Peinlich

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Der Tag darauf war ziemlich stressig. Was nicht wegen irgendeiner Mission oder so war, sondern wegen mir selbst. Und das nur wegen dieser bescheuerten Stimme. Andauernd brachte sie mich aus dem Konzept, indem sie meine Gedanken hinterfragte und, leider, immer ins Schwarze damit traf. Auch ein Pochen zwischen meinen Augenbrauen machte sich bemerkbar. Masky, Hoodie und Toby warfen mir ab und zu schon besorgte Blicke zu. Es war zwar süß, dass sie sich Sorgen machten, ich wusste immer noch nicht, warum es mich nicht störte, wo ich es doch sonst bei anderen so nervig fand, aber ich wollte nicht, dass sie sich um mich sorgten. Hieß das etwa...sie lagen mir am Herzen? Nach so kurzer Zeit?

Natürlich nicht, du magst niemanden.

,,Woher willst du das überhaupt wissen?", murmelte ich zurück. Zum Glück lief ich momentan alleine im Wald rum, so dass mich niemand hören konnte. Eigentlich paradox, normalerweise wurde einem immer gesagt, man solle sich nicht alleine an solchen Orten aufhalten und man selbst fühlte sich auch leicht unbehaglich und nun? Jetzt bin ich erleichtert. Beinahe wie ein richtiger Creep.

Die Creeps sind falsch. Traue ihnen nicht!

,,Beweis es."

Sie werden dich im Stich lassen.

,,Und wenn nicht?"

Halt dich von ihnen fern!

Langsam nervte mich die Stimme total. Dabei konnte ich mir selbst nicht erklären, woher plötzlich dieser Beschützerinstinkt kam. Vielleicht weil ich mich mit ihnen identifizieren konnte? Auf jeden Fall konnte ich es nicht ab, dass diese Stimme mir verbieten wollte, was mit den Creeps zu unternehmen.

,,Nein."

Und kaum hatte ich dieses Wort über meine Lippen gebracht, setzte er ein. Dieser glühende, stechende, hartnäckig Schmerz, geboren aus den tiefstem Inneren von mir, man konnte schon beinahe sagen aus der Seele, nur irgendwie passte das auch wieder nicht, ich wusste nicht warum. Sofort krümmte ich mich, mein Körper schien sich einfach nicht wehren zu können, schon war ich auf meine Knie gesunken. Ich umklammerte meinen Oberkörper und versuchte mich zum ruhigen Atmen zu zwingen, doch zusammen mit dem Schmerz waren meine Lungen irgendwie zugeschnürt worden, nur japsend und keuchend konnte ich den lebensnotwendigen Sauerstoff in mein System befördern. Eiskalter Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. Ich presste meinen Kiefer so fest zusammen, dass ich noch zusätzlich Kopfschmerzen bekam, und das nur, damit ich nicht wie am Spieß zu schreien anfing. Zitternd saß ich da, für eine gefühlte Ewigkeit, wissend, dass niemand mir helfen würde, dass der Schmerz nicht einfach so aufhören würde, dass ich verdammt nochmal atmen musste...Langsam begann sich mein Kopf wie schwere, klebrige Watte anzufühlen und mein Sichtfeld wurde durch einen schwarzen Rand drastisch verringert, welcher sich dann als halbdurchsichtiger Schleier über meine komplette Sicht legte und meine Umgebung für mich in eine schwärzliche Belichtung hüllte...Mein Gleichgewicht geriet ins Wanken, nur nebenbei nahm ich wahr, dass ich langsam nach rechts kippte...und genau da wo ich auf dem Boden aufkam ließ der Schmerz nach. Ungefähr eine Minute verging, dann konnte ich endlich wieder einen richtigen Atemzug nehmen. Gierig zog ich die Luft ein und ließ sie wieder ausströmen. Mein Kiefer lockerte sich langsam und ich entspannte meine Gliedmaßen wieder. Mein T-Shirt klebte nass an meinem Rücken, genau wie die Haare an meinem Nacken. Ich fühlte mich schmutzig. Abartig. Langsam richtete ich mich auf. Ich zitterte immer noch wie verrückt. Nach ein paar weiteren, tiefen Atemzügen machte ich mich auf den Weg zur Mansion. Die Stimme blieb bis auf weiteres stumm.

Als ich das Wohnzimmer betrat wurde ich erstmal seltsam von allen beäugt. War ja klar, so wie ich aussah mussten die ja denken, ich wäre grade vorm Sensenmann geflüchtet oder so. Allerdings hatte ich nun wirklich keine Lust auf Erklärungen. Alles, was ich grade brauchte, war das Gefühl, mich wieder sauber zu fühlen.

,,Ich geh duschen", murmelte ich deshalb nur und ging sofort hoch in die Proxy Wohnung und dort ins Bad. Leider durfte ich dort feststellen, dass genau dieses eine kaputte  Dusche hatte. Da ich aber auch nicht erpicht darauf war bei den Jungs zu duschen, ging ich mit meinem Kram wieder runter ins Bad der anderen Creeps. Schnell schloss ich die Tür und befreite mich von meinen Klamotten. Ich wartete kurz, bis das Wasser in der Dusche warm genug war, dann ging ich unter den heißen Wasserstrahl und ließ meine Haut damit beprasseln. Langsam spürte ich, wie meine Muskeln sich entspannten und das Zittern verschwand und ein erleichtertes Seufzen entwich mir. Routiniert begann ich mich einzuseifen und somit auch den restlichen Schmutz abzuspülen. Es war herrlich. Als ich dann meine Haare wusch, merkte ich, dass meine alte Haarfarbe nun vereinzelt hervorscheinte. Braun, dunkelbraun um genau zu sein. Langweilig. Normal. Eindeutig nicht für mich geeignet.

Ich muss dringend wieder nachfärben...vielleicht diesmal Lila?

Als ich dann aus der Dusche stieg, fühlte ich mich viel besser. Ich war gerade dabei mir ein Handtuch um den Körper zu binden, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und ein Helen vor mir stand. Anscheinend wollte er gerade seine Pinsel auswaschen. Mitten im Türrahmen blieb er stehen. Eine Weile starrten wir uns beide fassungslos an, dann realisierten wir beide anscheinend, was gerade los war und reagierten, indem er den Mund öffnete um sich zu erklären und ich mir schnell meinen Körper bedeckte.

,,Ich-"

,,RAUS HIER!"

,,A-"

,,RAUS!!!"

In Rage griff ich nach einem Stück Seife und pfefferte es ihn ins Gesicht, woraufhin er auch endlich schnell die Tür schloss. Kaum war das passiert lief ich auch schon rot an.

,,Na warte, dass wird ein Nachspiel haben,", murmelte ich und band mir nun endlich das Handtuch richtig um. Wutentbrannt stapfte ich nach draußen ins Wohnzimmer, wo Helen tatsächlich mit dem Stück Seife in der Hand stand. Er wirkte ziemlich verwirrt, doch das war mir in diesem Moment vollkommen Schnuppe. Die Leute, die auch im Zimmer waren schien zu merken, dass mit mir gerade nicht gut Kirschen essen war, als ich auf Helen zuging und ihn eine saftige Ohrfeige verpasste.

,,DAS war dafür, dass du einfach reingekommen bist OHNE zu klopfen, obwohl es OFFENSICHTLICH war, dass das Bad gerade besetzt war!!!-"

Nun verpasste ich ihn auch eine Ohrfeige auf der anderen Seite:

,,Und DAS ist dafür, dass du nicht weggeschaut hast!!!!"

Total verdattert und mit deutlichen Handabdrücken auf beiden Wangen starrte er mir direkt in die Augen, was, und das machte mich irgendwo auch wieder wütend, meinen Zorn leicht verebben ließ. Schnell schnappte ich mir die Seife, welche er ja noch immer noch in der Hand hielt.

,,Und DIE bringe ich wieder zurück!!"

Und mit diesen Worten machte ich auf dem Absatz kehrt und ging mit wehenden, beziehungsweise auf meinen Rücken klatschenden, nassen Haaren, zurück ins Bad.

Unter der Oberfläche - a Bloody Painter lovestory Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt