Beste Freundinnen?

279 17 0
                                    

"Dass ihr jetzt nur mehr gut einen Monat Schule habt, heißt nicht, dass ihr euch nicht mehr anstrengen müsst. Zehn Punkte von Ravenclaw.", sagte McGonagall, nachdem ihr der Schüler, der vor mir in der Reihe saß, beichtete, dass er seine Hausaufgaben ein weiteres Mal nicht erledigt hatte.
Daraufhin wollte ich mich an meine Hausaufgaben erinnern, während ich in meiner Tasche danach suchte. Der ansonsten fein säuberlich verstaute Inhalt war heute wild zusammengewürfelt und zusammengeknüllt in der Tasche verteilt. Um zwölf oder eins nachts hatte ich noch schnell meine Aufgaben für den nächsten Tag erledigt, da ich die Stunden zuvor allesamt im Raum der Wünsche verbracht hatte.
"Das darf doch nicht wahr sein...", dachte ich, als ich den Aufsatz für Verwandlung aus der Schultasche zog. Das Blatt war nur zu einem Viertel beschrieben und vom Ende des letzten Buchstabens aus, quer über das Blatt bis zur Mitte, zog sich ein schwarzer Strich aus Tinte.
Ja, jetzt erinnerte ich mich wieder, ich war beim Schreiben eingeschlafen und als ich eine Stunde später wieder aufwachte, schaffte ich es gerade noch so ins Bett. Deshalb lagen meine Schulsachen heute morgen auch vor dem Sofa verteilt herum...
Schnell nahm ich ein neues Blatt Pergament zur Hand und achtete darauf, dass mich McGonagall nicht bemerkte.
Ich hoffte nur, dass der Zusammenhang der Sätze stimmte und, dass der Anfang von gestern Nacht, den ich übernahm, ebenfalls korrekt war.
Ich merkte, wie sich jemand auf den freien Platz neben mir setzte, doch weder konnte ich aus den Augenwinkeln erkennen wer, noch konnte ich meine Neugier bändigen, also sah ich kurz von meinem Blatt auf.
Zuerst dachte ich, es läge an meiner noch ziemlich müden Wahrnehmung, doch es handelte sich bei der Person tatsächlich um Draco.
"Ist nicht irgendwo anders ein Platz frei?", fragte ich.
"Wenn, dann hätte ich mich nicht hierher gesetzt", meinte er.
Ich ließ meinen Blick kurz durch den Raum schweifen. Die meisten Schüler saßen schon, andere standen noch bei ihren Plätzen, aber alle bereiteten sich auf den Unterricht vor. Ganz hinten links saßen Daphne und Pansy zusammen, sonst hatte ich immer bei ihnen gesessen, doch seit ein paar Tagen ließen sie mich immer öfter allein.
Ich seufzte und schaute zurück auf meinen halbfertigen Aufsatz.
"Sag mir, wann McGonagall hersieht", sagte ich noch zu Draco, bevor ich wieder weiterschrieb.
"Was ist das?", fragt er.
"Hausaufgaben, hatte gestern keine Zeit mehr", erklärte ich schnell und las mir das bisher geschriebene durch.
Neben mir kramte Draco in seiner Tasche und holte nicht nur seine Feder und sonstiges hervor, sondern reichte auch unauffällig seinen fertigen Aufsatz zu mir rüber.
"Hier, schreib ab", sagte er.
"Danke...", antwortete ich, etwas verwundert, denn das gegenseitige Abschreiben hatten wir uns eigentlich noch nie angeboten.

Als die Stunde endete, wollte ich noch an der Tür Daphne und Pansy erwischen und sie fragen was los sei, doch ich hatte sie nicht mal den Raum verlassen sehen, so schnell waren sie gegangen.
Doch bei den Treppen hinab zum Gemeinschaftsraum konnte ich die beiden einholen.
"Hey!", rief ich ihnen nach. "Daphne, Pansy, bleibt mal stehen"
Zögerlich drehten sie sich zu mir um und wirkten vielleicht sogar etwas ... genervt?
"Was ist denn los mit euch? Warum geht ihr mir aus dem Weg?", fragte ich geradeheraus. "Die ganze letzte Zeit schon"
Die beiden tauschten zuerst Blicke aus.
"Du machst doch dasselbe", meinte Pansy.
"Was?" Ich lachte dabei etwas ungläubig, aber auch nervös.
"Ach komm schon, Lucie, fällt es dir nicht mal selbst auf?", fragte Daphne. "Das ganze Jahr schon, 10 Monate!"
"Wartet, Leute, vielleicht sollten wir woanders hingehen", schlug Pansy vor, da wir immer mehr Blicke auf uns zogen.
Wir gingen ein Stück zwar mit dem Strom in die Kerker, bogen jedoch bei der ersten Kreuzung nicht wie normal links, sondern rechts ab und gelangten in eine Sackgasse.
"So, wenn wir reden wollen, dann hier", sagte Pansy nickend.
"Gut, dann - rede", forderte mich Daphne mit verschränkten Armen auf.
"Wieso soll ich jetzt reden, ich hab euch gefragt, was los ist", entgegnete ich.
"Tja, aber du hast anscheinend nie mitgekriegt, wenn wir dich das gefragt haben. Immer bist du dieser Frage ausgewichen, aber wir wollen auch wissen was mit dir auf einmal los ist.", sagte Daphne.
"Du benimmst dich das ganze Jahr schon komisch. Vielleicht können wir dir ja helfen", meinte Pansy.
"Das könnt ihr nich-", sagte ich.
"Da und jetzt tust du das schon wieder!", unterbrach mich Daphne und zeigte auf meine Hände.
Ich hatte nicht sofort gemerkt, dass die rechte zum linken Ärmel gegriffen und diesen bis zum Handgelenk geschoben hat. Gelegentlich machte ich das, zur Sicherheit, inzwischen machte ich das automatisch, wie ein Reflex.
"Das machst du auch immer. Fällt dir nicht mal das auf?", wollte Daphne wissen und imitierte meine Bewegung. "Warum ziehst du dir immer den Ärmel so weit nach vorne? Versteckst du was vor uns? Vor allen?"
"Ich...", begann ich, irgendwie auch automatisch. "Ich weiß nicht, wie ich es euch sagen soll..."
"Ach, komm schon", sagte Pansy leise und machte einen Schritt nach vorne. Sie griff nach meinem linken Arm und berührte mit ihrem Daumen genau dort meinen Umhang, wo der Schädel des dunklen Mals darunter verborgen war. Blitzschnell riss ich den Arm nach hinten aus ihrem Griff und schaute in zwei verwirrte, erschrockene und wütende Gesichter.
"Glaubt mir, ihr würdet das nicht sehen wollen", sagte ich atemlos, drehte mich um und ging zum Gemeinschaftsraum.

Hey Brother (Harry Potter Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt