Ich hatte in den letzten Wochen immer vergessen, hier zu posten. Das tut mir leid. Ich hoffe, dass ich Ende des Monats wieder einen etwas freieren Kopf habe.
Liebe an euch. <3
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Chapter 2: Like A Black Hole
Harry stand mitten in seinem Schlafzimmer, das sich während seiner einjährigen Abwesenheit kaum verändert hatte. Die hintere Wand bestand nur aus einer Glastür, die raus auf einen Balkon führte. Ihm gehörte das ganze zweite Stockwerk, doch nur hier fühlte er sich wirklich geborgen. Nachdenklich führte er mit den Fingerspitzen über die Tasten seines Pianos, das knapp neben der Glastür stand. Charline setzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen auf sein Doppelbett und zog sich die High Heels von den Füßen. „Früher hab ich dir hier immer die Haare geflochten." erinnerte Harry sich. „Da war das alles noch nicht so abgefuckt." – „Wir waren noch nicht abgefuckt." lachte Charline daraufhin. „Und deine Haare waren noch echt." ärgerte er sie bewusst, aber sie streckte ihm nur die Zunge raus. „Und deine sahen noch nicht aus, als gehörten sie einer Junkiebraut." Sie sprang wieder auf und betrachtete ihre neue Gucci-Tasche in Harrys Ganzkörperspiegel, der neben dem Eingang seines begehbaren Kleiderschrankes hing. „Hübschi, hübschi, hübschi..." machte sie verzaubert und tänzelte etwas mit der Handtasche an ihrem Handgelenk baumelnd vor dem Spiegel herum, während Harry sich daran machte, seine Koffer auszuräumen. „Wie war dein Sexleben so in London?" hörte er Charline auf einmal fragen. „Nicht existent." – „Wie?!" Empört stemmte sie die Hände in die Hüften, weswegen Harry lachen musste. „Willst du mir sagen, dass Harry Styles ein Jahr lang keinen Sex hatte?" – „Ich habe überlegt ins Kloster zu gehen." antwortete er trocken. „Aber ich glaube, ich würde einfach in Flammen aufgehen, sollte ich je wieder auf die Idee kommen, eine Kirche zu betreten." – „Vergib mir, Daddy. Ich habe gesündigt." scherzte Charline mit anzüglichem Ton, streckte erneut die Zunge raus. „Aber dein Ernst? Keinen Sex? Du?" – „Charline, nach dem, was mir so passiert war, war Sex das Letzte, was ich wollte." – „Hm, okay. Verstehe." Sie nickte. „Trotzdem schade... Ich dachte, du hättest mir erzählen können, wie die Briten so vögeln." – „Ich bin selber einer. Ich kann es dir auch so sagen." Harry grinste. „Oh ja, ganz vergessen. Deine Sippe kommt ja eigentlich von da..." Ihre Augen huschten zurück zu ihrem Spiegelbild und sie musterte kritisch ihre Oberweite. „Ich weiß, du hast nicht so viel Ahnung von Brüsten, aber wie findest du sie? Sind gut geworden, oder?" Und es ging wieder um sie und ihre Optik. Harry konnte darüber lachen, er kannte sie zu lange, als das ihn das stören konnte. „Die sind der Traum eines jeden Hetero-Mannes." antwortete er ihr. „Du bist der Traum eines jeden Hetero-Mannes." Glücklich warf sie ihm ein Küsschen zu und kicherte. „Und du bist der Traum eines jeden Homo-Mannes, mein Süßer." Mehr als ein kleines Lächeln konnte sich Harry nicht abringen, unsicher schaute er dabei zu Boden. „Du solltest wieder auf die Jagd gehen." meinte Charline überzeugt. „Du weißt doch gar nicht mehr, was Spaß ist." Das stimmte allerdings. Dennoch... Er konnte ja nicht mal an Sex denken, ohne dass ihm schlecht wurde. „Auf die Jagd gehen... Ich will doch keinen Büffel erschießen." – „Wo ist da bei manchen Männern der Unterschied?" fragte Charline verwundert. Da lachte Harry allerdings wirklich. Wie schaffte sie das nur? Da konnte man ihr wirklich verzeihen, dass sie manchmal so anstrengend, divenhaft und hysterisch war. „Tu mir nur einen Gefallen und ruf nicht diesen Mister Manager Andrew an." Bei der Erwähnung dieses Namens zuckte er unwillkürlich zusammen. Dabei war es doch so lange her. Wahrscheinlich wurde er leichenblass und er hasste sich für diese Reaktion. „Harry..." – „Hab ich nicht vor." sagte er möglichst gefasst, merkte aber, wie brüchig seine Stimme wirklich war. Natürlich glaubte seine beste Freundin ihm kein Wort. „Er... wollte mich nicht. Das hat er mir ganz klar zu verstehen gegeben. So viel Selbstachtung hab ich noch." Belog er sie oder sich selbst? Selbstachtung hatte er doch schon lange nicht mehr. „Das hoffe ich für dich." An ihrer Tasche herumspielend ächzte Charline und machte einen Schritt auf ihn zu. „Du hast Scheiße gebaut und du hast wahrscheinlich viel mehr Schwänze gesehen als ich, aber das macht dich nicht zu einem schlechten Menschen. Du bist wundervoll und wahnsinnig heiß, verdammt. Es gibt keinen Menschen, egal welches Geschlecht oder Sexualität, der nicht mit dir ins Bett will. Du hast es nicht nötig, so einem alten Sack nachzutrauern. Scheiß auf ihn!" – „Er ist nicht alt, er ist 34." – „Ich korrigiere, steinalt." Aufbauend lächelte sie ihn an. „Ich liebe dich, Charlie. Wirklich." konnte Harry nur sagen. Irgendwie war ihm nach weinen zumute, warum auch immer. Vielleicht weil erst jetzt richtig bei ihm ankam, dass er wieder in seiner alten Welt war. London und Gemma fehlten ihm jetzt schon. Dazu sah er sich auch noch mit seinen alten Geistern wie seiner Mutter, der Presse und Andrew konfrontiert. „Natürlich tust du das." Abwertend schüttelte sie den Kopf.
„Da bist du ja!" Glücklich und erleichtert stand auf einmal Harrys Mutter in der Tür, breitete erwartungsvoll ihre Arme aus. Kurz war Harry ernsthaft verwirrt. „Charline, ich hab dich schon überall gesucht!" Erst nach Vollenden des Satzes schien sie jedoch ihren Sohn zu bemerken, worauf umgehend ihre Miene einfror. Ein kurzer Augenblick des Schweigens verstrich, in dem sich Harry und seine Mutter nur verunsichert ansahen, dann fuhr sie möglichst sicher fort: „Ich möchte gerne mein neues Kleid präsentieren... Dürfte ich dich als Model ausleihen?" – „Wie immer gern, Miss Twist." nickte Charline grinsend und war natürlich direkt begeistert, denn gleich würde sie ganz viel Aufmerksamkeit und Komplimente bekommen. „Hervorragend, es ist ganz oben, auf meinem Stockwerk im Atelier. Es ist das mit Diamanten verzierte Cocktailkleid in königsblau. Beeil dich bitte, das Publikum wartet." gab Anne letzte Anweisungen, blickte bereits subtil auffordernd den Gang hinunter, um ihr zu bedeuten, dass sie gleich gehen sollte. „Alles klar." Schon setzte sich Charline in Bewegung. Harry wusste, dass sie nur kuschte, weil sie genau wusste, dass sie das Originalkleid sicherlich behalten durfte und sich damit Plätze in der ersten Reihe der nächsten Fashion Week sicherte. Somit stand er also allein mit seiner Mutter da. Diese versuchte wohl gerade krampfhaft, die passenden Worte zu finden. „Ich hab dein Zimmer das ganze Jahr über sauber halten lassen." presste sie schließlich hervor. „Seh ich." erwiderte Harry schlicht, verschränkte die Arme dabei. „Gemmas auch... Ich hab gehofft, ihr kommt bald wieder." – „Ich bin ja nun wieder da." In ihren Worten lag nach wie vor viel zu wenig Herzlichkeit. Es kam ihm so vor, als wolle sie ihn einfach nur manipulieren, damit er sich schuldig fühlte. Sie biss sich auf die Unterlippe und setzte nur langsam zu einer weiteren Antwort an. „Vielleicht..." – „Du solltest wieder zu deinen Gästen gehen." fiel Harry ihr harsch ins Wort. „Sie warten sicher alle auf dich." Erschrocken über diese Reaktion ihres Sohnes konnte Anne nur nicken und wandte sich, wenn auch schleichend, von ihm ab. Zum ersten Mal meinte er Reue in ihrem Gesicht gesehen zu haben. Aber es war zu spät. Viel zu spät.
Jetzt war er allein in seinem Zimmer, drehte sich wieder zu seinem Piano um. Lange hatte er nicht mehr gespielt und Harry fragte sich, ob er das überhaupt noch konnte. Vielleicht hatte er seine Muse längst verloren. Eine gute Sache hatte die permanente Abwesenheit seiner Mutter gebracht. Er hatte sich das Klavierspielen beigebracht. Aber selbst das hatte er fallen gelassen. Nicht mal das hatte er noch. Nachdenklich setzte Harry sich auf den kleinen Hocker vor dem Flügel, legte seine Hände hauchdünn auf die Tasten, betrachtete sie eingehend, ließ das glänzende Weiß in der Sonne reflektieren. Sollte er es versuchen? Was, wenn er es nicht mehr konnte? Das Einzige, was er in irgendeiner Form je beherrscht hatte. Diese Angst würde erst gehen, wenn er es versuchte, jedoch... Plötzlich vibrierte sein iPhone in seiner Hosentasche. Dies war das erste Mal, dass er eine Nachricht bekam, seit er wieder in Amerika war. Aber das war doch schon immer so gewesen... Alle wussten, wer er war, redeten über ihn, erkannten ihn auf der Straße... Doch niemand redete mit ihm oder schrieb ihm. Keiner wünschte ihm einen guten Morgen oder fragte ihn, wie es ihm ging. „Nicht weinen." beschwichtigte Harry sich selbst flüsternd und zog zittrig sein iPhone hervor. Beim Blick aufs Display wurden die Tränen in seinen Augen sofort mehr. „Ich habe gehört, du bist wieder in L. A." stand dort geschrieben und der Absender der Nachricht war gespeichert unter „Andrew Collins". Immerhin hatte Harry dieses widerliche Herz aus dem Namen entfernt. Er war so dumm und verliebt gewesen. Eigentlich wollte Harry nicht antworten. Wirklich nicht. Aber da... „Du hast richtig gehört." Ja, seine Selbstachtung war wirklich Vergangenheit. Als ihn die folgende Nachricht erreichte, glaubte er nicht richtig zu lesen. Mit geweiteten Augen starrte er das Handy an. „Du hast mir gefehlt." stand da. Ernsthaft? Wollte er ihn verarschen? Er hatte Harry doch verlassen, nicht andersrum. Nein, darauf antwortete er ganz bestimmt nicht. Das wurde ihm eindeutig zu viel. Er müsste eigentlich seine Nummer blockieren. Gerade wollte er sein iPhone wieder einstecken, da kam die nächste Nachricht seines Ex-Freundes. „Wollen wir uns heute Abend sehen?" Damit war Harry endgültig geschockt. Nein, bestimmt nicht... Ganz bestimmt nicht
„Schau mal!" Charline platzte wieder herein, wirbelte glitzernd wie eine Discokugel einmal in dem neuen Kleid seiner Mutter durch den Raum. „Deine Mom hat es so drauf! Also... Als Designerin nicht als Mom." korrigierte sie sogleich. Aber Harry konnte sie nur überfordert anstarren, bekam kaum Luft. „Hast du einen Geist gesehen?" wollte Charline verwundert wissen. „Oder was geht bei dir?" Einen Geist... So falsch war das gar nicht. „Nein, nein... Ich..." stotterte Harry überfordert. „Ich hab... Jetlag." – „Jetlag?" Charline hatte diese Gabe, nur eine Augenbraue hochziehen zu können. Wenn sie das tat, konnte sie noch abwertender gucken als mit ihrer blanken Miene. „Willst du mich verarschen, Bitch? Ich sehe, wenn du lügst." – „Es ist nichts." behauptete Harry weiter und versuchte, sich dabei selbst zu glauben. „Ich muss da runter..." deutete Charline Richtung Tür. „Aber wir reden nachher..." – „Ich gehe da nicht mehr runter." Harry schüttelte abwehrend den Kopf. „Gut... Dann The Sayers Club heute Abend? Deine Rückkehr muss doch gebührend gefeiert werden. Du musst den Neidern zeigen, dass du auf ihre Meinung scheißt und nach ein paar Cocktails redet es sich auch viel besser." Vielsagend zwinkerte sie. „Vielleicht lass ich eine Flasche Moet Ice Impérial springen." – „Nein, danke." seufzte Harry. „Ich bin müde." – „Das glaube ich dir sogar." Natürlich war sie sauer und eingeschnappt, wie immer, wenn sie ihren Willen nicht bekam. Aber sie beließ es dabei. „Wenn du deine Meinung ändern solltest, du weißt, wo du mich findest." – „Bei dem Alkohol und den heißen Männern." zog Harry sie grinsend auf. „Genau." gab sie frech zurück. „Da, wo man auch dich immer findet." Mehr als ein Prusten verließ seinen Mund nicht, aber Harry wusste, dass sie da eigentlich recht hatte...
„Schreib mir, immer." zwinkerte sie noch, bevor sie wieder aus dem Raum schwebte. Eine Weile starrte Harry wieder sein Handy an und somit auch wieder Andrews Nachrichten. „Du hast mir gefehlt." Das hatte sonst niemand gesagt. Nicht seine Mutter, nicht Charline... Dieser Gedanke schwächte ihn nun vollends. „Um wie viel Uhr?" tippte Harry auch schon ein.
Tief atmete Louis durch. Nach diesem erzwungenen Abendessen mit seiner Familie noch mal rauszugehen, war die beste Entscheidung des Tages gewesen. Schon auf der Fahrt zu ihrer Wohnung hatte er aus dem Auto heraus diesen mit Graffiti zu gesprühten Skatepark gesehen und war direkt nach dem er halbwegs aufgegessen hatte mit seinem Skateboard zu diesem aufgebrochen. Immerhin etwas, womit er sich die Zeit und die Gedanken hier vertreiben konnte. Der Himmel war inzwischen beinahe schwarzblau, die Sonne strahlte nur noch als ein kleiner orangener Schlitz in der Ferne hinter den Palmen, zu der Louis an der Kante der Rampe sitzend hinübersah. Nach knapp einer Stunde war er außer Atem. Er musste dringend an seiner Kondition arbeiten... und sich einen Job suchen. „Hey, das waren ein paar abgefahrene Tricks!" rief ihm eine männliche Stimme zu, weswegen sich Louis verwirrt umdrehte. Ein ziemlich trainierter junger Mann mit raspelkurzen Haaren und 3-Tage-Bart kam auf der Rampe auf ihn zu, hatte sich zwei Bierdosen zwischen die Finger seiner rechten Hand geklemmt, hielt sein Board in der Linken. „Darf ich dich auf ein Bier einladen? Es ist von dem Supermarkt da drüben. Also sicher ungeöffnet und nicht vergiftet." Er lachte laut und hielt demonstrierend die Dosen hoch. Zwar war Louis noch leicht irritiert, aber der Gedanke an ein kühles Bier reizte ihn zu sehr. „Gerne. Aber... wieso?" fragte er. „Weil ich dich noch nie hier gesehen habe und ich bin quasi jeden Tag hier. Außerdem hast du es drauf. Ich muss dich im Auge behalten." Der Fremde kniff bedrohlich die Augen zusammen, zeigte mit ausgestrecktem Arm und dem Skateboard in der Hand auf ihn. Zum ersten Mal heute musste Louis grinsen. „Das kann ich sehr gut nachvollziehen." – „Na dann..." Schon fiel der junge Mann neben ihn auf die erhobene Fläche der Rampe, reichte ihm eine der Bierdosen. Die beiden öffneten gleichzeitig die Dosen, während Louis ansetzte: „Ich bin Louis." – „Liam, freut mich." Anschließend stießen sie an.
„Du bist also neu in der Stadt?" – „Ja, ich bin vor ein paar Stunden angekommen, zusammen mit meiner kleinen Schwester und meiner Mutter. Wir kommen ursprünglich aus einem kleinen Dorf in England." – „Wow..." Liam nickte zuhörend, während er von seinem Bier trank. Er legte fragend seine Stirn in Falten. „Ich war nie woanders. Wie ist es in England?" – „Ganz anders. Ich kann es nicht wirklich erklären. Aber die Menschen haben eine ganz andere Mentalität, alle sind sehr höflich und irgendwie reserviert. Hier sind alle so... laut." erzählte Louis ihm nachdenklich. „Das ist L. A." lachte Liam schlicht. „Es ist alles laut hier. Die Straßen, die Läden..." – „Hab ich schon gemerkt." Louis hatte das Gefühl, dass er mit seiner neuen Bekanntschaft halbwegs ehrlich sein konnte. Vielleicht half es ja, sich den Frust zumindest ein bisschen von der Seele zu reden. „Ich finde es schrecklich hier." – „Ist es auch, wenn man nicht zu diesen ganzen reichen Kids aus den Beverly Hills gehört." sagte Liam darauf knallhart. „Eigentlich wollte ich immer raus aus dieser Stadt. Aber jetzt habe ich doch einen Laden hier auf gemacht. Vielleicht ist Los Angeles ein schwarzes Loch. Du bist verloren, wenn du einmal hier bist. Man kommt nicht mehr raus." – „Du machst mir Mut." seufzte Louis, ließ die Bierdose in seiner Hand knacken. „Ich bin nur realistisch." Liam zuckte mit den Schultern. „Du musst wissen, worauf du dich hier einlässt. Aber glaub mir, mit den richtigen Leuten und billigem Bier ist es gar nicht so wild." Grinsend hob er die Dose hoch. Da deutete Louis ein Lächeln an. Dank Liam schwanden seine Befürchtungen. Er fühlte sich nicht im Geringsten zu ihm hingezogen, er wirkte wie der perfekte Kumpeltyp. Das beruhigte Louis ungemein und das würde er Lottie auch genau so sagen, dann würde sie endlich aufhören, ihn wegen dieses... Filmes zu löchern und zu nerven. Er war hetero. Er war hetero... Wieso fühlte sich dieser Gedanke denn dann so falsch an? Als würde er sich vor sich selbst rechtfertigen. „Was für einen Laden hast du?" fragte Louis ihn, um seine Gedanken abzuschütteln. „Was wohl für einen?" Liam klopfte stolz auf sein Skateboard. „Einen Skaterladen." Schon leuchteten Louis' Augen auf. „Stellst du ein?" Verwundert sah Liam ihn an, grinste dann aber. „Das war ein unübliches Bewerbungsgespräch."
Als Louis kurze Zeit später wieder durch die Tür der Wohnung seiner Familie trat, die sich im siebten Stockwerk eines Mehrfamilienhauses befand, kam ihm gerade eine frisch restaurierte und zurechtgemachte Lottie in einer hautengen hellblauen Jeans und einem bauchfreien weißen Top entgegen. Die Tür fiel gerade ins Schloss, da war Louis erstarrt vor Schock über den Anblick seiner kleinen Schwester. „Moms Chef hat angerufen, sie wird wohl noch bei irgendeinem Shooting benötigt." erklärte diese, während sie eine winzig kleine Handtasche schulterte und in den Ganzkörperspiegel neben der Tür blickte, noch ein paar blondierte Strähnen richtete. „Ich geh dann mal die Stadt erkunden." Sie lächelte ihn breit an. „Halt, halt!" machte Louis sofort mit erhobenen Händen. „Wo willst du hin? Was hast du vor? In dem Outfit!" – „Ich will nur... schauen, was es hier in unserer Nähe so gibt." flunkerte Lottie ihn an, was er natürlich sofort durchschaute. „Verarsch mich nicht, du willst in irgendeinen Club." – „Okay, gut." Beleidigt verschränkte sie die Arme. „Ich will einfach nicht so enden wie du. 23 und verbittert." – „Kennst du hier überhaupt jemanden?" fragte Louis einfach nur. „Nein, das will ich ja gerade ändern." Mut hatte sie, das konnte man nicht bestreiten. „Die Vorstellung, in so einer Stadt nachts ganz allein Zuhause zu hocken, ist frustrierend, findest du nicht?" Doch, das war sie tatsächlich. „Ich würde dich sogar mitnehmen." bot Lottie ihm an. „Vielleicht findest du ja einen hübschen jungen Mann." – „Lottie!" fauchte Louis erbost. „Lass das!" Wie lange wollte sie das noch machen? Wurde ihr nicht langsam langweilig? „Gut, dann nicht. Keine heißen Muskelmänner für Lou." Provokativ grinste sie und schob sich an ihm vorbei, um die Haustür zu passieren. „Glaub ja nicht, dass ich dich damit so einfach davonkommen lasse." protestierte Louis weiter. „Wo genau willst du hin? – „In den Sayers Club." – „Bitte? Viel Glück, da kommst du nie rein. Der ist doch nur für Promis und Reiche." Das beruhigte Louis zumindest etwas, denn die Vorstellung auf einen gelungenen Abend verbaute Lottie sich selbst. „Ich bin süß, ich komm klar." sagte diese aber selbstbewusst. „Lottie, du bist nicht dieses It Girl von vorhin, das wahrscheinlich direkt an der Warteschlange vorbei wackelt und dem Türsteher zur Begrüßung links und rechts ein Küsschen beim Reingehen gibt. Du wirst die ganze Nacht draußen stehen." - „Vielleicht, aber ich will es wenigstens versuchen." Diese Auseinandersetzung hatte keinen Sinn, dafür war dieses Mädchen einfach viel zu stur. „Gut, okay." gab Louis schließlich nach. „Aber ich will regelmäßig Nachrichten von dir haben, damit ich weiß, dass du noch lebst." – „Versprochen." sagte Lottie nickend, öffnete bereits ungeduldig die Tür. Obwohl Louis ein unangenehmes Gefühl hatte, ließ er sie ziehen. Immerhin war sie alt genug und nur weil er mit all dem hier nichts anfangen konnte, musste er es Lottie nicht kaputtmachen. Wenn sie glücklich war, war das schon viel wert. Vielleicht würde er sich hinlegen und versuchen zu schlafen, damit dieser Tag endlich endete.
Die Strecke zu Andrews Villa in den Beverly Hills kannte Harry nach wie vor in- und auswendig. Zu Anfang war er immer heimlich gefahren, da seine Mutter zu Beginn nichts von ihm wissen sollte und auch bis heute hatte sie ihn nie gesehen, kannte nicht seinen Namen und wusste somit auch nicht genau, wer er war. Denn zwar hatte Harry sich bereits mit 16 geoutet, jedoch war er seinerzeit 20 gewesen und Andrew 33. Seine Mutter wusste nur von dem Altersunterschied und dass er Geschäftsführer eines großen Unternehmens war und selbst darüber hatte sie schweigen sollen, was sie auch getan hatte. Ansonsten wusste nur Charline genaueres, die ebenfalls zu Stillschweigen verpflichtet war. Die Beziehung war nie offiziell geworden und das nicht nur wegen des Altersunterschiedes. Harry hatte lernen müssen, dass nicht jeder mit seiner Sexualität so umging wie er selbst.
Schließlich öffneten sich die Tore zu der weiten Einfahrt des Grundstückes und Harry parkte seinen Mercedes neben Andrews Bentley. Wie früher war die Villa beleuchtet, ein paar Palmen wiegten sich im Wind. Er zupfte etwas an seinen Haaren herum, während er sich der prunkvollen Tür der Villa näherte. Als er schließlich die Klingel betätigte, kam es ihm wirklich wieder so vor wie vor über einem Jahr. Er war sich nicht sicher, ob es ein angenehmes Gefühl war oder nicht, es war vertraut aber auch angsteinflößend, weil Harry genau wusste, wie es geendet hatte. Eine junge Frau, eine seiner Angestellten, ließ Harry hinein und er ging wie immer durch den marmorfarbenen Flur in Richtung des Wohnzimmers. Sie hatten sich immer nur hier getroffen, nie irgendwo anders. Sie waren nie zusammen auf einem normalen Date gewesen. Das hatte Harry mehr verletzt, als er es zugeben wollte. Kurz schaute er raus aus den Fenstern in den nächtlichen Himmel und fragte sich, warum er sich hierauf eingelassen hatte. In der Fensterbank war in einer antiken Vase ein Strauß frischer, perfekt aussehender, roter Rosen angerichtet. Wahrscheinlich waren sie von dem teuersten Floristen der Stadt. Harry konnte nicht anders, als vorsichtig eines der Rosenblätter entlang mit der Fingerspitze zu fahren. „Da bist du ja." Erschrocken fuhr er herum und blickte direkt zu seinem Ex-Freund, der gerade den Raum betreten hatte. Er trug noch seinen Anzug, wahrscheinlich war er gerade erst aus dem Büro gekommen, seine dunkelbraunen Haare fielen in einer schwungvollen Welle nach links und sein Bartwuchs war intensiver geworden. Und Harry musste sich eingestehen, dass er diesen Mann immer noch viel zu attraktiv fand. „Deine Haare sind gewachsen." stellte Andrew fest. Selbst ein gewandter und willensstarker Geschäftsmann war mit dieser Situation überfordert... Unglaublich. Harry nickte nur. „Du siehst umwerfend aus." fuhr er dann fort, worauf sich Harrys Augen etwas weiteten. Bisher hatte er doch nur Spott für seine langen Haare geerntet. Wobei er ja von Charline eh nur Spott erntete. Jeder erntete Spott von Charline.
„Danke." erwiderte Harry nur schlicht. „Wie geht's dir so?" – „Es ist anstrengend, das Geschäftsleben." antwortete Andrew, zwang sich zu lächeln. „Wie war es in..." – „London." half Harry seinem Ex-Freund auf die Sprünge. „London. Was hast du dort gemacht?" – „Ich habe gearbeitet, ein paar Kurse an einer Uni belegt. Nichts Besonderes." erzählte er dann schließlich weiter. „Was für Kurse?" Tatsächlich war Andrew der Erste und Einzige, der wissen wollte, was Harry in diesem Jahr der Abwesenheit gemacht hatte und überhaupt genauer nachfragte. Das hatte sonst noch keinen interessiert. Dieses Gefühl hatte Andrew ihm immer gegeben. Er war der Einzige, der ihm jemals zugehört hatte. „Kunstgeschichte, Literatur... Nichts, was einen Mann der Wirtschaft interessieren könnte." scherzte Harry, lächelte etwas. „Du müsstest am besten wissen, dass ich schöne Dinge zu schätzen weiß." gab Andrew zurück und auch er lächelte äußerst vielsagend. Natürlich wusste Harry, worauf er anspielte und es schmeichelte ihm, doch freuen konnte er sich nicht. „Die sind für dich." Andrew deutete auf die Rosen neben Harry, auf die er immer noch seine Fingerspitze gelegt hatte. Verwirrt schaute dieser erst zu dem Strauß und dann zurück zu Andrew. „Du... schenkst mir Rosen?!" konnte er sich nicht verkneifen mit einem leicht erbosten Ton zu sagen. „Ich habe doch bereits geschrieben, dass du mir gefehlt hast." – „Kann sein, aber du hast mich verlassen." Schon zog Harry seine Hand von den Rosen weg. „Was genau wird das hier, Andrew?" fragte er herausfordernd, machte ein paar Schritte auf seinen Ex zu. „Weißt du, was ich wegen dir durchgemacht habe?" – „Das weiß leider nicht nur ich." seufzte Andrew, verschränkte die Arme. „Das weiß die ganze Welt." – „Kommt jetzt eine Moralpredigt?" wollte Harry sauer wissen. „Du bist selbst nicht unschuldig, das weißt du auch." – „Harry, ich finde es einfach schade, dass ausgerechnet du dich so kaputt gemacht hast. Du bist intelligent, talentiert und wunderschön... offensichtlich." Andrew betrachtete ihn eingehend. „Aber die Leute werden dich nur noch so sehen..." – „Das war dir schon immer am wichtigsten, hm?" Harry zog die Augenbrauen hoch. Mittlerweile brodelte in ihm ein regelrechter Vulkan aus Wut. Alles kam gerade hoch. „Wie dich die Leute sehen, genau. Deswegen hattest du auch nie die Eier öffentlich zu sagen, dass du es mit einem 20-jährigen Mann treibst. Deswegen hast du mich hier versteckt wie ein schmutziges, perverses Geheimnis." – „Harry, ich bin Geschäftsführer eines millionenschweren Unternehmens, bin über 10 Jahre älter als du und war vor dir immer nur mit Frauen zusammen, wie wirkt das denn?" zischte Andrew entsetzt. „Ehrlich." antwortete der Angesprochene ernst. „Diese Ansicht teilt nicht jeder." Widersprechend schüttelte Andrew den Kopf. „Es geht ums Geschäft, Harry, das musst du verstehen!" – „Oh Gott, du klingst wie meine Mutter!" Somit hatte Harry geschrien, ja er war wirklich laut geworden und durch diese Worte sammelten sich Tränen in seinen Augen. Seit er wieder in Los Angeles war, hatte er das Bedürfnis in Tränen auszubrechen, gehabt und jetzt war es kaum noch zu unterbinden. Ausgerechnet vor seinem verdammten Ex-Freund. „Bitte, wein nicht." seufzte Andrew mitgenommen, schien mit sich zu hadern, ob er Harry in irgendeiner Form berühren sollte. „Es war nie meine Absicht, dich zu verletzen..." – „Ach so?!" fuhr Harry ihn auch schon brüllend unter Tränen an. „Dann tut es mir verdammt leid, dass ich das so aufgefasst habe." – „Wieso hätte ich dir wehtun wollen?" fragte Andrew ihn vorwurfsvoll. „Ich habe dich geliebt, Harry." – „Was...?" schluchzte dieser außer sich. Ihm liefen die Tränen inzwischen ungezügelt übers Gesicht. „Das hast du mir nie gesagt..." – „Weil ich es nicht konnte." Sachte schloss Andrew die Arme um seinen jüngeren Ex-Freund. Vollends überfordert starrte dieser ihn nur an, schüttelte immer wieder den Kopf, versuchte seinen Tränenfluss zu dämmen. Das war falsch, das alles. Diese ganze Beziehung war Gift, das wusste Harry. Auch als er ihn einfach küsste, wusste er das. Jedoch hielt es ihn nicht davon ab, sich intensiv, so wie er es auch früher immer getan hatte, an ihn zu drücken und seine Arme bei einem Kuss um ihn zu schlingen. Sein ehemaliger Freund wies ihn nicht ab, sondern erwiderte seinen Kuss umgehend, fuhr mit seinen Händen Harrys Rücken hinunter und ließ diese unter sein T-Shirt gleiten. Er zuckte leicht unter dieser Berührung auf seiner nackten Haut. Es war vertraut, so etwas hatte er eine Ewigkeit lang nicht gefühlt und es tat unbeschreiblich gut, sich wieder begehrenswert zu fühlen. Noch ging Harry voll in ihrem Kuss auf, genoss wie er fordernder wurde, wie sich ihre Zungen umspielten, ließ zu, dass Andrew ihn irgendwie in Richtung der Couch und dann auch auf diese selbst drängte. Als Harry auf einmal durch den leidenschaftlichen Kuss stöhnen musste, löste Andrew seine Lippen von den seinen, worauf Harry seine geschlossenen Augen öffnete. Allerdings erhaschte er nur einen kurzen Blick, da seine eigentlich vergangene Liebe ihm in der nächsten Sekunde in den Nacken biss und seinen Hals hinunter küsste. Wieder musste Harry aufstöhnen, krallte sich in den Stoff des Anzuges, schloss seine Augen wieder. Er spürte, wie Andrew sein T-Shirt immer höher schob, offenbar wollte er es ihm wohl ausziehen, was Harry erst noch mehr erhitzte, doch je mehr er die kühle Luft des Wohnzimmers an seiner nackten Haut spürte, umso unangenehmer wurde es für ihn. Eben weil er wusste, dass sie sich im Kreis drehten, dass ihre Beziehung nie funktionieren würde und weil... er sich nicht ausziehen wollte. Der Gedanke, dass irgendjemand ihn wieder nackt sah, ängstigte ihn viel zu sehr. Seine Leidenschaft baute sich rasant ab und ließ nur noch Panik übrig. „Ich... Ich kann das nicht..." presste Harry hervor und schon hatte er den unvorbereiteten Andrew von sich weggestoßen und sich von der Couch hochgezogen. Verängstigt und hektisch zog Harry sein Shirt wieder runter, damit alles sicher verdeckt war. Noch hing Andrew sprachlos auf der Couch, starrte zu ihm hoch. „Das mit uns... Das ist vorbei und das ist auch gut so..." – „Harry, ich..." versuchte er sich aufzurappeln. – „Du brauchst Zeit, das verstehe ich..." – „Ich hatte genug Zeit." antwortete Harry möglichst sicher, obwohl er am ganzen Körper zitterte. „Du wirst nie zu mir stehen können und ich will nicht weiter dein Geheimnis sein. Ich kann das einfach nicht mehr. Nicht nach alldem, was ich durch habe." – „Aber... empfindest du nichts mehr für mich? Du hast mich eben geküsst, verdammt!" Andrew kam wieder näher auf ihn zu. Aber Harry wich sofort zurück. „Ja, und das war ein Fehler." wollte er ihm klarmachen. „Mal wieder..." – „Harry, ich kann verstehen, dass du mir noch nicht vergeben kannst... Aber..." – „Ich stelle dir eine einfache Frage." fiel dieser Andrew ins Wort. „Kannst du zu mir stehen? Wirst du sagen, dass du mit mir zusammen bist?" Sogleich erfror sein Ex-Freund erschrocken in seiner Haltung, seine himmelblauen Augen waren wie erstarrt. „Dachte ich mir." zuckte Harry lediglich mit den Schultern. Dass dies nicht der einzige Grund war, warum er den Kuss und das wohl noch Folgende abgebrochen hatte, tat nichts zur Sache. „Das ist keine Beziehung, das ist ein Versteckspiel, Andrew. Leb deine homosexuellen Neigungen mit jemand anders aus. Ich bin durch mit dir..." Er konzentrierte sich darauf, stark zu bleiben und wandte sich von ihm ab, bemühte sich, dabei sicher und gerade zu gehen, obwohl sich doch alles um ihn drehte. „Behalt deine Rosen." sagte Harry noch mit einem Kloß im Hals, als er schon beinahe auf dem Flur war. Eigentlich wollte er stolz auf sich sein, dass er sich nicht mehr umdrehte und einfach ging. Aber da gab es wirklich nichts, worauf man stolz sein konnte. Er war schwach geworden und hatte Andrew geküsst... Und hätte er nicht diesen Anfall von Nervosität gehabt, hätte er auch mit ihm geschlafen. Nach über einem Jahr war das mehr als schwach und erbärmlich. Harry hatte gedacht, er wäre über ihn hinweg. Einen Scheiß war er.
Kaum war die Haustür hinter Harry ins Schloss gefallen, ließ seine Stärke nach und seine Sicht wurde wieder von Tränen verschleiert. Gerade so schaffte er es sich in seinen Mercedes zu retten und die Autotür zuzuknallen, da fing er an, richtig zu weinen. Seinen Kopf legte er auf das Lenkrad des Wagens, versuchte gar nicht mehr, sich irgendwie zu beruhigen. Er ließ diesen Schmerz einfach geschehen, weinte und schluchzte immer lauter. Er liebte ihn?! Das fiel ihm ein Jahr später ein? Hatte Harry erst das Land verlassen müssen, damit er ihm das sagen konnte? Aber das Schlimmste war, dass Harry sich ihm auch noch hingegeben hatte. Fast hätte er wieder mit ihm geschlafen... Das hatte er schon damals immer wieder gemacht, obwohl er eigentlich wütend oder enttäuscht wegen ihm war. Als hätte er überhaupt keine Willenskraft. Schon allein deswegen war er fast froh über diese plötzliche Angst, auch wenn diese ihn ebenfalls beunruhigte. Würde er diese Angst, wenn er mit jemandem schlafen wollte, jetzt immer haben? „Scheiße..." schniefte er, hob seine Stirn vom Lenkrad, fuhr sich die Haare aus dem Gesicht. „Scheiße... Scheiße..." Immer wieder dieses Wort wiederholend wischte er sich die Tränen weg, doch sie flossen viel zu schnell nach. Er war wirklich abgefuckt, Charline hatte recht. Charline... Es gab jetzt nur sie. Er hatte niemanden sonst, mit dem er reden konnte. Zayn war doch einfach nur eine Partybekanntschaft, eine gute, aber nicht mehr und nicht weniger. Aber wollte er wirklich reden? Nein, nicht wirklich. Er wollte einfach nicht allein sein. Gerade wünschte er sich nichts mehr, als eine Person, die ihn verstand, der es egal war, was er gemacht hatte, die ihn liebte und schätzte, wie er war und ihn jetzt schlicht in den Arm nahm, ohne mit ihm zu reden. Eine Person, die ihn ohne Worte verstand. Aber gerade hatte er nur Charline, auf die er zurückgreifen konnte. Zitternd und immer noch verweint griff er nach seinem iPhone, wählte ihre Nummer an, klemmte sich das Handy zwischen Ohr und Schulter. Während er darauf wartete, dass sie ranging, startete er bereits den Motor seines Mercedes. „Hey Sexy, was geht?" hörte er im nächsten Moment schon Charlines Stimme gut gelaunt in die Leitung kichern. Offensichtlich hatte sie mit den Vorbereitungen für eine Clubnacht schon angefangen. „Charline, ist..." Seine Stimme versagte kurz wegen seiner Tränen. Er schaltete den Rückwärtsgang ein, um irgendwie ganz schnell von diesem Grundstück zu kommen. „... feiern gehen noch eine Option?" fragte Harry nun doch beendend, seine Stimme war ganz abgehackt. „Oh mein Gott, Harry! Was ist passiert? Du klingst ja total fertig." wollte sie sofort wissen. „Weinst du?" – „Das ist egal..." wehrte er nur ab, manövrierte sich auf die Hauptstraße und trat aufs Gas. Es war ihm egal, dass er viel zu schnell die Straße runter jagte. Er musste weg. „Fährst du in diesem Zustand etwa Auto?!" keifte Charline weiter. „Willst du dich umbringen? Fahr sofort an die Seite, sonst bring ich dich um!" – „Es ist alles... okay... Nein, nicht wirklich." So sehr konnte Harry nun doch nicht lügen. Wieder wimmerte er. „Es ist gar nichts okay..." – „Dann sieh zu, dass du deinen Arsch hier halbwegs heil her schwingst." befahl Charline. „Denn dann betrinken wir uns nämlich bis zum Verlust der Muttersprache." Unter Tränen kicherte Harry leicht. „Das hört sich super an." – „Natürlich, ist ja auch meine Idee." Er sah richtig ihr Grinsen vor sich. „Und dann suchen wir dir den heißesten Kerl der Stadt, der dir das Hirn raus vögelt. So wie früher." Zwar schüttelte Harry eigentlich den Kopf, aber lachte wieder etwas. „Ihr... seid im Sayers Club, nehme ich an?" fragte er erstickt klingend. „Noch nicht, aber wir ziehen gleich los. Kayla und Valentina waren noch bei mir und haben... Vorarbeit geleistet, du verstehst." – „Merk ich, nüchtern klingst du nicht." Darauf schnaubte Charline nur verächtlich. „Du nachher auch nicht mehr, Bitch." – „Hoffentlich..." murmelte Harry. Es war schlimm, wie schnell man in alte Muster verfiel. Aber in diesem Moment konnte er mit seinem Schmerz nicht anders umgehen. So würde es wohl sein ganzes Leben lang laufen. In diesem Moment war es ihm auch egal, dass er sich geschworen hatte, sich zu bessern und sein Leben in den Griff zu kriegen. „Ich komme direkt zu dem Club. Wir sehen uns da..." flüsterte er noch, bevor er das Telefonat beendete und das iPhone auf den leeren Beifahrersitz neben sich warf. Anschließend öffnete er das Fenster der Fahrertür, da ihm unfassbar heiß war. Er drehte die Musikanlage auf, ließ sich von den Klängen des laufenden Songs wegtragen, fuhr nach wie vor viel zu schnell durch das nächtliche Lichtermeer von L. A. auf dem Weg in den Sayers Club.
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Lost Angeles (Larry Stylinson)
Hayran KurguWenn in der Stadt der Engel zwei Welten kollidieren, bleibt nichts unverändert. Louis kämpft mit seinen Empfindungen, Harry mit seinem ganzen Leben. Vielleicht können sie nur gemeinsam einen Weg finden.