"Ihr habt euch mal wieder gestritten, nicht?", meinte Daphne nachdem wir uns angezogen hatten.
"Nein", sagte ich, gähnte und musste an gestern Nachmittag denken. "Zumindest nicht viel"
Ich kramte in meiner Schultasche nach einer Feder und einem Stück Pergament und schrieb schnell zwei Sätze darauf.
"Wie kommst du eigentlich drauf? Dass Draco und ich uns gestritten haben, mein ich?", fragte ich Daphne.
"Manchmal rate ich auch einfach, aber du warst gestern Abend irgendwie angespannt und hast so gewirkt, als ob", erklärte sie und ging zur Tür des Schlafsaals. Ich steckte die Notiz ein und folgte ihr.An den Wochenenden ließen wir uns beim Frühstück immer Zeit, wie viele andere auch. Inzwischen wurde fast nur noch von den Prüfungen gesprochen, wobei ich mir eher weniger Sorgen um die machte.
"Wieso? Lernst du etwa heimlich alles doppelt und dreifach?", wollte Daphne wissen und aß den letzten Bissen ihres Toasts.
"Nein, aber so schwer können die Prüfungen dieses Jahr nicht werden", antwortete ich. "Ich meine, letztes Jahr hatten wir die ZAGs und die UTZs sind nächstes Jahr dran, die können uns nicht schon wieder die schwersten Fragen geben. Und außerdem -" Ich stoppte, weiter könnte ich nicht reden, solange Pansy zuhörte.
Daphne nickte leicht, sie hatte verstanden.
"Außerdem was?", hakte Pansy nach.
"Nichts, vergiss es", sagte ich.
"Alles klar, verschwört ihr euch jetzt gegen mich?", fuhr sie mich und Daphne plötzlich an.
"Wie meinst du das?", fragte Daphne.
"Ihr zwei verheimlicht mir jetzt auch was, glaubt ihr ich check das nicht?" Pansy wartete keine Antwort ab, sondern rutschte auf der Bank zu Draco rüber.
"Sie weiß es nicht?", fragte Daphne leise.
"Nein, es ist zu gefährlich noch jemanden einzuweihen", antwortete ich. "Aber ich hab Draco gestern gesagt, dass du es weißt"
"Wie hat er reagiert?"
"Happy war er nicht gerade, aber wen juckts", sagte ich unbeeindruckt.
Wir tranken unseren Kaffee zusammen und wollten eigentlich gemeinsam wieder in den Gemeinschaftsraum gehen, aber ich ließ Daphne vorausgehen, während ich mich ebenfalls zu Draco setzte, ihm gegenüber.
Als er mich ansah, holte ich den Zettel, den ich vorhin beschrieben hatte hervor und hielt ihn kurz in die Höhe. Draco nickte und ließ eine Hand unter dem Tisch verschwinden, damit ich ihm das Pergament unauffällig geben konnte.
"Was ist das?", fragte Pansy, die den Kopf mal wieder auf seine Schulter gelegt hatte.
"Was privates, also...?", meinte Draco und wartete, bis Pansy ihren Kopf hob, bevor er das Blatt auffaltete.
"Bei dir ist seit neuestem sowieso alles privat", beschwerte sie sich, stand auf und verließ die große Halle.
Meine beiden Sätze an Draco, die er gerade las, lauteten: "Ich war gestern Nacht nochmal oben. Es funktioniert."
Er sah wieder auf und schien sowohl erschrocken, als auch extrem erleichtert.
"Wirklich?", fragte er nochmal nach.
"Ja, wirklich", bestätigte ich und nickte. "Jetzt?"Schnell gingen wir die Treppen hoch, doch anstatt sofort zum siebten Stock hochzugehen, wollte ich noch etwas aus dem sechsten holen.
"Was machst du?", fragte Draco, als ich in den Gang links von den Treppen einbiegen wollte.
"Ich hol nur schnell was. Warte kurz", sagte ich und lief zu dem großen Vogelkäfig im nächsten Korridor, wo Draco auch den braunen damals herhatte. Ein kleiner, einsamer Vogel befand sich noch darin, ich holte ihn raus und ging zurück zu Draco.
"Diesmal bringen wir keinen Vogel um, auf keinen Fall", sagte ich, das Tier in den Händen verborgen und stieg die Stufen hoch.Der Vogel pikste mit dem Schnabel gegen meine Finger, deshalb war ich nur froh, als ich ihn im Verschwindekabinett absetzen konnte.
Schnell schlossen wir die Tür, damit der Vogel nicht wieder rausflog.
Ich zögerte nicht lange und sprach mit aufgeregtem Herzklopfen die magische Formel zum hoffentlich letzten Mal. Das vertraute Geräusch des Windstoßes war wie immer zu hören, worauf wir ein paar Sekunden warteten, bevor Draco das Tier wieder zurückholte.
"Harmonia Nectere Passus", sprach er so hoffnungsvoll wie noch nie und wir beide starrten gebannt auf das Verschwindekabinett.
In dem kurzen Moment, in dem nichts zu hören war, bekam ich eine Gänsehaut, aus Angst, dass es nicht geklappt hätte und der Vogel tot wäre. Ich hatte gestern nur einen Trinkkelch verschwinden lassen, der zwar heil blieb, aber ich war mir nicht sicher, ob dasselbe auch schon für Lebewesen galt.
Doch dann ertönte ein leises Zwitschern aus dem Inneren des Schrankes.
Ich hatte es gar noch nicht richtig realisiert und dachte, ich hätte es mir nur eingebildet, als ich den einen Griff und Draco den anderen nahm. Erst als der kleine Vogel völlig unversehrt und zwitschernd in die Freiheit flog, begriff ich, dass wir es geschafft hatten.
Ich versuchte dem Tier nachzusehen, doch es war bereits zwischen den Bergen aus alten Gegenständen verschwunden. Unwillkürlich begann ich leise zu lachen und sah zu Draco, der das gleiche tat.
Ich wollte etwas sagen, doch ich fand keine Worte, um meine Freude in Ausdruck zu bringen. Für ein paar Momente sahen wir uns nur an und dann geschah etwas, von dem ich dachte, dass es nie geschehen würde.
Draco und ich fielen uns in die Arme, einfach so, als müssten wir nichts dabei denken.
Ich konnte mich nicht erinnern, dass wir uns jemals in irgendeiner Form umarmt hätten, außer, als wir noch ganz klein waren vielleicht.
Was alles passieren musste, dass es endlich dazu kam und warum wir uns immer so stur gegenüber waren, war eigentlich eine Schande.
Doch in dem Moment wollte ich es einfach genießen, dass wir endlich Frieden schließen konnten und wussten, dass wir für einander da waren.
Mit der Zeit konnte ich sogar Dracos Herz ein bisschen spüren, aber kurz danach gingen wir langsam wieder auseinander, ich hatte keine Ahnung, wie lange die Umarmung gedauert hat, aber schließlich mussten wir fast siebzehn Jahre nachholen.
Wir beide wussten, was jetzt zutun war und zögerten auch nicht lange, um den Raum der Wünsche zu verlassen."Ihr wart schon wieder oben oder?", fragte Daphne gleich, als ich sie im Gemeinschaftsraum zur Seite holte und sah kurz zu Draco, der bereits bei einem Tisch saß und einen Brief schrieb.
"Ja", sagte ich leicht lächelnd, "aber zum letzten Mal"
"Wie 'zum letzten Mal'?", fragte sie.
"Es funktioniert. Einen Teil der Aufgabe, haben wir erledigt", erklärte ich.
"Und der andere Teil?", wollte Daphne wissen.
"Das... ja, das kriegen wir auch noch hin", sagte ich und bekam wieder Gänsehaut.
Endlich lächelte auch Daphne und umarmte mich.
"Siehst du, es wird alles gut werden", sagte sie leise.
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Hey Brother (Harry Potter Fanfiction)
FanficLucie Malfoy ist, abgesehen von ihrer Herkunft, relativ unscheinbar. Aber sie ist jemand Besonderes. Nein, sie ist kein Metamorphmagus und spricht auch kein Parsel oder besitzt ähnliche Fähigkeiten. Aber sie ist nur etwa fünf Monate jünger als ihr B...