1||Trainingscamp

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Erneut nehme ich den Ball mit der Brust an und lege ihn noch einmal vor, ehe ich auf das Tor schieße. Als der Ball im Netz zappelt, kommen ein paar zu mir und klatschen mich ab, während ich lächle.

Nach dem Training dusche ich, ziehe mich dann um und packe meine restlichen Sachen in die Sporttasche, ehe ich diese dann schultere und mich auf den Weg zu dem Hotel mache, in dem ich mit meiner Familie 2 Wochen übernachte. Als ich aus dem Fahrstuhl gehe, kommt mir mein älterer Bruder David entgegen. Er lächelt mich an, umarmt mich kurz und geht dann weiter. Ich gucke ihm kurz nach, ehe ich den Kopf schüttle und in unser Zimmer gehe. "Hey Mum! Dad? Ich bin wieder da!" Vom anderen Ende des Zimmers her kommt mir das leichte Rauschen des alten Fernsehers entgegen, der hier als kleines Extra steht. Seufzend stelle ich die Tasche im Flur ab, ziehe meine Schuhe aus und gehe zum Fernseher. Ich stelle mich vor ihn, sodass mein Vater seinen Blick von diesem lösen muss. "Geh' doch aus dem Weg, ich sehe nichts!" "Dir auch hallo Dad." Er nickt nur, weshalb ich wieder meine Augen verdrehe, den Blick zu dem Gerät aber freigebe. Nun doch relativ genervt setze ich mich auf mein Bett und hole mein Handy hervor. Nach ein paar Minuten kommt David ins Zimmer und lächelt mich entschuldigend an. "Tut mir leid, dass Dad wieder so mies drauf ist. Wie lief denn das Training?" Ich zucke mit den Schultern. "Ich weiß nicht... Die Mädchen sind alle so unglaublich eingebildet und wenn man sie dann mal ausspielt, werden sie richtig unfair und versuchen nicht mehr, Fußball zu spielen, sondern nur noch, dich zu foulen..." David guckt nachdenklich an mir vorbei, ehe er sagt: "Vielleicht solltest du dir einen anderen Verein suchen, wo die Mädchen dich besser aufnehmen." Ich hebe den Zeigefinger. "Muss ich dich daran erinnern, dass das alles hier nur ein Probe-Trainingscamp ist? Es steht noch nicht fest, wer weiterkommt und dann, in welcher Mannschaft er spielen darf." David seufzt. "Ich bin immer noch nicht wirklich überzeugt von der ganzen Sache..." Jetzt lächle ich leicht. "Ich weiß, aber es war schon immer mein Traum, im Trikot von Barcelona zu spielen... Und das hier ist meine Chance!" Als ich mich daran erinnere, wie meine Klassenkameraden mich früher schon von meinem Traum abbringen wollten, kann ich heute nur noch schmunzeln. Immer haben sie gesagt, dass das nicht möglich ist, weil Barcelona gar keine Mädchen in der Entwicklung unterstützt und ich nicht gut genug wäre, um in einer Jungsmannschaft mitzuhalten. Sie haben gesagt, dass ein deutsches Mädchen gar nicht die Möglichkeit hat, überhaupt gesichtet zu werden, aber nie habe ich auf sie gehört. Ich wollte es nicht wahrhaben, dass meine Chancen schlecht stehen, beim FC Barcelona zu spielen.

Und hier stehe ich heute. Ich habe es tatsächlich geschafft, dass der Trainervorstand auf mich aufmerksam geworden ist und mich zu einem Trainingscamp eingeladen hat. Es war überhaupt erst möglich für mich, her zu fliegen, weil ich vor knapp einem Jahr die Schule abgebrochen habe, um mich voll auf den Fußball zu konzentrieren.

Und abgesichert bin ich auch, denn ich habe im Sommer ein Angebot von Arsenal bekommen, sodass ich immer noch eine Chance habe, eine Karriere als Fußballerin zu führen, falls Barça mich nicht nimmt.

"Lisa? Hast du mir überhaupt zugehört?" Verwirrt gucke ich mich um, ehe ich bemerke, dass ich immer noch im Schlafzimmer unseres Hotels bin und David vor mir sitzt. "Was ist?" frage ich perplex, woraufhin er mich leicht anlächelt. "Ich habe dich gefragt, ob du Lust hättest, mit mir Barcelona ein wenig zu erkunden?" Als erstes will ich nicken, doch als mir einfällt, dass ich morgen früh Training habe, schüttle ich doch den Kopf. "Sorry Bruderherz, aber ich habe morgen früh Training und außerdem bin ich ziemlich geschafft von heute..." David nickt. "Klar, kein Problem, dann ein andern Mal..." Dann steht er auf und verlässt das Zimmer. Ich seufze leise und mache mich fertig, um kurz darauf totmüde ins Bett zu fallen.

Am nächsten Morgen weckt mich mein Wecker, woraufhin ich aufstöhne und ihn ausstelle. Langsam nur setze ich mich auf und strecke mich zu erst. Dann stehe ich auf, nehme mir das Barça-Trainingstrikot, dass wir am Anfang der Woche bekommen haben, und eine kurze Hose, auf der ebenfalls das Barcelonazeichen gestickt ist, gehe ins Bad und ziehe mich um. Dann mache ich mich noch weiter fertig, das heißt, dass ich frühstücke, Zähne putze, mich mit Deo einsprühe und das Gesicht wasche. Gerade, als ich mir einen Zopf mache, öffnet mein Vater die Tür zum Bad. Geschockt gucke ich ihn an, doch ihn lässt das Ganze offensichtlich ziemlich kalt, denn er stellt sich einfach vor den Spiegel und fängt an, sich fertig zu machen. Ungläubig schüttle ich meinen Kopf, ziehe meinen Zopf fest, lege die Bürste zurück und gehe dann wieder ins Schlafzimmer, um meine Fußballschuhe und Duschsachen in die Tasche zu packen. Gerade bin ich fertig geworden, da verlässt auch Dad wieder das Bad. "Wo gehst du hin?" fragt er mich skeptisch, woraufhin ich seufze. "Dad, erstens: Ich bin in einem Monat 18, dass heißt, dass ich auf mich selbst aufpassen kann und zweitens: Ich habe Training." "Schon wieder?" fragt er doch sichtlich genervt. "Das hier ist ein Trainingscamp, wir sind nur dafür überhaupt nach Spanien geflogen! Die wollen hier wissen, ob ich das Zeug habe, in einer Mannschaft von ihnen mitzuhalten, und dafür müssen sie mich nun mal kennenlernen! Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich muss los."

Mit diesen Worten gehe ich aus dem Zimmer, in den Fahrstuhl und dann aus dem Hotel hinaus. Was hat Dad bloß gegen mich? Er war ja noch nie wirklich gut auf mich zu sprechen, aber er war noch nie so desinteressiert mir gegenüber...

Gedankenverloren gehe ich den Weg zum Trainingsgelände entlang, als ich von jemandem begrüßt werde. Verwundert gucke ich nach oben und direkt in das Gesicht meines Trainers, der mich anlächelt. "Heute ist der letzte reguläre Trainingstag, ab Sonntag ist das Turnier." Jetzt noch verwunderter gucke ich ihn an. Ich habe ein wenig länger gebraucht als sonst, denn ich habe am Anfang nicht verstanden, dass er ja kein Deutsch versteht und nur Englisch mit uns redet. "Direkt am Anfang des Camps hier haben wir euch mitgeteilt, dass ich euch als Mannschaft bei einem Turnier angemeldet habe, um zu schauen, wie ihr euch unter Wettbewerbsbedingungen verhaltet. Für dich sollte das doch kein Problem sein oder?" Ich schüttle leicht den Kopf, weshalb mein Trainer mich dann durchlässt, damit das Training endlich beginnen kann.

Heyy!
Also, das hier ist der Anfang von 'Fight Love'.
See ya!
~Lilly

Fight Love (Neymar Jr.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt