Stutter [Vkook]

°17

Taehyung

"Hey Jimin!", begrüsse ich den Schwarzhaarigen, welcher gerade mit Namjoon vor der Eingangstüre der Schule spricht. Kaum hört er mich, sieht er von dem grossen Blonden weg, in mein Gesicht. 

"Hi!", lächelt er erfreut. Auch Namjoon begrüsse ich, was er freundlich mit einem Lächeln erwidert, bevor ich mich wieder an Jimin wende. "Hast du was von Jungkook gehört?", frage ich neugierig, woraufhin er die Stirn runzelt. 

"War er etwa nicht im Bus?", erwidert er verwirrt und ich nicke. Er zuckt ratlos mit den Schultern. "Er wird selten gefahren und ich konnte heute mit Namjoon fahren", murmelt er und sieht mich dann besorgt an. "Meinst du, ihm ist was passiert?"

In der nächsten Sekunde hat er auch schon sein Handy gezückt. "Chim", meine ich und lege meine Hand auf seinen Arm, "Jetzt brich nicht gleich in Panik aus. Es wird ihm schon gut gehen, denke ich. Vielleicht hat er ja einfach verschlafen", beruhige ich ihn ein wenig. Jimin schürzt die Lippen und mustert mich einen Moment lang mit zusammengekniffenen Augen.

Dann seufzt er jedoch und steckt sein Handy wieder weg. "Aber wenn er zur dritten Stunde noch nicht aufgekreuzt ist, dann schreibe ich ihm!", beschliesst der Schwarzhaarige bestimmt. Schmunzelnd sehen Namjoon und ich ihn an. Er ist ein verdammt guter Freund, fürsorglich und loyal. Seine Liebsten stehen für ihn wohl an allererster Stelle. Das ist eine wunderschöne Eigenschaft.

"Aber Jimin?", wechsle ich das Thema, "Da ist noch was."

Wieder kneift er die Augen zusammen, nimmt eine misstrauische Haltung an und verschränkt sogar noch demonstrativ die Arme vor der Brust. Wo er zuvor noch wie ein aufgeweckter, knuffiger Erstklässler gewirkt hat, so erscheint er einem nun viel erwachsener und mir wird ein weiteres Mal bewusst, dass er sogar der Ältere von uns beiden ist. "Was?", fragt er sofort, "Hat es auch mit Jungkookie zutun?"

Ich nicke bestätigend, woraufhin er den Kopf schief legt. "Spuck's aus", verlangt er sofort. Ich seufze und kratze mich am Hinterkopf. Ich wollt eigentlich nicht mit der Tür ins Haus fallen, aber wenn er mich schon so direkt auffordert, kann ich ja wohl schlecht erst um den heissen Brei herum reden.

"Er spricht nicht", weiche ich trotzdem erstmal auf, woraufhin er die Stirn runzelt. "Ja, aber das weisst du schon", antwortet er langsam und lehnt sich vor, als würde ich ihm gerade ein Geheimnis ins Ohr flüstern wollen. "Na ja, du weisst, wieso er nicht spricht, oder?", frage ich leise nach. Neben Jimin verkrampft sich nun auch Namjoon.

"Das sollte er dir wohl selbst sagen... oder aufschreiben", schaltet er sich ein. Ich schüttle den Kopf. "Ich habe nicht fragen wollen, wieso er nicht spricht", winke ich ab, wofür ich beidseits verwirrte Blicke ernte. "Worauf willst du dann hinaus?", fragt der Schülersprecher mich. Ich schlucke leer. "Ich wollte nur ein Ja oder nein auf meine folgende Frage", räuspere ich mich.

"Dann stell sich doch auch endlich mal!", jammert Jimin und gibt mir einen kleinen Schubser gegen die Schulter. Nun wirkt er zwar nicht mehr ganz so ernst, dennoch immer noch ziemlich misstrauisch.

"Er stottert, nicht wahr?", frage ich endlich und sehe mir ihre Gesichter dabei genau an. Während Namjoon die Ruhe selbst bleibt, keine Miene verzieht und ausdruckslos in meine Augen schaut, tut sich bei Jimin so einiges. Verwunderung zeichnet sich auf seinem Gesicht ab, dann weiten sich seine Augen, sein Mund klappt auf und die Verwirrung weicht dem blanken Entsetzen. Er wirkt bleicher und als sei ich gefährlich, als hätte ich ihnen gerade gedroht, ihnen die schlimmsten Dinge anzutun, geht er einen Schritt zurück.

Namjoon beginnt ruhig: "Wie gesagt, das sollst du ihn-"

"Woher weisst du das?", fällt Jimin ihm dann aber achtlos ins Wort. Mit einem kleinen zufriedenen Grinsen sehe ich auf ihn hinunter. "Ich hab einen Tipp gekriegt, mich informiert und ihr habt meinen letzten Verdacht bestätigt", erkläre ich knapp und verschränke die Arme vor der Brust.

Jimin schüttelt den Kopf und sieht hilfesuchend Namjoon an, welcher dann wieder mich anschaut. "Hast du Jungkook das schon erzählt?", fragt er leise. Ich schüttle den Kopf. "Er soll es mir sagen, wenn er soweit ist", erwidere ich ruhig, "Ich wollte nur eine Erklärung für sein ewiges Schweigen."

Jimin fährt sich durch die Haare. "Er wird es dir nicht erzählen. Niemals", wispert er leise und spielt nervös mit seinen kleinen Händen. "Wie kommst du darauf?", will ich wissen. Er lacht leicht, als es in diesem Moment klingelt. Namjoon sieht zwar auf und blickt die Tür an, doch selbst er macht sich nicht mehr die Mühe, hinein zu gehen.

Jimin scheint das Klingeln völlig überhört zu haben, als er halblaut erwidert: "Du weisst es sowieso, es macht wohl keinen Unterschied mehr... Er hat grosse Probleme damit. Um es besser zu erklären: Er hat kein Selbstvertrauen dadurch. Er wurde auf seiner früheren Schule für seinen Sprachfehler gehänselt. Das hat ihm damals mehr zugesetzt, als er je zugibt. Die Wahrheit ist: Er hat Angst, du würdest ihn verhöhnen und genauso reagieren, wie die Leute damals, solltest du es jemals wissen. Er schämt sich so sehr dafür, diese Leute haben ihm damals so weh getan, dass er dir nicht einmal die Chance geben kann, ihm das Gegenteil zu beweisen."

Seine Worte stossen mich völlig vor den Kopf. Welcher Idiot kommt bitte auf die herzlose Idee, einen Menschen für etwas, was er nicht kontrollieren kann, wofür er überhaupt nichts kann, so zu demütigen? Welche Person ist unmenschlich genug für sowas? 

Jimin seufzt tief und sieht mich aus grossen Augen an. "Bevor du nicht sein vollständiges Vertrauen kriegst, wird er nicht einmal daran denken, ein Wort mit dir zu tauschen", erklärt er.

"Wie lange hast du dafür gebraucht? Ich denke, du musstest auch darum kämpfen", antworte ich und lege den Kopf schief. Jimin lacht leise. 

"Es hat fast ein ganzes Jahr gedauert."