Unter den ersten Kuss stellt man sich immer vor, dass plötzlich tausende von Schmetterlingen im Bauch auftauchen und Unruhe stiften, dass man errötet und plötzlich einem alles klar wird und man nicht mehr genug bekommen kann. Wie im Märchen. Tja, da muss ich jetzt alle enttäuschen. Denn es gibt keine Schmetterlinge, kein erröten und keine Erleuchtung. Stattdessen war mein Kopf einfach nur Leere, gepaart mit Verwirrung. Doch dann kam eine Wärme. Nicht wie in albernen Teenie-Romanen beschrieben, dieses Gefühl konnte man nicht in Worte fassen, jedenfalls nicht richtig. Es war als würde ich ganz werden. Und zögerlich erwiderte ich Helens Kuss. Naja, zumindest ahmte ich seine Lippenbewegungen nach. Kaum tat ich das, legte er vorsichtig eine Hand an meine Wange; er berührte sie kaum, aber ich spürte die Wärme, die von ihr ausging; ich entspannte mich langsam. Es war schön. Schlicht weg ergreifend schön. Und so standen wir da, im Türrahmen unter einem Mistelzweig in der Slender Mansion, irgendwo im nirgendwo, und küssten uns. Und ja, ich genoss es irgendwo. Doch dann kam da ein kleines Stechen in meiner Magengrube, welches immer schlimmer wurde. Ein flaues Gefühl gesellte sich noch dazu, kurz darauf die weichen Knie und in meinen Kopf legte sich ein Schalter um; ich löste mich von Helen, brachte noch ein ,,Sorry'' hervor, rannte ins Bad und übergab mich. Und zwar im Sinne von 'Ich kotze mir die Seele aus dem Leib'. Zumindest nahm das Stechen langsam ab. Als ich dann fertig war, spülte ich und lehnte mich erschöpft an die kühlen Fliesen der Badezimmerwand. Was sollte das eben alles?
Dina PoV:
Eigentlich wollte ich gar nicht zur Mansion kommen, Weihnachten war ich lieber alleine und nebenbei mochte ich Slenders Kontrolltick nicht. Er erinnerte mich einfach zu sehr an meinen Vater. Doch ich konnte nicht widerstehen. Auch wenn ich Helen eigentlich aufgeben wollte, weil ich für ihn einfach nicht die Richtige war; ein kleiner Teil von mir schaffte es einfach nicht loszulassen. Es tat so unglaublich weh, als würde dir jemand das Herz aus dem Leibe reißen und bei jedem Atemzug, den du tust, die Luftröhre zudrücken. Alles Licht war verschwunden, ich hatte keinen Antrieb mehr. Und deswegen wollte ich Helen. Nur er konnte dieses Loch im Inneren füllen. Auch..wenn das nie passieren würde...
Ich ging also zur Mansion. Auch wenn es dumm war. Ich klopfte an und ging rein- und bereute es sofort. Denn das, was sich mir als Anblick bot, zerschmetterte noch den letzten Rest Leben, den ich in mir hatte. Ich sah Helen. Doch in seinen Armen, seinen starken Armen, indenen ich mich so sehnte und Trost erhoffte...lag Eowyne. Und sie küssten sich. Meine Kehle schnürte sich sofort zu und schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen, ein so unglaublicher Schmerz breitete sich in meiner Brust aus; Ich hätte am liebsten geschrien, doch selbst das hätte diese Qual nicht zum Ausdruck bringen können. Meine Knie zitterten und ich starrte die beiden an, wobei ich mit jeder Sekunde immer mehr litt. Sie hatten mich noch nicht bemerkt. Ich war egal. Egal, was auch immer Helen früher zu mir gesagt hatte...es hatte keine Bedeutung mehr. Es waren nur leere Worte. Leere Worte für ein leeres Monster. Ruckartig wandt ich mich ab und rannte. Wohin war uninteressant. Ich wusste auch nicht wovor ich wegrannte. Vor der Tatsache, dass ich ihn wirklich verloren hatte, auch wenn ich kein Recht dazu hatte das zu sagen, da er mir ja nie gehört hatte..oder vor mir selbst. Ich wollte nur weg. Mich auflösen und nie wieder auftauchen. Heiße Tränen stahlen sich aus meinen Augen; gleichzeitig verfluchte ich meine Schwäche. Doch urplötzlich wurde ich am Arm gepackt und aufgehalten. Sofort ließ ich meine Haare ins Gesicht fallen; wäre ja noch schöner, wenn mich jemand so schwach sehen würde! Für lange Zeit passierte nichts. Doch dann hörte ich eine tiefe, bassige Stimme:
,,Schau mich an."
Hoodie. Als ich merkte, dass er nicht locker ließ, wandt ich mein Gesicht ihm zu und hoffte inständig, dass ich nicht alzu verheult aussah. Leider falsche Hoffnung, denn er strich mir vorsichtig eine neue Träne weg. Ich war so eine Memme.
,,Bitte....", erst jetzt fiel mir auf, dass er seine Maske nicht trug. Zum ersten Mal sah ich ihn so, wie Gott ihn schuf: Hellbraune, lockige Haare, ein leichter Drei-Tage-Bart und schokobraune Augen: ,, Hör auf zu weinen. Zwar, dadurch glänzen deine Augen um so schöner, aber du solltest nicht traurig sein müssen."
Ungläubig schaute ich ihn an. Das war das meiste was er je zu mir gesagt hat. Zusammen. Von zwei Jahren.
,, D...d.....danke.....i..i..ich komm schon alleine klar..."
,, Du bist aber nicht alleine."
Ich schaute zögernd in seine Augen, woraufhin sich ein leichtes Lächeln auf sein Gesicht schlich. Und in diesem Moment brach der Damm. Hemmungslos fing ich an zu schluchzen, spürte aber sofort, wie ich in den Arm genommen wurde. Da war der Halt, den ich gesucht hatte. Und zum ersten Mal konnte ich plötzlich ohne Gewissensbisse Schwäche zeigen.
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Na, wie gefällt euch das Side-Pairing? Ich dachte, die arme Dina bräuchte auch mal jemanden, nach dem, was sie getan hat. Schließlich kann ich ihren Schmerz sehr gut nachvollziehen: Jemanden, den man so liebt, loszulassen noch bevor man es wirklich versucht hat schmerzt unsagbar. Und der stille Hoodie war auch irgendwie passend von der Art her. Auch wenn als Zweitoption Jeff gekommen wäre.^^
Im nächsten Kapitel wird es auch ENDLICH mit der Hauptstory weitergehen. Vielen Dank an euch alle, ihr seid wundervoll.
Und hier noch mal für alle ein Bild von Brian (für die wenigen, die MH noch nicht so weit gesehen haben oder einfach was brauchen um ihn sicher besser vorstellen zu können):
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Unter der Oberfläche - a Bloody Painter lovestory
FanfictionEowyne ist nach außen hin normal, innen führt sie aber einen ewigen Kampf mit sich selbst. Jahrelang geht das schon so. Und zu allem Überfluss kommt dann auch noch ein gesuchter Mörder in ihr Leben und verwirrt sie noch mehr als sie es schon selbst...