°15

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Taehyung

Ich ziehe mir hastig die Stoffjacke an und die Kapuze von dieser über den Kopf, bevor ich mir den DVD schnappe, in meine Schuhe schlüpfe und mich mit einem "Bis dann!", von meinen Eltern verabschiede, die im Wohnzimmer sitzen.

"Moment, junger Mann!", kommt es postwendend zurück, als ich meine Hand schon auf der Türklinke habe. Seufzend drehe ich mich halbwegs und sehe, wie meine Mutter ihren Kopf aus dem Wohnzimmer streckt. "Wohin so früh und so eilig?", will sie mit einer hochgezogenen Augenbraue wissen. Ich kratze mich am Hinterkopf und erwidere: "Zu den Nachbaren."

"Was willst du denn bei denen?", meldet sich nun auch Dad zu Wort, weswegen ich die Augen verdrehe. "Ein Schulfreund ist mein Nachbar und ich wollte ihn besuchen", erkläre ich genervt. Meine Güte, mit Neunzehn würde ich erwarten, zumindest um elf Uhr morgens allein das Haus verlassen zu dürfen.

Ich bin mir sicher, meine Mutter würde mich gerne noch bis dreissig wie ihr Baby behandeln. 

Als ich meinen Eltern das gesagt habe, hellt sich das Gesicht von Mum auf. "Wieso sagst du uns das nicht vorher? Lade sie doch mal zum Essen ein!", lächelt sie erfreut. "Mum, nein!", widerspreche ich sofort, "Vielleicht hat man das noch vor hundert Jahren gemacht, aber doch nicht mehr heute!"

Sie legt den Kopf schief. "Lade sie doch einfach ein, was ist schon gross dabei?", will sie wissen. Seufzend fahre ich durch meine Haare. "Mum", beginne ich ruhig, "Vergiss es. Ich muss los!"

Mit diesen Worten wirble ich herum, öffne die Haustür und stolpere in den strömenden Regen. Die DVD fest an meine Brust gedrückt husche ich durch den Vorgarten auf die Strasse und biege nach den wenigen Metern in den Vorgarten direkt nebenan ab - Jungkooks Haus.

Hastig suche ich Unterschlupf unter dem Vordach und drücke die Klingel, bevor ich abwarte. Es dauert nicht lange und die Haustür öffnet sich. Eine zierliche, kleine Frau sieht verwirrt zu mir hinauf. Das muss dann wohl Jungkooks Mutter sein. "Hi, mein Name ist Taehyung", begrüsse ich sie verschmitzt grinsend, "Ist Jungkook da?"

Sie zieht die Augenbrauen zusammen und mustert mich  von oben bis unten, bis sie wohl dafür entscheidet, dass an mir nichts schlimmes zu finden ist und langsam nickt. "Aber er schläft noch", erklärt sie mir. 

"Immer noch?", hake ich nach und sie nickt leise lachend. "Er ist ein Langschläfer", fügt sie hinzu und ich seufze. "Das sehe ich", murmle ich leise. "Aber tu dir keinen Zwang an, ihn zu wecken. Der Junge muss ohnehin mal seinen Hintern aus dem Bett bewegen", bietet sie mir an. Erfreut nicke ich, selbst wenn Kookie mir ein kleines bisschen leid tut.

Sie lässt mich ins Haus, wo ich erst meine Schuhe und die Jacke ausziehe, bevor sie mir noch freundlicherweise mitteilt, wo sein Zimmer sich befindet. Dass ich das bereits weiss, verschweige ich, nicke stattdessen und bedanke mich, ehe ich die Treppen hinauf steige und vor einer verschlossenen Tür stehe. Erst klopfe ich, denn vielleicht ist die Schlafmütze ja in der Zwischenzeit doch noch aufgewacht. 

Da ich aber keine Antwort bekomme, drücke ich die Klinke hinunter und trete ein, in den dunklen Raum. Ich kann nur leise, regelmässige Atemzüge vernehmen und sobald meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, erkenne ich eine schlafende Gestalt auf dem Bett. Jungkook hat die Decke bis zur Mitte seines Oberkörpers hochgezogen, entblösst damit eine blasse, aber trainierte Brust und den Ansatz eines Sixpacks. Seine Haare stehen in alle Richtungen ab und irgendwie sieht er süss und trotzdem verdammt attraktiv aus.

Ich beschliesse, ihn nicht weiter anzustarren, selbst wenn das auch eine sehr gute Option ist, sondern ihn zu wecken. Ich nehme also Anlauf und hüpfe dann lachend auf das Bett und damit auf den schlafenden Teenager, der auch sofort aus seinem Schlaf schreckt. 

Mit einem erschrockenen Geräusch stützt er sich auf seine Unterarme und starrt verwirrt zu mir hoch. Der Anblick, der grossen Augen, dem leicht offenem Mund und den abstehenden Haaren, ist viel zu knuffig für einen Achtzehnjährigen. Ich kann nicht anders, als ihm in die Wange zu kneifen. "Na du?", grinse ich breit, "Bewegst du deinen Arsch auch mal?"

Er runzelt die Stirn und fährt sich durch seine ohnehin zerzausten Haare, bevor er mich umständlich von sich runter schiebt und aufsetzt. Die Decke liegt nun auf seinen Oberschenkeln, als er sich gegen das Bettgestell lehnt und nach seinem Handy greift. Es scheint ihm nichts auszumachen, dass ich ihn nur in Boxershorts sehe und ich brauche mich nicht deswegen zu beschweren, denn er hat einen schönen Körper, den ich nur zu gerne betrachte. Ich setze mich im Schneidersitz hin und sehe zu, wie er auf dem Gerät hastig herumtippt, ehe er es mir hinhält und ich erkenne, was geschrieben wurde.

Was zur Hölle suchst du hier?!

Lachend sehe ich wieder in sein Gesicht. "Ich wollte dich nur besuchen. Du solltest nicht so lange schlafen!", tadle ich ihn belustigt, woraufhin er die Augen verdreht. Dabei fällt sein Blick wohl auf die DVD, die in meinem Schoss liegt. Er zeigt darauf und sieht mich dann mit schief gelegtem Kopf an.

Das wäre dann der Start meines Planes.

Ohne mir gross etwas anmerken zu lassen, halte ich die DVD hoch und zeige ihm das Titelbild. "Ich dachte mir, dass wir den heute gemeinsam gucken könnten!", lächle ich schief, "Ich hab 'nen Trailer gesehen und dachte mir, dass er ganz interessant ist."

In Wahrheit, habe ich Stundenlang, bis drei Uhr morgens, an meinem Laptop gesessen und mir Informationen übers Stottern rausgesucht, sogar eine verdammte Doku darüber angesehen, und alles aufgeschrieben. Dabei bin ich eher durch Zufall auf den Trailer von The kings speech gestossen. Ich habe beschlossen, den Film Jungkook anzutun, denn ich will seine Reaktion darauf erfahren. Er ist ein sensibler Mensch, soviel weiss ich bereits, also wenn er tatsächlich stottern sollte, dann wird er nicht einfach Schulterzuckend zustimmen.

"In dem Film geht es um einen britischen König, der vor und für sein Volk sprechen sollte, aber stottert. Nichts konnte ihm bis jetzt helfen, bis ein komischer Arzt sich seiner annimmt - hast du Lust?", erkläre ich knapp und sehe, wie sich seine Augen weiten und er leer schluckt.

Ich muss mein siegessicheres Grinsen zurückhalten, als er sich auch noch verkrampft und beisse mir auf die Innenseite meiner Wange.

Hab dich, Jungkook.

Stutter [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt