Leben und verwirrt sie noch mehr als sie es schon selbst...